Drei von zehn Vollzeit-Beschäftigten in Halle arbeiten zum Niedriglohn
40 Stunden die Woche arbeiten – und trotzdem reicht’s am Monatsende nicht: In Halle arbeiten rund 17.300 Vollzeit-Beschäftigte zum Niedriglohn. Damit liegen 30 Prozent der Arbeitnehmer trotz voller Stundenzahl unter der amtlichen Niedriglohnschwelle von aktuell 2.203 Euro brutto im Monat. Das teilt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten mit. Die NGG Leipzig-Halle-Dessau beruft sich hierbei auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit. Geschäftsführer Jörg Most spricht von einem „Alarmsignal“.
Tausende Menschen hätten trotz langer Arbeitstage enorme Probleme, finanziell über die Runden zu kommen. „In Metzgereien, Bäckereien, Restaurants und Hotels ist der Anteil von Niedriglohn-Beschäftigten dabei besonders hoch. Hier müssen die Firmen endlich deutlich höhere Löhne zahlen“, fordert Most. Nach Angaben der Arbeitsagentur liegen bundesweit 53 Prozent aller Vollzeit-Beschäftigten im Lebensmittel- und Gastgewerbe unter der Niedriglohngrenze.
Eine Hauptursache für diesen Zustand ist nach Einschätzung der Gewerkschaft NGG die schwindende Tarifbindung. „Auch in Halle zahlen immer weniger Hoteliers und Gastronomen nach Tarif“, kritisiert Most. Die Folgen träfen die ganze Gesellschaft: Eine aktuelle Studie des DGB beziffert die finanziellen Ausfälle durch fehlende Tarifbindung in Sachsen-Anhalt – von Mindereinnahmen bei den Sozialversicherungen und Steuern bis hin zur niedrigeren Kaufkraft – auf 5,1 Milliarden Euro.
Um diesen Trend zu stoppen, müssten sich Firmen, die Mitglied im Arbeitgeberverband sind, an die mit der Gewerkschaft ausgehandelten Tarifverträge halten und armutsfeste Löhne zahlen. Nach Beobachtung der NGG nimmt die Zahl der Verbandsmitglieder, die aus der Tarifgemeinschaft ausscheren, seit Jahren zu.
„Außerdem muss es noch mehr Tarifverträge geben, zu denen ganze Branchen durch die Politik verpflichtet werden – gerade da, wo der Niedriglohnsektor wuchert“, so Most. Eine sogenannte Allgemeinverbindlichkeit könne vom Bundes- oder Landesarbeitsministerium erklärt werden. Am Ende komme es aber auch auf die Beschäftigten selbst an, betont die NGG. „Wer in der Gewerkschaft ist, hat nicht nur beim Lohn, sondern auch bei Urlaub und Arbeitszeit die besseren Karten.“
Das durchschnittliche Vollzeit-Einkommen liegt in Halle laut Arbeitsagentur bei 2.885 Euro (brutto) im Monat – im Bundesschnitt sind es 3.304 Euro.
Sind 30% jetzt gut oder schlecht?
Definition DIW: „Als Niedriglohn wird gemäß der Definition internationaler Organisationen (ILO, OECD) ein Stundenentgelt bezeichnet, das geringer ist als zwei Drittel des mittleren Bruttostundenlohns. Für diese Grenze gibt es keine wissenschaftliche Begründung; es handelt sich lediglich um eine Konvention.“
Wie unterschiedlich man 30% beurteilen kann, müsstest du aus der Schule wissen. Du hast 30% der Fragen richtig beantwortet. Für dich ist das vergleichsweise gut, zum Bestehen reicht es aber nicht.
„Sind 30% jetzt gut oder schlecht?“
Ist doch ganz einfach zu beantworten: Hand aufs Herz – möchtest du für 2.203 Euro brutto im Monat in Vollzeit arbeiten? Sicher nicht, zumindest nicht, wenn du nicht irgendwie masochistisch veranlagt bist.
Weshalb also sollte daran irgendwas „gut“ sein, nur weil es andere betrifft?
Niedriglohn ist hierzulande sicher ein Problem, wenn auch kein ganz so großes, wie es der Vergleich mit dem Durchschnittswert andeutet. Denn in anderen, reicheren Städten zahlt man schnell mal 500 Euro mehr Monatsmiete für eine vergleichbare Wohnung.
„Denn in anderen, reicheren Städten zahlt man schnell mal 500 Euro mehr Monatsmiete für eine vergleichbare Wohnung.“
Außer im völlig entarteten Münchener Wohnungsmarkt dürfte das nicht zutreffend sein. Davon abgesehen, leben Niedriglöhner in Halle nicht in den Wohnungen, die anderswo in vergleichbarer Größe/ Ausstattung/ Lage so viel mehr kosten.
