Erinnerung an Gottfried Lindner: Straßen-Zusatzschild erinnert an den Vater des Waggonbaus Ammendorf

Gottfried Lindner hat vor 200 Jahren den Grundstein für den Waggonbau Ammendorf gelegt. Straßenbahnen kamen von hier, selbst Reisezugwagen für Russland. Jahrelang fuhren Lindner-Straßenbahnen durch Halle. Deshalb ehrt ihn die Bürgerstiftung Halle mit einem Zusatzschild. Dieses wird am 25. August um 11 Uhr in der Gottfried-Lindner-Straße / Ecke Chemiestraße in Halle-Ammendorf angebracht.
Die Schilder wurden gespendet von Annerose Adler. Ebenfalls in Ammendorf sitzt die Firma Horn Verkehrstechnik Halle. Sie ist der Bürgerstiftung seit vielen Jahren nicht nur ein Partner in der Ausführung der Beschilderung, sie hat das Projekt auch finanziell großzügig mitgetragen. Dieses langjährige Engagement, auf das die Bürgerstiftung weiter bauen kann, passiert meist leise und im Hintergrund – und ist doch eine Grundlage für den langjährigen Erfolg des Projekts.
Gottfried Lindner (1795-1850)
Die fast zweihundert Jahre währende Geschichte des Waggonbaus Ammendorf ist recht gut aufgearbeitet. Über den Gründer der Urzelle dieses Werks, Gottfried Lindner, ist jedoch wenig in Erfahrung zu bringen.
Am 14. August 1795 wurde Gottfried Lindner als Sohn des Sattlermeisters Elias Lindner in Merseburg geboren. Zur Familie gehörten außerdem Gürtler, Essigbrauer, Drechsler und Schlosser. Im Hallischen patriotischen Wochenblatt vom 18. August 1821 bewarb der „neu besetzte“ Riemer- und Sattlermeister Gottfried Lindner sein neu eröffnetes Geschäft mit einem beeindruckenden Portfolio:
„folgende Gegenstände von Riemer-, Sattler-, Täschner-, und Saffian-Arbeiten verfertigt und vorräthig gefunden werden, als: allerhand Kutschgeschirre, Reitzeuge, Trensen, Ueberwürfe mit und ohne Pistolenhalftern, Steigriemen, Gurte, alle übliche Sorten Peitschen, Laufzäume, Leibgürtel, Fliegenklappen, Strumpfbänder, extra feine Hosenträger, Tabaksbeutel, Hundehalsbänder, feine engl. Kutsch- und Reitpeitschen, engl. platirte, lackirte Säbel- und Degenkuppel, Chako’s, Stirnbänder, Mützenschirme, Sturmund Chako-Rieme, silberne Infanterie- und Kavallerie-Portepee’s. Acker-, Fuhrmanns- und englische Kummete, englische Reitsättel, Fahrsättel, Tragekissen u. dergl. Jagdtaschen, Flintenfutterale, allerhand Futterale über Instrumente, Felleisen, Jagdkartuschen, Reise- und Schultaschen, Koffers und Mantelsäcke. Allerhand Toiletten, Pantoffels, Chatoullen, Rasir- und andere Etuis, Damen- und Tabaks-Pompadours, extra feine und ordinaire Brieftaschen u.a.m. Ferner ist bey mir immerwährend weißgarniges Ackerzeug für Oekonomen und Landleute von besonders gutem Garn, auch Fuhrmannszeug nach Camenzer Art zu finden; auch übernehme ich die vorkommenden Arbeiten der Pferde haltenden Herrschaften und Oekonomen in billigem Accord oder im einzelnen auf Rechnung, beschlage Meubles nach dem neuesten Geschmack und liefere überhaupt alle in dieses mein Fach einschlagende Arbeiten“
Seine Wohnung befand sich in der Leipziger Straße Nr. 279 „neben der Post“, d.h. neben dem früheren Posthaus am Rathaus. Von 1822 bis 1825 hatte er seine Werkstatt am Kornmarkt auf der Nordwestseite des Marktplatzes.
