„Schlag in die Magengrube“: OB Vogt besucht Bahnmuseum nach Schließungsankündigung der DB und will sich für Erhalt einsetzen

Die Entscheidung der Deutschen Bahn (DB), das traditionsreiche Bahnmuseum in Halle (Saale) dauerhaft für die Öffentlichkeit zu schließen, sorgt weiterhin für Protest. Künftig soll der Standort lediglich als Depot für historische Lokomotiven dienen – eine Entscheidung, die viele als Abwertung ostdeutscher Eisenbahngeschichte empfinden.
Damit verbleiben lediglich zwei DB-Museen mit öffentlichem Zugang in Koblenz und Nürnberg. Für Eisenbahnfans im Osten verweist die Bahn auf den Museumsbahnsteig in Leipzig, wo einige historische Fahrzeuge ausgestellt werden – doch ein echtes Museum mit pädagogischem Konzept, Ausstellung und Betreuung ist das nicht.
Empörung auf breiter Front
Der hallesche Oberbürgermeister Dr. Alexander Vogt reagierte am Samstag bei einem Besuch des Museums sichtlich bewegt. „Ich bin fast ausgetickt, als ich davon erfahren habe“, sagte er deutlich. Das Schreiben zur Schließung habe ihn am Donnerstagabend erreicht – nur rund zwölf Stunden, bevor auch die Ehrenamtlichen informiert wurden. Für Vogt, der selbst beruflich aus dem Verkehrssektor kommt und familiär tief mit der ostdeutschen Bahngeschichte verbunden ist, ist die Entscheidung nicht nachvollziehbar. Besonders kritisierte er die Kommunikationspolitik der DB: „Das ist ein Schlag in die Magengrube der Ehrenamtlichen. Das ist kein gutes Zeichen. Das Symbol finde ich scheiße – 35 Jahre nach der Einheit.“
Identität und Nachwuchs gefährdet
Vogt sieht in der Entscheidung auch einen kulturpolitischen Fehler mit langfristigen Folgen: „Hier geht es um die Identität der Eisenbahner im Osten.“ Gerade im Hinblick auf den aktuellen Fachkräftemangel spiele das Museum eine wichtige Rolle, um junge Menschen für Bahnberufe zu begeistern. Entsprechend wandte sich der OB bereits mit einem Schreiben an Sachsen-Anhalts Ministerpräsidenten Reiner Haseloff, die Ostbeauftragte der Bundesregierung Elisabeth Kaiser sowie an die neue DB-Personalvorständin Evelyn Palla und den Konzernbevollmächtigten der DB für die Region Mitteldeutschland, Martin Walden.

Tränen und Trotz bei den Ehrenamtlichen
Bei seinem Rundgang durch das Museum traf Vogt auf zahlreiche Ehrenamtliche – viele von ihnen sichtlich betroffen. „Wir haben schlaflose Nächte hinter uns“, sagte einer von ihnen mit Tränen in den Augen. Seit Jahren kümmern sie sich mit viel Herzblut um Pflege, Aufarbeitung und Präsentation der historischen Fahrzeuge. Die nun angekündigte Schließung trifft sie ins Mark.
Unklar bleibt dabei auch, was sich die Bahn durch die Umwidmung des Museums tatsächlich erhofft. Das Gebäude soll bestehen bleiben, die Exponate ebenfalls – lediglich die Öffentlichkeit wird ausgesperrt. Die einzige festangestellte Mitarbeiterin wurde zum Jahresende gekündigt. De facto scheint es also lediglich um die Einsparung einer Personalstelle zu gehen.
Vogt hat inzwischen Norbert Böhnke vom städtischen Fachbereich Kultur mit dem weiteren Vorgehen beauftragt. Böhnke, zuständig für Erinnerungskultur und Stadtgeschichte, soll zusammen mit dem DB-Konzern und möglichen Partnern nach Alternativen suchen.
Widerstand wächst – Petition mit über 2.000 Unterschriften
Der Protest gegen die Schließung ist bereits organisiert: Fast 4.000 Menschen haben eine Petition zum Erhalt des Museums unterzeichnet – Tendenz steigend. Auch Gerd Blumenau, ehemaliger Prokurist der Halleschen Verkehrs AG (HAVAG) und maßgeblicher Kopf hinter dem Projekt „STADTBAHN Halle“, setzt sich vehement für das Museum ein. „Eisenbahntechnisch ist Halle viel wichtiger als Koblenz“, betont er. „Hier bei uns wurde auch geforscht. Der Standort wurde in Eigeninitiative aufgebaut.“
Blumenau sieht im Umgang mit dem Standort ein grundsätzliches Problem: Bereits vor zwei Jahren wurde die Traditionsgemeinschaft, die das Museum einst mit aufgebaut hatte, aus dem Projekt gedrängt – für viele Ehrenamtliche ein erster Schritt in Richtung Schließung.
Zukunftspläne einst – und heute in der Schublade
Dass es auch anders hätte kommen können, daran erinnern sich viele Beteiligte gut. Einst gab es Pläne, das Museum vom aktuellen Standort an der Steintorbrücke in eine größere Halle an der Berliner Brücke umzusiedeln – eine Aufwertung, die dem Stellenwert des Standorts gerecht geworden wäre. Doch mit dem Amtsantritt des aktuellen Leiters der drei DB-Museen (Nürnberg, Koblenz und Halle) verschwanden diese Visionen aus der Planung.
Zur Petition: https://chng.it/KsDZWDSM9m





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