nt-Maifeier: „Freibier fällt aus, wir müssen sparen“

Auf dem Uniplatz feiert das „neue theater“ noch bis zum Nachmittag seine traditionelle Maifeier. Dort präsentieren sich die Schauspieler des nt mit Einblicken in ihrer Programme. Auch der Jugendchor der Oper tritt auf und am Ende gibt es das Volksliedersingen.
Doch fehlen darf natürlich auch nicht die Mairede von Karl-Fred Müller an die lieben “Würgerinnen und Würger”, an die gehrten “Plamen und Plerren”. Anschließend ging er in ironischer und verfremdender Weise auf die allgegenwärtigen Parolen der Politik ein, um so doch die teilweise recht austauschenbaren Phrasen zu demaskieren. „Wir brauchen Puzzelei, keine Würgerbeeren“, hieß es da beispielsweise. „Politik muss vermittelt werden. Wenn nicht ja, denn wem? Überlassen wird das Feld nicht jenen die sonst tun, als könnten sie die hilflose Angst besorgter Neobürger vor kaltblütig marodierenden Gutmenschen mit wadenscheinigen Verwehen, während ihnen andererseits aberhunderte von mordversuchenden Anstiftungen, Brandschatzungen, verübt von aufgescheuchten Philosophiestudentinnen, unter eben den Augen von Puzzelei und Würgerbeeren keinerlei einzige Erwähnung wert sind“, so Müller. „Es ist nicht von der Hand zu braunen … ähm weisen: wo sind wir weit gekommen hier. In Island, da wurde die Kultur zusammengestrichen… da leben viele Kulturen zusammen. Und insofern gehört selbstverständlicher Weise der Deutschlam zu Island.“ Die tagtägliche Aufrechterhaltung des homoöpatischen Kurses sei kein Schleckerzucken. „Liebe Fehlerinnen und Fehler. Gehen wir fehlen, gehen wir fehlen, gehen wir fehlen. Denn am Ende sitzen wir alle in einem Boot und das muss wieder vom Tal in die Sole. Wenn eines klar ist, dann ist es das, aber das sage ich wenig.“ Klar sei: „jeder Wind kommt durch die Brise, jeder Wirtschaft in die… dazu haben wir nunmal unsere Misswirtschaft. Aber eben auch eine hart arbeitende Minderheit. Die sich, sollten ihre Bemühungen um allgemeinen Zusammenbruch irgendwann Erfolg zeigen, ihr Asyl von einer durch sie ruinierten Welt auf Luxus strotzenden Privatinsel bereits mit dem Geld bekloppter Steuerzahler, versteckt in sogenannten Rettungsfonds, haben fein finanzieren lassen. In deren Namen noch einmal vielen Dank an jeden Dussel hier.“ Die Rede an die lieben „Verschwenderinnen und Verschwender“ ging weiter mit der Frage, wie es weiter geht mit Europa. „Europa ist ein Gutes, und das muss es auch… das ist ein schwieriges Thema.“ Er rufe alle Bürger dazu auf, die Gürtel den kommenden Zerreisproben entgegenzuschnallen. Denn nur so können Peinlichkeit, und Knecht und Dreistheit in unserem Kratersande verkommen. Hiermit zanke ich Ihnen, wünsche ihnen alles Weitere und verkünde: Freibier fällt aus, wir müssen sparen.“
„Was ist das nur für eine Zeit, in der ich gefragt werde, ob ich Gutmensch oder Patriot bin“, fragte NT-Intendant Matthias Brenner in seiner Rede. Im neuen theater pflege man unterschiedliche Denkarten. „Wir pflegen im Ensemble eine Streitkultur. Aber über eine Sache können wir nicht streiten: Rassismus ist eine verfassungsfeindliche Straftat“, sagte Brenner unter dem Applaus der Zuschauer. „Wir müssen uns politisch positionieren. So objektiv unsere Betrachtung über menschliches Leben in unseren Kunstwerken sein soll, so stehen wir dahinter als lebendige Menschen. Und wenn Mitmenschen jetzt in Stuttgart befinden, ob sie den Islam die Gegenwart in Deutschland absprechen, in dieser Zeit kann ich nicht ruhig sein und ich muss mich positionieren“, sagte Brenner mit Blick auf den AfD-Parteitag. Zur Flüchtlingskrise sagte Brenner, viele Menschen seien schon völlig selbstlos tätig. „Und wie selbstverständlich nehmen sie Menschen auf und helfen ihnen, weiterzuleben.“
