Alexander Terhorst zum Apron-Sommertheater
Während die staatlichen Kultureinrichtungen im Sommer größtenteils pausieren, erwacht in der Saalestadt die freie Theaterszene. Zu einer festen Größe gehört das Sommertheater des Vereins Apron. Im Interview mit Jörg Wiesner verrät Alexander Terhorst, was die Zuschauer in diesem Jahr erwartet.
Das Sommertheaterstück heißt in diesem Jahr „Sarg zu, Augen auf“. Worum geht es?
Es ist eine aus den Fugen geratene Familientrauerfeier. Der Vater der Familie wird beigesetzt und es treten Dinge zutage, die der Trauerfeier einen absurden Verlauf geben. Das Familientreffen wird dabei auf die Spitze getrieben und der Zuschauer bekommt einen Einblick in den Mikrokosmos einer zehnköpfigen Familie aus der Händelstadt. Am Ende geht es vor allem um eine Frage: Welches Bild bleibt von mir, wenn ich nicht mehr bin?
Der Tod ist ja nicht per se ein lustiges Thema…
…richtig. Es beginnt als angemessene Trauerfeier mit Respekt gegenüber dem Toten. Es entwickelt sich dann allerdings zu einer sehr schwarzen, britischen Komödie. Trotz eines teilweisen Verlusts des Respekts bleibt es dennoch immer angemessen.
Der Umgang mit dem Thema Tod ist in Deutschland bis heute eher schwierig. Es wird häufig weggeschoben – und wenn es dann doch sein muss, versucht man, es möglichst schnell hinter sich zu bringen. Dennoch gibt es auch hier neuere Wege, mit dem Tod umzugehen. Sei es durch alternative Bestattungsformen wie Waldbestattung oder eine Gestaltung der Trauerfeier nach dem Lebensstil des Toten, zum Beispiel durch die Auswahl der Musik. Genau diese alternative Herangehensweise versuchen wir mit unserem Stück. Wir versuchen, mit dem ernsten Thema respektvoll umzugehen, ohne dabei unser Grundanliegen – ein heiterer Abend im Burggraben – zu vergessen.
Seit wann gibt es das Sommertheater?
Bereits seit 1998 bieten wir ein Sommerstück an – seit fünf Jahren in der jetzigen Größe. Der Zuspruch der Zuschauer hat deutlich zugenommen. Sicherlich hat es mit unserer Mischung aus Schauspiel- und Volkstheater zu tun. Volkstheater verstehen wir im besten Wortsinne: nah an den Menschen und an den Themen, welche die Menschen bewegen. Wir wollen verständlich bleiben und unsere Stücke nicht zu stark verklausulieren. Bei dieser Art von Theater ist es direkt ablesbar, ob das Stück funktioniert oder nicht. Im Vergleich dazu können sich Künstler bei verklausulierten Stücken immer hinter der Kunst verstecken. Bei einer Komödie mit einer klaren Geschichte und klaren Charakteren ist es sehr leicht erkennbar, ob die Pointen funktionieren. Für mich ist die absolut hohe Kunst, wenn ich beides miteinander verbinden kann: Nicht nur dem Publikumswillen hinterher hecheln und dennoch nah am Zuschauer sein.
Wo findet ihr die Ideen für die Stücke?
Wir lassen uns von anderen Theaterstücken oder Filmen inspirieren. Ausgehend davon entwickeln wir unsere Erzählung, die Örtlichkeiten, handelnde Personen und die Dramaturgie. Im aktuellen Stück kam die Inspiration von der englischen Komödie „Sterben für Anfänger“.
Wie erfolgt die Auswahl der Stücke?
Ein gutes Jahr vor der Aufführung setzen wir uns zusammen. Wir heißt in diesem Fall die Vereinsmitglieder, da unsere Theatergruppe Apron als Verein organisiert ist. Ich selbst bin jetzt seit vier Jahren als Drehbuchschreiber und Regisseur in Verantwortung. Dabei versuche ich, Stücke vorzuschlagen, die mir liegen. Es ist eine Kombination aus Comedy, Kabarett, Improvisationstheater und Schauspiel. In meiner Kindheit habe ich durch die Schauspielertätigkeit meines Vaters, der in der DDR unter anderem in Schwänken mitgewirkt hat, diese Art von Theater aufgesogen. Selbst bin ich seit den 1990er Jahren vor allem im Schauspiel unterwegs und vermische mein Engagement bei Apron zusätzlich mit meinen Kindheitserlebnissen.
Über welche Wege wird das Stück finanziert?
Die Finanzierung kommt aus verschiedenen Quellen. Besonders positiv kann ich an dieser Stelle die finanzielle Unterstützung der Stadt Halle erwähnen. Während es lange Zeit nur sehr wenig Geld gab, ist die jährliche Unterstützung der freien halleschen Kulturszene auf 300 000 Euro angestiegen. Auch wir erhalten von der Stadt Halle für unser Stück eine Förderung. Mit diesem Geld können wir einen Teil der Ausgaben für die zehn Schauspieler, die Requisiten, die Logistik und die Werbung bezahlen.
Ein weiterer Teil des Budgets wird durch die Einnahmen aus den Eintrittskarten abgedeckt. Im Vergleich zu anderen Städten sind unsere Eintrittspreise mit zehn bzw. fünfzehn Euro dennoch sehr moderat. Außerdem unterstützt uns die HWG, die Hallesche Wohnungsgesellschaft, durch ein Sponsoring und der Verein Turm, der uns den Burggraben zur Verfügung stellt.
Das Sommerstück findet, wie schon erwähnt, im Graben der Moritzburg statt. Welcher Bühnenort würde Sie in Halle noch reizen?
Sehr reizvoll finde ich die Saale, also das Wasser. Ich könnte mir vorstellen, dass die Zuschauer am Ufer sitzen und wir, die Schauspieler, uns auf dem Wasser befinden. Sei es auf einem Boot, einem Floß oder etwas anderes. Spannend fände ich das Thema Hochwasser. Aber auch das Peißnitzhaus kann ich mir als Spielstätte sehr gut vorstellen.
Doch zunächst dürfen sich die Zuschauer auf einen schönen Abend im Burggraben freuen?
Selbstverständlich. Wir freuen uns auf einen schönen Sommer, ein tolles Stück und darauf, dass die Zuschauer und wir Spaß haben. Und alle, die in den letzten Jahren schon unsere Gäste waren, kennen unser Recyclingkartenprinzip: Jeder Gast kann sich die Vorstellung noch einmal kostenlos anschauen, wenn er eine zahlende Begleitung mitbringt.
Vielen Dank für das Interview!
Premiere von „Sarg zu – Augen auf“ ist am 4. Juli, 19.00 Uhr | Alle Infos, Termine und Karten sind unter https://www.apron.de zu finden.
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