Im September 1821 schloss sich der ebenfalls neu besetzte Sattlermeister Friedrich Lange mit ihm zusammen. Im April 1824 warb der Berliner „Leder- und Hutlackir-Fabrikant“ J. G. C. Neander mit einer Niederlage seiner Fabrikate bei dem Sattlermeister Gottfried Lindner am Markt in Halle. Weitere Berufe fanden sich unter seinem Dach ein: Petschaftstecher, Schlosser, Beutler und Mützenmacher, Klempnermeister, Stellmachermeister, ein Meubles-Magazin. So war Lindner in der Lage, sein Geschäft auf eine breitere Basis zu stellen. Ab 1825 befanden sich Werkstatt, Geschäft und Wohnung Gottfried Linders in der großen Steinstraße 128 (später Nr. 9). Ein Kalenderblatt des Gemeinnützigen Volkskalenders von 1831 rühmt die deutschlandweit erfolgreichen Produkte der Firma als „imponierend“ und „wie man sie wohl schwerlich in den größten Städten Deutschlands geschmackvoller finden dürfte“. Bei der Provinzial-Gewerbe-Ausstellung in Halle im Mai 1841 stellten auch Lindner und Lange „feine Sattlerwaren … ein Paar Kutschgeschirre zu 16 Louis-d’or, einen Lederkoffer und mehrere englische Reitsättel aus niederländischem Schweinsleder für Herren und Damen“ aus und wurden im Bericht darüber lobend hervorgehoben.
Am 3. November 1839 ist Gottfried Lindner wiederholt zu einem von drei Stadtverordneten für das Marienviertel gewählt worden. Seit der Einführung der neuen Städteordnung 1831 war er als Vertreter der neu gewählten Stadtverordnetenversammlung ehrenamtlich engagiert. Bei der Frage über die sachgemäße Verwaltung des Hospitals St. Cyriaci et Antonii im Jahr 1843, ob es als selbstständige Einrichtung nur der Aufsicht durch die Stadt unterliegt oder ob es der städtischen Verwaltung direkt untersteht, wurde Gottfried Lindner damit beauftragt, den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung über die Wiederherstellung der städtischen Verwaltung gegen den Magistrat der Stadt durchzusetzen. Sein Bemühen um Einhaltung der Gesetze und der Wahrheit (in seinen Augen) wurde ihm nicht gedankt. Am 1. Dezember 1843 schlossen ihn die Stadtverordneten für ein Jahr von der Versammlung aus, was sich im darauffolgenden Jahr noch einmal wiederholte. Über diesen Vorgang veröffentlichte Lindner 1846 eine Rechtfertigungsschrift „Das Verfahren der Stadtverordneten zu Halle gegen J. Gottfried Lindner“ (Leipzig, Robert Friese 1846). Im Februar 1850 wurde Gottfried Lindner zum Stellvertretenden des Gewerberats für die Stadt Halle gewählt. Die Blüte des Werkes und den Umzug nach Ammendorf erlebte Gottfried Lindner nicht mehr. Er starb am 3. April 1850 an Schlagfluss in Halle. Die Geschäfte übernahm sein zweiter Sohn Heinrich.
Quellen:
Sven Frotscher: Das stählerne Herz von Halle, Band 1 1823-1945
Hallisches patriotisches Wochenblatt, Jahrgänge 1820 bis 1899
Stadtarchiv Halle: FA 1890 Lindner, Gottfried
Archivbibliothek Cs 60046 Das Verfahren der Stadtverordneten zu Halle gegen J. Gottfried Lindner, 1846
Und am Harz, Ecke Emil-Abderhalden-Straße haben ein paar Linke Idioten die Straßennamen wieder mit „Anton Wilhelm Amo“ überklebt. 🙄
Tolle Geschichte, aber was hat die mit Gottfried Lindner und dem Zusatzschild an der nach ihm benannten Straße zu tun?
Es kommt das Wort Straßenschild vor…
Zeig mal. Ich lese da nur „Straße“ und „Straßennamen“. Auch im Artikel kommt das Wort „Straßenschild“ nicht vor.
Schade das Gottfried Lindner nicht mehr das Gedeihen seiner Firma miterleben konnte, er starb bereits 1852, seine Söhne und sein Schwiegersohn, haben die Zeichen der Zeit verstanden und das Unternehmen zur größten Anhängerfabrik Anfangs der 1930er Jahre zu führen. Heute steht der letzte Eigentümer selbst vor der Pleite, weil nur noch der Profit zählt und nicht mehr „die Tüchtigkeit der Hände und Hirne“
Wenn es einem nur um Profit geht, wie kann man dann vor der Pleite stehen? Das widerspricht sich doch.
Der kurzfristige Profit, nachdem sich die Prämien für das „Mänätschment“ bemessen lassen.
Auch kurzfristiger Profit ist Profit. Pleite ist, wenn kein Profit (mehr) erwirtschaftet wird.
Der letze ist nicht Eigentümer des ehemaligen Waggonbau Ammendorf.
Er hat nur eine ausgegliederte Sparte (Instandsetzung) weitergeführt und somit 175 Menschen weiterhin Lohn u. Brot gesichert.
175 von 4.800!!!, nachdem Bombardier den Laden platt gemacht hat!!
Lindnerwagen fahren unter anderem in Halle, Naumburg, Potsdam und Halberstadt.