Tulpenbrunnen statt Tiefkühltruhe: Neustadts kleine Eis-Oase trotzt dem Discounter

In Halle (Saale) ist Eis allgegenwärtig – zumindest in der Innenstadt und in Stadtteilen wie Trotha, Silberhöhe oder Paulusviertel. Dort findet man viele Eisdielen, oft auch mit ausgefallenen Sorten.

Neustadt: Groß, grau – und ziemlich kugelarm

Anders sieht es in Halle-Neustadt aus. Der größte Stadtteil Halles hat zwar viel Beton, viele Menschen – aber wenig Eis. Fast könnte man meinen, ein Eisverbot sei hier in Kraft. Doch es gibt sie: kleine Oasen des Genusses. Zwei, um genau zu sein. Eine davon liegt günstig am Neustadt Centrum. Die andere – fast ein Geheimtipp – versteckt sich am Tulpenbrunnen.

Von der Hochzeit zur Eiszeit

Hier betreibt Thomas Meyer gemeinsam mit seiner Tochter ein gemütliches kleines Eiscafé. Der Ort? Ein ehemaliges Standesamt im Erdgeschoss eines Punkthochhauses. Wo einst Ja-Worte gesprochen wurden, erklingt heute vor allem ein anderer Satz: „Einmal Pistazie im Hörnchen, bitte!“

Kugeln mit Charakter – von klassisch bis kurios

Thomas Meyer weiß, wie man Eis macht. Viele Jahre lang war er das Gesicht von “Köhler’s Eisdiele” in der Seebener Straße, wo er zur Corona-Zeit rausmusste. Das Eiscafè wurde durch den Gebäudeeigentümer neu verpachtet, allerdings haben diese Betreiber in diesem Jahr den Standort aufgegeben. 

Auch heute produziert Meyer am Tulpenbrunnen seine Sorten selbst – mit einer ehrwürdigen BOKU-Eismaschine. Standardkugeln (Vanille, Schoko, Nougat & Co.) gibt’s für 1,20 Euro. Wer’s extravaganter mag, kann für 1,50 Euro Pfefferminze oder Wassermelone naschen. Und wer mutig ist, wagt sich für 1,80 Euro an Pistazie oder Lakritz.

DDR-Charme und Kuchenduft

Neben klassischen Hörnchen in allen Größen und Farben bietet das Café auch eine kulinarische Zeitreise: Die Eismuschel aus DDR-Zeiten ist zurück. Und falls es doch mal etwas anderes sein soll – selbstgebackener Kuchen duftet schon aus dem Hinterzimmer. Zudem gibt es eine kleine Auswahl an Produkten, die für eine normale Eisdiele ungewöhnlich sind. So gibt es beispielsweise eingelegte Dill-Gurken aus Polen, verschiedene polnische Konfekte und andere Süßigkeiten, Spirituosen, Glühlampen oder Blechschilder. Eine zusätzliche Einnahmequelle, wenn das Eis durch kühles Wetter zum Ladenhüter wird 

Gegen den Strom – und gegen das Billigeis

Meyer kennt die Schattenseite: „Viele in Neustadt haben einfach nicht das Geld für handgemachtes Eis.“ Der nahe Discounter lockt mit Billigeis im Familienpack – ein harter Gegner. Dennoch bleibt Meyer standhaft. Denn sein Eis, das ist mehr als tiefgekühlter Zucker: Es ist Erinnerung, Handwerk – und ein kleines Stück Sommerglück.

Geöffnet ist täglich außer Mittwoch von 13 bis 20 Uhr.