Protest des Hausärzteverbands Sachsen-Anhalt gegen Strukturreform der Notfallversorgung

Vom 16. Juni bis 18. Juni 2023, fand der 31. Hausärztetag des Hausärzteverbandes Sachsen-Anhalt e.V. im HKK Hotel in Wernigerode statt. Neben den traditionellen Fortbildungsveranstaltungen standen auch Themen wie Klimakrise und Ernährungswissenschaft auf dem Programm, die kontrovers diskutiert wurden, ohne dabei das unumstrittene Ziel nach mehr Umwelt- und Klimaschutz aus den Augen zu verlieren.
Am Freitagabend stand, wie in jedem Jahr, das berufspolitische Forum im Mittelpunkt. Hausärzteverbandschef, Dr. med. Torsten Kudela, bombardierte Steffi Suchand von der TK, Ralf Dralle von der AOK Sachsen-Anhalt, den KV-Vorsitzenden Jörg Böhme sowie den ehemaligen MDR-Wetterexperten Thomas Globig mit natürlich auch provokanten Fragen. Lieferengpässe bei der Patientenversorgung mit Medikamenten, die mangelhafte Umsetzung der Digitalisierung im Gesundheitswesen, verschiedene Reformansätze der Regierung und natürlich der eklatant zunehmende Fachkräfte- und insbesondere Ärztemangel in unserem Land gehörten zum Problemfeld. Leider hatte kein Vertreter der Politik Zeit gefunden, diese wichtigen Themen mit den Hausärzten zu diskutieren.
Geradezu grotesk mutet vor diesem Hintergrund der Plan des Bundesgesundheitsministeriums an, wieder einmal das System der Notfallversorgung zu reformieren, indem Strukturen unter Nutzung der sowieso schon knappen Ressourcen, der medizinischen Grundversorgung, ausgeweitet werden sollen. Wieder einmal wird in diesem Prozess, wie schon bei der Bewältigung der Corona-Pandemie, sträflich auf hausärztliche Kompetenz und Expertise verzichtet. Die niedergelassenen Ärzte und insbesondere Hausärzte, versorgen heute schon den Löwenanteil der Notfallpatienten in ihren Praxen oder im Hausbesuch, zu den bekannten Öffnungszeiten und im
Bereitschaftsdienst. Eine Lenkung der Erkrankten in die zuständige Versorgungsebene ist sicher sinnvoll, aber dann mit Kompetenz und dem nötigen Instrumentarium. Die Verweisung von weniger schwer Erkrankten in noch zu etablierende haus- und gebietsärztliche Sprechstunden an Krankennhäusern über 24 Stunden täglich, ist weder medizinisch sinnvoll noch wirtschaftlich effektiv, geschweige denn personell zu stemmen. Viele ärztliche Standesvertreter haben bereits Protest eingelegt. Die Hausärzte hoffen, dass in den entscheidenden Gremien, insbesondere im Gemeinsamen Bundesauschuss der Ärzte und Krankenkassen, mit Umsicht vernünftige Regelungen für die Umsetzung dieser neuen gesetzlichen Regelungen getroffen werden.
Ein Höhepunkt der Veranstaltung war, die einstimmige Ernennung der Magdeburger Hausärztin Dr. Gitta Kudela, zum Ehrenmitglied des Verbandes durch die Mitgliederversammlung. „Ihr großer Erfahrungsschatz, das überwältigende Engagement und die Expertise dieses Urgesteinshausärztlicher Berufspolitik, sind für den Verband unverzichtbar“, so Verbandsvize Holger Fischer in der Antragsbegründung, „Die Hausärzte Sachsen-Anhalts zollen ihr tiefen Respekt.“
Neueste Kommentare