Ebenfalls nach Halle gekommen war der Landtags-Vizepräsident Wulf Gallert (Linke). Seine Partei hat als einzige ein Kulturkonzept für Kultur und Bildung aufgestellt. „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Eines jeden Menschen. Egal wo er herkommt“, meinte er. „Und falls es Menschen gibt in diesem landtag Sachsen-Anhalts, die sich von dieser meiner Meinung nicht vertreten fühlen, dann werde ich gern mit ihnen darüber diskutieren, dass wir alle gemeinsam das Grundgesetz zu erfüllen haben.“ Dort stehe auch drin, dass die Religionsfreiheit gewährleistet sei und es eine Freiheit von Kunst und Kultur gebe. „Und in dem nicht drin steht, dass Rassismus als Patriotismus versteckt, Bestandteil dieser Gesellschaft werden soll. Wir stehen für Humanismus, für Solidarität. Und damit stehen wir für das Grundgesetz dieser Bundesrepublik gemeinsam.“ Gerade heute brauche Sachsen-Anhalt mehr Solidarität und mehr Kultur. „Wir brauchen mehr Kultur, die sich einmischt. Mehr Kultur, die die Dinge thematisiert. Und mehr Kultur, die bereit und in der Lage ist, Partei zu ergreifen und nicht über die wichtigen Dinge dieser Gesellschaft hinwegguckt.“ Beim neuen theater werde sich eingemischt. Deshalb werde er das NT auch weiter gegen alle Kürzungspläne verteidigen. Gallert kritisierte die Kürzungsdebatten der Vergangenheit. Dabei sei es auch darum gegangen, „müssen die uns kritisieren, dürfen die das“, so Gallert. Die neue Koalition habe sich leider nicht durchringen können, „die alten Fehler des Jahres 2013 in dem Bereich Kultur wieder zur Disposition zu stellen.“ Es sei nicht gelungen den Auftrag zu erteilen, die Kürzungen und falschen Vorgaben rückgängig zu machen. Immerhin aber solle der Kulturetat erhöht werden. „Kultur soll offensichtlich wieder eine größere Rolle spielen.“ Und wenn das so sei, wolle man Taten von der neuen Koalition sehen. Am 1. Mai gehe es um Solidarität, zum Beispiel zwischen Arbeitenden und Arbeitslosen, Menschen die Pflege brauchen, mit den Ältern. „Es geht um soziale Sicherungssysteme.“ Dabei gehe es auch um die Verteilungsfrage. „Und so ein reiches Land wie diese Bundesrepublik Deutschland muss doch wohl in der Lage sein, soziale Sicherungssysteme so zu realisieren, dass kein Mensch Angst vor Altersarmut haben muss.“ Angst sei die erste Voraussetzung für Ausgrenzung, dafür, dass man sich Sündenböcke suche und sei die wesentliche Triebfeder für Rassismus und Ellenbogengesellschaften. „Solidarität ist nur dann Solidarität, wenn sie an der Nationalität und den Nationalen Grenzen nicht halt macht. Wir können nur gemeinsam Solidarität mit denjenigen üben, die zu uns kommen.“ Es dürfe dabei kein Gegeneinander geben. Solidarität, die an Nationalität und an nationalen Grenzen dicht macht, ist keine wirkliche Solidarität.“
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