Kommunen in Sachsen-Anhalt bald ohne Haushaltssatzungen? Städte- und Gemeindebund rechnet mit negativen Folgen für Bürger und Wirtschaft auf Grund einer zu erwartenden Gesetzesänderung

Die Städte, Gemeinden und Verbandsgemeinden in Sachsen-Anhalts schauen mit großer Sorge auf einen aktuellen Gesetzentwurf zur Änderung des Kommunalverfassungsrechts, der zur Folge hätte, dass ab dem Jahr 2025 keine Haushaltssatzungen erlassen werden können, wenn Rückstände bei der Aufstellung der Jahresabschlüsse bestehen. In der gemeindlichen Haushaltssatzung bringen die gewählten Stadt- und Gemeinderäte zum Ausdruck, welche Aufgaben mit welchen Finanzmitteln im jeweiligen Haushaltsjahr und zukünftig erfüllt werden sollen. Die geplante Neuregelung entmündigt diese daher vielfach und schränkt die Handlungsmöglichkeiten der Gemeindeverwaltungen deutlich ein. Wenn der Landesgesetzgeber die beabsichtigte Gesetzesänderung beschließt, ist nach einer aktuellen Umfrage des Städte- und Gemeindebundes Sachsen-Anhalt zu befürchten, dass ab 2025 fast zwei Drittel der Städte und Gemeinden in eine ganz überwiegend mehrjährige haushaltslose Zeit geschickt werden.
Andreas Dittmann, Präsident des Städte- und Gemeindebundes Sachsen-Anhalt, verweist vor allem auf die negativen Folgen für die Bürgerschaft: „Vor allem freiwillige Aufgaben werden die Städte und Gemeinden dann für eine lange Zeit nicht mehr wahrnehmen können. Hier droht eine massive Einschränkung vielfältiger Leistungen gegenüber den Bürgern; von der Jugendarbeit über die Vereinsförderung bis hin zu Unterstützungen bei der Entlastung von Elternbeiträgen für Kindertagesstätten aber auch der Pflege von öffentlichem Grün oder Sportanlagen und dem Betrieb öffentlicher Einrichtungen wie z. B. Schwimmbädern oder Museen.“
Auch die Wirtschaft, insbesondere der durch den aktuellen Nachfragerückgang gebeutelte Bausektor, wird die Folgen des Gesetzes zu spüren bekommen. In der haushaltslosen Zeit dürfen Städte, Gemeinden und Verbandsgemeinden nur in der Vergangenheit bereits geplante Maßnahmen noch beenden oder unaufschiebbare Maßnahmen und Investitionen aufgreifen. „Das Anschieben neuer Investitions- oder Unterhaltungsmaßnahmen wird in der haushaltslosen Zeit nahezu unmöglich. Fördermittel können nicht in Anspruch genommen werden und verfallen“ so Andreas Dittmann. Das könnte die Städte, Gemeinden und Verbandsgemeinden u.a. beim wichtigen LEADER-Prozess oder auch in den Strukturwandelgebieten auf Grund des Kohleausstiegs besonders hart treffen, weil Sie die Fördermillionen der EU oder aus dem Strukturstärkungsgesetz eventuell nicht werden umsetzen können.
