Studie aus Österreich widerlegt Behauptung aus München: Himmelsscheibe stammt aus der frühen Bronzezeit und ist nicht jünger
Immer wieder gab es in der Vergangenheit Diskussionen um das Alter der Himmelsscheibe von Nebra. Erst Anfang September haben zwei Forscher aus München behauptet, die Scheibe sei tausend Jahre jünger als angeben. Neue Untersuchungen in der von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften herausgegebenen Fachzeitschrift „Archaeologia Austriaca“ zeigen nun, dass die Himmelsscheibe eindeutig in die Bronzezeit zu datieren ist.
Im Sommer 1999 fanden zwei Raubgräber auf dem Mittelberg bei Nebra in Deutschland einen Hort aus der frühen Bronzezeit (ca. 1600 v. Chr.), der aus der sogenannten Himmelsscheibe von Nebra, zwei Schwertern, zwei Beilen, zwei Armspiralen und einem Meißel bestand. Die Himmelsscheibe, die 2013 ins Weltdokumentenerbe der UNESCO aufgenommen wurde, misst ca. 32 cm im Durchmesser und zeigt die ältesten konkreten astronomischen Darstellungen der Welt.
Seit ihrer spektakulären Sicherstellung durch die Schweizer Polizei im Jahre 2002 sind die Himmelsscheibe von Nebra und ihr kulturelles Umfeld Gegenstand intensiver Forschungen, was sie zu einem der bestuntersuchten archäologischen Funde der letzten Jahrzehnte macht. In einem 2020 erschienenen Aufsatz zweifeln die Prähistoriker Rupert Gebhard und Rüdiger Krause allerdings die in der Fachwelt allgemein akzeptierte Datierung der Himmelsscheibe an. Sie behaupten in ihrem Aufsatz „Kritische Anmerkungen zum Fundkomplex der sog. Himmelsscheibe von Nebra“ (Archäologische Informationen 43), dass der Hortfund keinen „geschlossenen Fund“ darstelle, die Himmelsscheibe möglicherweise gar nicht vom ermittelten Fundort stamme und somit als Einzelfund ohne Kontext in die Eisenzeit (ca. 800 bis 50 v. Chr.) zu datieren sei.
Diese Annahme konnte eine 13-köpfige Forschungsgruppe nun in der vom Institut für Orientalische und Europäische Archäologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) herausgegebenen Fachzeitschrift „Archaeologia Austriaca“ widerlegen. Die Studienautor/innen weisen darin nach, dass Gebhard und Krause mit unvollständigen und teilweise falschen oder verfälschend wiedergegebenen Daten argumentieren.
Gerichtsaussagen und Bodenproben: Keine Zweifel am Fundort Mittelberg
Das beginnt bereits beim Fundort: So ist die Authentizität der Fundstelle, des Mittelberges bei Nebra, seit langem zweifelsfrei gesichert, schreiben die Forscher/innen. Das bestätigen nicht nur die gerichtlichen Aussagen der Raubgräber und eines Hehlers, sondern auch die Nachuntersuchungen des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt. Durch Markierungen im Gelände, eine von den Raubgräbern weggeworfen Wasserflasche, die Spuren der von ihnen benutzten Hacke sowie erhöhte Gold- und Kupferkonzentrationen im Sediment, die durch die lange Lagerung der Himmelsscheibe erklärt werden können, lässt sich der Fundort exakt lokalisieren. Auch die Übereinstimmung der Bodenproben von der Fundstelle mit Erdanhaftungen an der Himmelsscheibe und an einem der mitgefundenen Schwerter, sowie Anhaftungen an einem Bronzebeil, sprechen schließlich für eine Herkunft vom Mittelberg.
Kupfer und Gold: Salzburger Land und Cornwall als Lagerstätten der Bronzezeit
Die Zusammengehörigkeit der Funde sehen die Forscher/innen in ihrer Publikation auch durch die Untersuchung des Kupfers für die Himmelsscheibe und der Beifunde bewiesen. Wie Spurenelemente und Bleiisotopenverhältnisse zeigen, stammt das Kupfer für beides aus derselben Lagerstätte im Salzburger Land. Die Produktion dieses ostalpinen Kupfers beginnt in der frühen Bronzezeit (18. Jh. v. Chr.) und endet mit dem 9. Jahrhundert v. Chr. – also ein Jahrhundert vor dem Beginn der Eisenzeit. Das verwendete Gold stammt aus dem Gebiet des Carnon River in Cornwall, wo für das 17./16. Jahrhundert v. Chr. ein Abbau nachgewiesen ist. Und schließlich folgt die Zusammensetzung des Nebraer Hortes einem Muster, das auf die frühe Bronzezeit begrenzt ist.
