Glosse: Die Puma-Phantomjagd vom Geiseltalsee – Wenn die Provinz zur Savanne wird

Willkommen im Saalekreis, wo sich Fuchs und Hase nicht nur gute Nacht sagen, sondern neuerdings auch einen Puma grüßen. Oder war’s doch nur ein übergewichtiger Kater auf Abenteuerurlaub? Vielleicht auch ein missmutiger Dackel im Gegenlicht? Nein, nein – es war ganz sicher eine „Großkatze“. Sagt zumindest das unscharfe Video eines Anwohners, der offenbar mit einer Kartoffel gefilmt hat.
Was folgte, war eine mediale und behördliche Eskalation, wie man sie sonst nur in Katastrophenfilmen kennt: Warn-Apps schrillten, der Katastrophenschutz sprach von „Lebensgefahr“, Spaziergänger sollten in Deckung gehen und Hundehalter ihre Lieblinge besser zuhause festketten. Da schwang er also, der Hauch von Outback-Romantik durch den deutschen Flachwald.
Währenddessen verwandelte sich das Ufer des Geiseltalsees in eine Mischung aus Safari-Park, CSI-Einsatzstelle und „Bauer sucht Raubtier“. Polizisten, Jäger, Drohnen, Hubschrauber – alles, was das Blaulichtarsenal so hergibt. Was fehlte, war lediglich der Tierflüsterer aus der RTL2-Dokusoap oder ein Kamerateam von „Akte X“.
Und während echte Probleme wie Ärztemangel, Bildungskatastrophen und kaputte Kreisstraßen weiter sanft vor sich hindümpeln wie der Geiseltalsee selbst, drehte sich zwei Tage lang alles nur noch um „die Katze“. Medien aus ganz Deutschland rückten an. Die „Süddeutsche“, ProSieben, RTL, t-online – Puma-Panik statt Politik.
Dann, am Dienstagabend, das, was man wohl eine „vorsichtige Entwarnung“ nennt. Die Katze, so die Behörden, sei „nicht mehr akut“. Was auch immer das heißen mag. War sie nie da? Ist sie einfach weitergewandert Richtung Leipzig, auf der Suche nach urbanem Wildbret? Oder wurde sie von einem gelangweilten Wildschwein verjagt?
So oder so: Die Raubkatze hat etwas hinterlassen – nämlich ein Lehrstück über kollektive Aufregung in Zeiten digitaler Alarmglocken. Eine unscharfe Silhouette reicht, um ein ganzes Bundesland in Nervosität zu versetzen. Willkommen im 21. Jahrhundert, wo Realität nicht mehr sein muss, was ist – sondern was sich gut klicken lässt.
Das Sommerloch hat also endlich seinen König gefunden: Der Puma vom Geiseltalsee. Majestätisch unsichtbar, wild wie ein Mythos, und flüchtig wie die Wahrheit nach einem Facebook-Post. Nur schade, dass er nicht auch gleich das Bildungssystem gefressen hat – das hätte zumindest eine Reform ausgelöst.
Aber keine Sorge, liebe Bürgerinnen und Bürger: Der Sommer ist noch lang, und dann kommen die nächsten Fabelwesen. Vielleicht ein Flamingo in der Elbe, ein Hai im Baggersee – oder ein Politiker mit Rückgrat. Wobei letzteres dann doch zu fantastisch wäre, selbst für das Sommerloch.
Ach Herr Meyer, Halle ist selbst eine Provinzstadt und das ist gut so…
Die Nachricht hat es heute auch in die „Informationen am Abend“ beim Deutschlandfunk geschafft, das muss was heißen! Naja, zumindest wissen jetzt alle wo der Geiseltalsee ist oder haben zumindest den Namen mal gehört soviel kostenlose Werbung, das schafft keine Werbekampagne – oder war das etwa das Ziel ;-). Nach dem Kaiman, der Schnapsschildkröte, dem Löwen nun auch mal ein Puma aus Braunsbedra.
Auch bei der Tagesschau fand es Erwähnung.
Gut geschrieben. Regt zum Nachdenken an. 🙂
Nach dem „Löwen“ von Berlin nun der „Puma“ vom Geiseltalsee ….. die Leute machen sich so lächerlich und die Behörden gleich mit. Anstatt erst mal zu schauen, wird die Hölle ausgelöst aufgrund eines Panikanrufes und eines Bildes, das man kaum entziffern kann. Wäre Frage 1 nicht erst mal gewesen „Wo sollte so ein Tier plötzlich herkommen?“ gefolgt von Frage 2 „Haben wir irgendwelche tatsächlichen Beweise?“
…die Sorgen und Ängste der Menschen ernst nehmen…
Solche „Sorgen“ werden durch schlagzeilensüchtige Medien erst aufgebauscht oder mindestens verstärkt.
Herr Meyer danke für ihren Kommentar, ich schmunzle noch ein bisschen vor mich hin, bevor der Alltag mich wieder packt und die Wahrheit uns wieder einholt.
Und PETA hatte noch „500€“ ausgelobt!😂
Der Saalekreis ein Rentner- und Pumaparadies!
In diesem Land werden aus Mücken Elefanten gemacht. Elefanten übersieht man mal gerne und über den ganz großen rosa Elefanten….ach lassen wir das Thema
Wir sehen und dann demnächst wieder wenn wegen einem brennenden Papierkorb die Straße 3 h gesperrt wird
„…wegen einem brennenden Papierkorb die Straße 3 h gesperrt wird…“
Du schreibst Unsinn, wie so oft.
Bester Artikel ever….Herr Meyer Hammer!!!
Oh Mann! Wenn das schon der „bester Atikel ever“ war, kannst du bisher nicht viel gelesen haben.
Danke..Gut geschrieben, schön durchgedacht. War eine Vergnügen es zu lesen.
„Fachleute haben bestätigt, dass das Video kein Fake ist und dass es sich bei dem gefilmten Tier womöglich um einen Puma handelt.“ FACHLEUTE! 🙂 🙂 🙂 (Stand so im Artikel „500 Euro Belohnung von PETA“)
Übrigens: Thomas Meyer – genial! Bitte mehr Beiträge! Ich mag den erfrischenden Schreibstil 🙂
Habe herzlich geschmunzelt!
Aus gut informierten Kreisen weiß ich: Das Ungeheuer von Loch Ness will ebenfalls migrieren. Mir wurde auch verraten, wo es demnächst auftauchen will: Im Sophienhafen einer Saalestadt.
Bei euch darf jeder Depp in die Tasten hauen, oder?
Ihr habt doch genauso sensationsgierig darüber berichtet.
Und wer hat das angeblich gerissene Kalb am Weinberg gerissen?
Üblicherweise Wölfe
Sollte vielleicht den Tourismus der Region ankurbeln? Schöne Bilder vom Geiseltalsee und die Region auch noch gut vom Tier- und Menschenschutz behütet.
Also das ist endlich mal ein richtig guter Artikel! Schön satirisch ironisch – und der Politiker mit Rückgrat – tja dann würde wohl auch der Ärztemangel in den Fokus und wohl Focus rücken- aber solche Themen verschwinden in Schwarzen Löchern, so wie der Puma zurück ins Sommerloch kroch.
Eine gut bezahlte – vom Steuerzahler (was kostet dieser ganze „Polizist sucht Puma/ CSI/ Bauern Mix“? – MarketingMöglichkeit.
Und aufgenommen von einer Kartoffel aus dem Landratsamt.
Na so ein Zufall oder stinkt das doch nach Puma?