Der Städte- und Gemeindebund betont, dass das Ganze auch deshalb ärgerlich ist, weil die geplante Rechtsverschärfung bei den betroffenen Gemeinden zusätzlichen Verwaltungsaufwand verursachen würde, der den Aufholprozess bei den fehlenden Jahresabschlüssen weiter verzögern wird. „Da beißt sich die Katze in den Schwanz“, so Andreas Dittmann. Es sei zwar zutreffend, dass die Kommunen in Sachsen-Anhalt in den letzten Jahren einen Bearbeitungsstau bei den Jahresabschlüssen vorzuweisen hatten. Positiv sei jedoch, dass seit mehreren Jahren ein merklicher Aufholprozess erkennbar ist. Dittmann unterstreicht gleichzeitig, dass die Gründe für die Verzögerungen vielfältig sind und nicht allein im Verantwortungsbereich der Städte und Gemeinden liegen. „Von ‚Schlamperei der Kommunen‘, wie es von einzelnen Befürwortern der vorgeschlagenen Gesetzänderung gerne kommuniziert wird, kann keine Rede sein!“
Angesichts des feststellbaren Aufholprozesses sieht der Städte- und Gemeindebund jetzt keine sachliche Notwendigkeit für eine solch massive Einschränkung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts. Der Landesgesetzgeber sollte sich genau überlegen, ob er die nach der Kommunalwahl am 09. Juni 2024 neu gewählten Vertretungen in den Stadt- und Gemeinderäten reihenweise in die Bedeutungslosigkeit schicken will.
Klarzustellen ist: Die Städte und Gemeinden verzögern die Erstellung der Jahresabschlüsse nicht mutwillig. Seit Jahren folgen sie auch einer Forderung des Städte- und Gemeindebundes Sachsen-Anhalt, der Erstellung der Jahresabschlüsse höchste Priorität einzuräumen. Die Kommunalverwaltungen arbeiten hier an ihrem absoluten Limit. Zu glauben, dass man mit der beabsichtigten Gesetzesänderung die Anzahl der aufgeholten Jahresabschlüsse schnell und massiv erhöhen kann, grenzt an Realitätsverweigerung. Auch dem Landesgesetzgeber dürfte klar sein, dass sowohl der Fachkräftemangel als auch die durch EU, Bund und Land verursachte Regelungs- und Aufgabendichte in den letzten Jahren zugenommen hat. Der Verband erwartet daher, dass der Landtag den aktuellen Gesetzentwurf noch entschärft. Hierfür habe man Gespräche angeboten und konkret eine zeitliche Verschiebung der strittigen Regelung im Kommunalverfassungsgesetz vorgeschlagenen. Dadurch bekämen die Gemeinden die dringend notwendige Zeit für die Aufstellung der fehlenden Jahresabschlüsse und der Landtag würde dennoch sein Ziel erreichen, den von ihm beabsichtigten Zeitdruck aufzubauen, jedoch ohne das Leben in den Städten und Gemeinden auf Jahre zu lähmen, so Andreas Dittmann.
„Die Städte, Gemeinden und Verbandsgemeinden in Sachsen-Anhalts schauen mit großer Sorge auf einen aktuellen Gesetzentwurf zur Änderung des Kommunalverfassungsrechts, der zur Folge hätte, dass ab dem Jahr 2025 keine Haushaltssatzungen erlassen werden können, wenn Rückstände bei der Aufstellung der Jahresabschlüsse bestehen.“
Das ist auch völlig richtig so, ich verstehe von daher das Problem nicht. Auch die Städte und Gemeinden sollten lernen, endlich seriös zu arbeiten. Das regelmäßige Verschleppen der Jahresabschlüsse ist keine Kleinigkeit und leider oft das Ergebnis kommunalpolitischer Spielchen.
„Klarzustellen ist: Die Städte und Gemeinden verzögern die Erstellung der Jahresabschlüsse nicht mutwillig.“
Das mag schon sein, denn hier spielen Misswirtschaft und Unfähigkeit eine große Rolle. Gerade in Halle ist das sehr oft beobachten. Der im Artikel enthaltene Verweis auf die kommenden Kommunalwahl ist sehr wichtig, denn hier muss sich unbedingt etwas ändern. Wie man es richtig machen kann, zeigen die Unternehmen in der Privatwirtschaft.
Es hat schon seine Berechtigung, ab und zu Kassensturz zu machen um zu wissen wo man finanziell steht. Es ist aber schlimm, wenn solche Druckmittel bei öffentlichen Kassen nötig sind. Es muss ja nicht immer der letzte Euro gesucht werden, aber unerkannte Überschuldung endet selten gut.