HFC-Fanprojekt wird mit sofortiger Wirkung eingestellt
Stadträte hatten es nach der Versetzung des Fanprojekt-Leiters vermutet, nun ist es tatsächlich so gekommen. Das HFC-Fanprojekt wird mit sofortiger Wirkung eingestellt. Der Deutsche Fußball-Bund e.V. (DFB) hat am gestrigen Donnerstag nach sechs Spieltagen der 3. Liga mitgeteilt, dass er das Projekt in der Spielzeit 2017/2018 nicht fördert. Die Drittmittel des Deutschen Fußball-Bundes (128.000 Euro) und des Landes Sachsen-Anhalts (27.000 Euro) beantragt die Stadt jährlich bei den Zuwendungsgebern. Die städtischen Eigenmittel für das Projekt werden in Form von Personalstellen und dem Fan-Haus zur Verfügung gestellt.
„Damit ist eine Fortführung des Projektes nicht möglich“, sagt Oliver Paulsen, Koordinator des Fanprojektes. Zur Begründung heißt es beim DFB: „Aktuell sehen wir keine Anhaltspunkte dafür, dass es dem Fanprojekt Halle unter einer fortgeführten Trägerschaft der Stadt Halle gelingen könnte, ein geeignetes Verhältnis zur Fanszene des Halleschen FC und zur Zielgruppe von Fanprojektarbeit […] (wieder)herstellen zu können.“
Noch im April 2017 hatte DFB-Präsident Reinhard Grindel bei einem Besuch im halleschen Stadion erklärt, die Förderung des Fanprojektes durch den DFB stehe nicht in Frage. Stadt und DFB verständigten sich zudem darauf, die Fanszene in die Besetzungsentscheidung über den neuen Leiter des Fanprojektes einzubeziehen. Dieses Gesprächsangebot lehnten der Fanszene e.V., der HFC-Fankurvenrat und die Saalefront-Ultras im August 2017 jedoch ab.
„Die Stadt wird sich auch künftig bei der Auswahl von städtischem Personal nicht von der Fanszene beeinflussen lassen“, sagt Paulsen. Zudem halte die Stadt weiter an dem Ziel fest, das städtische Stadion zu einem Familienstadion zu entwickeln. „Es ist bedauerlich, dass der Boykott gerade von denjenigen Fans ausgeht, die nicht Zielgruppe des Projektes sind.“
Fanprojekte sind Projekte der Jugendhilfe und arbeiten nach den DFB-Kriterien unabhängig, vor allem von der Einflussnahme durch Vereine und Fanszene. Das Fanprojekt Halle mit seinen sozialpädagogischen Mitarbeitern richtete sich vor allem an jugendliche Fußballfans der Stadt. Im Fanprojekt Halle waren insgesamt drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig. Den zwei aktuell beschäftigten Mitarbeitern wird die Stadt eine neue Tätigkeit in der Verwaltung anbieten, ebenso dem vorgesehenen neuen Projektleiter.
Träger, die am Aufbau eines neuen Fanprojektes in Halle (Saale) interessiert sind, können sich ab sofort direkt beim DFB bewerben. Für Fragen steht Koordinator Oliver Paulsen Interessierten beratend zur Verfügung.
Hintergrund zum Fanprojekt:
Der ehemalige Leiter des Fanprojektes Halle ist im April 2017 nach langjähriger Tätigkeit von seiner Funktion abberufen worden. Nachdem ihm in einem Personalgespräch vom Koordinator des Fanprojektes mitgeteilt wurde, dass u. a. nach 10-jähriger Tätigkeit eine Jobrotation am Ende der Saison 2016/2017 vorgesehen ist, trug er den Inhalt vertraulicher Personalgespräche in die Fanszene und verschiedene Gremien des DFB. Den Fraktionen im Stadtrat ist dieser Vorgang bekannt, sie hatten Einsicht in die Personalakte. In seiner neuen Funktion ist der Angestellte der Stadt als Sozialarbeiter in der Jugendhilfe eingesetzt.