Bereits mit dem Nachweis des Fundortes und der Zusammengehörigkeit der Funde brechen laut den Wissenschaftler/innen zwei wesentliche Grundannahmen der Kritiker, nämlich dass die Himmelsscheibe von Nebra ein Einzelfund und daher nur stilistisch einzuordnen ist, als Voraussetzung für eine eisenzeitliche Datierung zusammen.
Chemie und Archäologie: Radiokarbondaten und der Eisenzeit unbekannte Schiffsdarstellung
Gegen eine Einordnung der Funde in die Eisenzeit sprechen aber auch weitere chemische und archäologische Erkenntnisse: So korrelieren die Zinn- und Bleiisotopenverhältnisse der Funde aus dem Nebraer Hort mit zahlreichen anderen frühbronzezeitlichen Objekten. Die Herstellung- und Verzierungstechnik spricht ebenfalls gegen ein eisenzeitliches Alter, insbesondere die Darstellung eines Schiffes auf der Himmelsscheibe ist ein für die Bronzezeit typisches Motiv, das in der Eisenzeit unbekannt ist.
Für die Datierung der Himmelsscheibe in die Bronzezeit halfen den Forscher/innen schließlich auch Radiokarbondaten weiter, die anhand organischer Reste an einem der Schwerter gewonnen werden konnten und in die Zeit um 1600 v. Chr. gehören.Die Zusammengehörigkeit der Himmelsscheibe mit den Beifunden wiederum wird durch deren ähnliche chemische Zusammensetzung und die übereinstimmenden Erdanhaftungen erhärtet.
Laut den Studienautor/innen besteht kein Zweifel daran, dass die Himmelsscheibevon Nebra längere Zeit in Gebrauch war, was sich aus mehreren Umgestaltungsphasen ableiten lässt. Am Ende der frühen Bronzezeit wurde sie dann aber mit den Beifunden dem Boden anvertraut. Zum Beginn der Eisenzeit war sie somit schon lange begraben.
Publikation (Open Access):
Ernst Pernicka et al, Why the Nebra Sky Disc Dates to the Early Bronze Age. An overview of the Interdisciplinary Results. In: Archaeologia Austriaca 104, Österreichische Akademie der Wissenschaften 2020, S. 89-122.
DOI: https://doi.org/10.1553/archaeologia104s89
Weblink: https://austriaca.at/Nebra-Sky-Disc?frames=YES
Foto: J. Lipták
Na ich habs doch gewusst, die Münchner wollten mal beweisen, dass die im Ostrn bischen doof sind. Tja das hat wohl nicht geklappt. Na Hauptursache die aus dem Westen konnten klug gaggern.
Ist nur missgunst und neid auf einen landsmann 😉
Ansonsten zeigten sie damit nur ihre unkompetenz, peinlich peinlich
Ich habe gehört, daß die Himmelsscheibe Juri Gagarin als Unterteller beim Frühstück genutzt hat und danach aus dem Fenster seiner Rakete gefeuert hat.
‚Wie Spurenelemente und Bleiisotopenverhältnisse zeigen, stammt das Kupfer für beides aus derselben Lagerstätte im Salzburger Land.‘
– Erheben jetzt also die Österreicher vielleicht noch Besitzansprüche? Sind die nicht schon mit den Reichskleinodien (der heiligen Lanze) in der Schatzkammer der Wiener Hofburg gut bedient?
‚Das verwendete Gold stammt aus dem Gebiet des Carnon River in Cornwall.‘
– Behalten die Engländer den Frisbee ein, nachdem er bald ins Britische Museum ausgeliehen werden soll? Die sind ja sicher beleidigt, weil Goseck und Pömmelte älter sind als Stonehenge.
Tja, wer weiß wo die „Grabräuber“ das Teil letztendlich tatsächlich gefunden haben?
Dort, wo es bereits gerichtsfest bewiesen wurde: Im Wald bei Nebra.
@Janki:
Sehe ich auch so. Ich habe die Frage nur für die Bayerischen Forscher vorformuliert, die das unbedingt in Frage stellen wollten. Schönen Abend noch.