GEW fordert „Pakt für Bildung“ in Sachsen-Anhalt
Die Erziehergewerkschaft GEW wendet sich mit einem „Pakt für Bildung“ an die Landesregierung. Diese müsse schon jetzt die Weichen für die künftige Entwicklung stellen,
In einem Schreiben an Ministerpräsident Reiner Haseloff hat die GEW Sachsen-Anhalt fünf Punkte in den Mittelpunkt gestellt:
- Keine zusätzliche Arbeit von Lehrkräften in den Ferien
- Fachkräftesicherung
- Digitale Ausstattung
- Zeit für Pädagogik ermöglichen
- Hygienische Voraussetzungen an Schulen konsequent weiterverfolgen
Jeder dieser Punkte wurde mit einigen Erläuterungen und Handlungsempfehlungen versehen. Einzelheiten dazu am Ende des Artikels.
Eva Gerth, Vorsitzende der GEW Sachsen-Anhalt, erklärte dazu heute in Magdeburg: „Die letzten Monate haben in aller Deutlichkeit vor Augen geführt, an welchen Stellen in unserem Bildungssystem die größten Lücken klaffen. Mit immer mehr Aufgaben für viel zu wenig Personal, einem digitalen Flickenteppich und mitunter erheblichen Schwierigkeiten im Gesundheits- und Hygieneschutz kann gute Bildung nicht gelingen. Sachsen-Anhalt braucht einen Pakt für Bildung – jetzt!“ Die GEW biete sich mit ihrer großen Erfahrung aus der pädagogischen Praxis und in der Schulorganisation ausdrücklich für die Erarbeitung von Konzepten und für die Entscheidungsfindung an.
Das Schreiben wurde gestern auch allen öffentlichen Schulen des Landes zur Kenntnis gegeben, es ist im Anhang beigefügt.
- Keine zusätzliche Arbeit von Lehrkräften in den Ferien
Die unterrichtsfreie Zeit ist für Lehrkräfte keine arbeitsfreie Zeit. Sie planen ihren Unterricht und das neue Schuljahr, bilden sich fort, bereiten nach. Darüber hinaus pflegen sie den Kontakt zu den Eltern und außerschulischen Einrichtungen. Lehrkräfte dürfen nur in den Ferien Urlaub machen. In der Schulzeit arbeiten sie regelmäßig mehr als 40 Stunden pro Wochen, so dass auch ein Arbeitszeitausgleich notwendig ist. Jeder weitere Einsatz wäre zusätzliche Arbeit. Das lehnt die GEW ab. - Fachkräftesicherung Sachsen-Anhalts
Schulen brauchen mehr Personal. Neben dem ohnehin schon vorhandenen Lehrkräftemangel hat die Zeit der Pandemie weitere Schwächen offenbart. So waren Beschäftigten, die Risiko-Gruppen angehören, nicht uneingeschränkt einsetzbar. Weiterhin wurde klar, dass kleinere Gruppengrößen für bessere Lernbedingungen und zum Schutz vor Neuinfektionen wichtig sind. Insofern sind alle Mittel auszuschöpfen, Einstellungen von Lehrkräften und pädagogischen Mitarbeiterinnen vorzunehmen. Weiterhin brauchen Schulen flächendeckend Schulverwaltungsassistentinnen und Vertretungslehrkräfte. Neben dem aus Sicht der GEW untauglichen Mittel der Zusatzstunden sind Arbeitszeitkonten einzurichten, um die Unterrichtsversorgung zu verbessern. Die GEW warnt vor falschen Hoffnungen, durch Anwerbung von Lehrkräften aus dem Ausland, die Situation zu verbessern. Mittelfristig ist die Zahl der Lehramtsstudierenden an beiden Universitäten deutlich zu erhöhen.
- Digitale Ausstattung
Die Mittel des Digitalpakts sind ohne bürokratische Hürden zur Verfügung zu stellen. Der Ausbau der Netze hat vorwiegend die Schulen zu berücksichtigen. Gleichzeitig ist sicherzustellen, dass ausreichend IT-Fachleute die Servicebetreuung übernehmen. Eine pädagogisch fundierte, datenschutzkonforme Lernplattform für alle Schulen (u.a. moodle) ist dauerhaft aus Landesmitteln zu finanzieren. Fortbildung zum digitalen Unterricht sollen entsprechend den Bedürfnissen der Lehrkräfte bzw. der Schulen angeboten werden. Alle Schülerinnen müssen bei Bedarf leihweise den Zugang zu digitalen Endgeräten haben. Für die GEW ist das eine Frage der Chancengleichheit. Keine Schülerin darf zurückgelassen werden, weil die ltern nicht für die entsprechende Ausstattung sorgen können. Zukünftig soll keine Lehrkraft genötigt sein, mit ihrem eigenen Endgerät zu arbeiten. Sowohl für den Präsenzunterricht als auch für die Ausnahmesituation des Homeschoolings muss die notwendige digitale Ausstattung zur Verfügung stehen. - Zeit für Pädagogik ermöglichen
Schulen muss Zeit eingeräumt werden, sich mit den Erfahrungen der vergangenen Monate auseinanderzusetzen und konzeptionell zu arbeiten. Es geht darum, auf den Wiederholungsfall eines Lockdowns vorbereitet zu sein und dann alle Schüler*innen zu erreichen und keine und keinen zurückzulassen. Bildung für alle, das ist Aufgabe von Schule. Unter Umständen sind solche Konzepte auch dafür geeignet, Unterrichtsausfall zu verhindern. Digitales Lernen, die Nutzung neuer Kommunikationswege, die Durchführung von Hybridunterricht, die Fortbildung zum Umgang mit Lernplattformen oder Videoformaten u.a. darf zu keiner Mehrbelastung der Beschäftigten führen. Insofern sind Anrechnungsstunden auszureichen, weil für die Entwicklung von Konzepten Zeit benötigt wird. Auch das kommende Schuljahr wird die Schulen wieder vor Herausforderungen stellen, die nur mit motiviertem Personal zu machen sind. Alle geplanten Arbeitszeitverlängerungen (u. a. die Streichung der Altersermäßigung) sind zurückzunehmen. Gemeinsam mit Personalräten müssen Maßstäbe bei der Bewertung der Arbeitsleistung im Homeschooling erarbeitet werden. - Hygienischen Voraussetzungen an Schulen konsequent weiterverfolgen
Nach der derzeit gültigen Eindämmungsverordnung sind ab dem neuen Schuljahr an Schulen alle hygienischen Standards außer Kraft gesetzt. Umso mehr benötigt Schule Unterstützungssysteme, damit eine schnelle vor-Ort-Beratung möglich ist. Dazu gehören die Unfallkasse, die Gesundheitsämter der Landkreise und Medical Airport Service. Die Umsetzung der notwendigen Aufgaben vor Ort kann nicht allein den Schulleitungen aufgebürdet werden. Die GEW fordert mindestens:
• Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilungen und die Ableitung von Maßnahmen
• Ausstattung der Schulen mit Desinfektionsmitteln und Mund-Nase-Abdeckungen
• Regelmäßige Tests von Schüler*innen und pädagogischem Personal auf das Corona-Virus
• Eine tägliche Reinigung der Schulgebäude, im Bedarfsfalle auch mehrfach
• geplante Baumaßnahmen der Schulträger beschleunigen und zusätzliche Räumlichkeiten zur Verfügung stellen • Einen Einsatz der „Risiko-Gruppen“, der eine Gefährdung ausschließt
• Die Gewährleistung der Mitbestimmung der Personalräte auf allen Ebenen
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