„Wir bedauern außerordentlich, dass der Deutsche Fußballbund die Förderung für das Fanprojekt beim Halleschen FC eingestellt hat. Die Entscheidung ist aber nachzuvollziehen: Der Oberbürgermeister und sein dafür verantwortlicher Referent, Herr Paulsen, haben seit Monaten alles dafür getan, dass eines der bundesweit erfolgreichsten Sozialprojekte im Fußball samt seiner Mitstreiter über Monate diskreditiert wurde“, erklärte Eric Eigendorf, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion Stadt Halle (Saale). Eric Eigendorf weiter: „Jetzt kommt es darauf an, das Fanprojekt auf neue Füße zu stellen. Unsere Fraktion hat im Stadtrat einen Antrag eingebracht, der das Projekt zukünftig an einen Freien Träger übertragen soll. Deutschlandweit ist dieses Verfahren die Regel. Gerade in der jetzigen Situation kommt es darauf an, verlorengegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. Das kann mit einem Freien Träger gelingen. Wir sind optimistisch, dass auch die Fans diesen Weg mitgehen werden.“ „Dass nun ausgerechnet die Stadtverwaltung in ihrer Stellungnahme anbietet, Träger, die das Fanprojekt übernehmen wollen, zu beraten, ist der blanke Hohn. Herr Wiegand und Herr Paulsen haben in den letzten Wochen unverantwortlich gehandelt. Ihr Verhalten wirft viele Fragen aus und sagt zugleich viel über ihr Amtsverständnis aus. Ein verantwortliches Handeln im Bereich der Sozialarbeit sieht auf jeden Fall anders aus“, so Eigendorf abschließend.
„Der DFB hat wie erwartet und aufgrund des fahrlässigen Handelns seitens der Stadt Halle (Saale) seine Förderung für das Fanprojekt für die Spielzeit 2017/18 eingestellt. Und was sagt Herr Paulsen als Koordinator des Fanprojektes: „Es ist bedauerlich, dass der Boykott gerade von denjenigen Fans ausgeht, die nicht Zielgruppe des Projektes sind.“ Also entweder hat der Koordinator des Fanprojektes keine Ahnung über die Zusammensetzung, Struktur und Kultur der Fanszene oder er ignoriert den Tatbestand, dass die Stadt jegliche direkte Kommunikation mit Vertretern der Fanszene seit der Bekanntgabe, dass der Leiter des Fanprojektes, Herr Kluge, abgezogen wird, unterlassen hat“, sagt der sportpolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Stadtrat Halle (Saale), Sten Meerheim. „Hier einseitig auf die direkt Betroffenen zu schimpfen, zeugt aber auch von Unkenntnis der Inhalte und Ziele eines Fanprojektes. Kurz könnte man auch sagen. Man kann als Stadt bei so einem sensiblen Thema wie ein Elefant im Porzellanladen agieren. Dann braucht man sich aber über den hinterlassenen Scherbenhaufen, nicht zu wundern.“
Die Stadtratsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bedauert die Entscheidung des DFB zur Beendigung des Fanprojektes, hält diese angesichts der aktuellen Situation aber für nachvollziehbar. Stadtrat Dennis Helmich (Mitglied im Sportausschuss) erklärt dazu: „Die Entscheidung des DFB ist äußerst bedauerlich, war aber auch absehbar, denn aktuell findet auf Grund der Eskalation zwischen OB und Fanszene keine Fanarbeit statt. Diese ist aber dringend nötig und deswegen müssen wir zügig einen Neustart hinbekommen. Das wird ganz offenkundig nicht in Trägerschaft der Stadt funktionieren, denn die Verantwortung für das Scheitern trägt aus unserer Sicht der Oberbürgermeister selbst. Mit der nicht nachvollziehbaren und nicht begründbaren Versetzung des Leiters des Fanprojektes hat er diese Krisensituation erst herbeigeführt. Deshalb ist es die dringlichste Aufgabe, schnell einen geeigneten Träger zu finden und diesen dann bei seiner Arbeit bestmöglich zu unterstützen. Wir werden mit unseren FraktionskollegInnen im Stadtrat weiterhin an diesem Ziel arbeiten.“
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