Ja, es ist auch schon eine Kuh in einem durchschnittlich 30cm tiefen Teich ertrunken…
2200 wären kein Niedriglohn, wenn der Staat nicht ein Drittel davon direkt in die eigene Tasche stecken würde. Niedrigere Steuern würden hier entlasten, aber leider sind diejenigen, die am lautesten über das Lohnniveau stöhnen auch die, welche den Sozialstaat immer mehr vorantreiben. Da muss man die Bürger durchaus bestehlen. Man kann nicht beides haben. In New Hampshire funktioniert das Modell übrigens hervorragend, dort gibt es weder eine Einkommens- noch Mehrwertsteuer.
Auf nach New Hampshire, wo weniger Menschen als in Meck-Pomm leben und es nicht ganz so viele Arbeitsplätze gibt! Natürlich geht das nur, wenn man seine Sozialversicherung mitbringt. Und Altersvorsorge. Und eine Unterkunft. Allerdings möglichst kein Eigentum, wegen der Grundsteuer. Bundes- und Kommunalsteuern sind natürlich trotzdem zu zahlen. Aber ansonsten: Nichts wie hin da!
Du weißt offenbar nicht, wie viel (lies: wie wenig) du bei 2200 Euro brutto an den „Halsabschneiderstaat“ zahlen musst, um vollumfänglich abgesichert zu sein. Aber vielleicht ändert sich das, sobald du in das Berufsleben eintrittst.
Lieber Seb,
ich weiß nicht aus welchem Grund du bei jedem deiner Kommentare süffisant, aggressiv und beleidigend sein musst. Ein sachlicher Kommentar täte es auch. Ich habe selbst drei Jahre in Concord gelebt und kann dir sagen, dort brennen nicht jede Nacht Autos und es lebt sich hervorragend. Wieso? Ich verdiene momentan 2400 Brutto. Davon zahle ich 481 Euro an Sozialabgaben usw. Die GEZ kommt noch oben drauf. Und das bei Steuerklasse 3! Mit dem höchsten Beitrag schlägt dabei die Krankenversicherung zu Buche.
Altersversorgung und Sozialversicherung sind in den USA weit besser, als es uns hier eingetrichtert wird. Zum einen übernimmt ein Großteil der Firmen die Pensionspläne, zum anderen kann ich mich privat weitaus günstiger versichern, als hierzulande. Und ich bezahle nur, was ich auch in Anspruch nehmen will. Dabei fangen die günstigsten Tarife bei 20 $. Während man hier gerne mal 3 Stunden auf das Röntgen oder ein 2 Monate auf einen Termin beim Spezialisten warten kann, weil alles hoffnungslos überlastet ist, wurde ich dort immer zeitnah und ausführlich behandelt, nicht nach 5 Minuten mit Gelomyrthol eine Woche krankgeschrieben.
In einer Kleinstadt in New Hampshire brennen keine Autos. Das ist ja interessant.
https://www.concordmonitor.com/Police-investigate-car-fires-intentionally-set-29187898
Seit wann bist du eigentlich zurück aus Concord? Frage für einen Freund (bei einer Ermittlungsbehörde)…
Deine wirklich überzeugend dargestellte Geschichte zur spitzenmäßigen Sozialversicherung in den USA lasse ich mal so stehen. Ich glaube dir. Schließlich weißt du ja, wovon du redest. Tarife ab $20. Kein Wunder, dass der Staat so dicht bevölkert ist. Super, was man im Internet so alles lernen kann.
Was genau Bevölkerungsdichte mit Lebensqualität zu tun hat weiß ich nicht oh großer Weiser, erkläre es mir doch bitte. Immerhin liegt NH auf Platz 6 der reichsten US Staaten:
Median household income: $73,381
Population: 1,342,795 (2017)
Unemployment rate: 2.5% (July 2019)
Persons below poverty level: 7.7% (2017)
Aber was spielen Zahlen und Fakten denn für eine Rolle?
Die Bevölkerungsdichte ist ein Maß, wie viele Menschen auf einer bestimmten Fläche leben. Das wiederum könnte ein Indikator sein, wie viele dort leben möchten/können/wollen. Wenn also trotz dieser paradiesischen Zustände kaum jemand dort lebt, kann man daraus Schlüsse ziehen. Du folgerst, dass es keine brennenden Autos gibt. Wie gut das mit der Realität vereinbar ist, weißt du ja nun. In der Weise werden auch deine anderen Geschichten einzuordnen sein.
Nun träum schön weiter, kleiner Päter, Fimbulsson oder hinter welchen Namen auch immer du dich noch verstecken magst!