Franckesche Stiftungen starten mit internationalen Gästen ins Jahresprogramm
Sachsen-Anhalt feiert in diesem Jahr die Reformation. Und die steht auch in den Franckeschen Stiftungen im Mittelpunkt. Mit einem Festakt zur Francke-Feier wurde am Samstag im Freylinghausensaal das Jahresprogramm unter dem Motto „Fragen stellen, Impulse setzen. Reformationen verantworten“ eröffnet. Anwesend waren Botschafter, hochrangige Diplomaten und Kirchenvertreter aus Dänemark, Großbritannien, Indien, Polen, USA, Ungarn, Rumänien und Russland, daneben die Generalkonsulin in Danzig Cornelia Pieper, die Bundestagsabgeordneten Karamba Diaby (SPD), Petra Sitte (Linke) und Christoph Bergner (CDU).
Er sei glücklich, so viele internationale Gäste begrüßen zu dürfen, so Stiftungs-Direktor Thomas Müller-Bahlke. „Ihre Anwesenheit unterstreicht einmal mehr die Bedeutung der Franckeschen Stiftungen weit über die Grenzen der Stadt und des Landes hinaus.“ Francke habe die Impulse der Reformation aufgesogen und als Arbeitsauftrag interpretiert. „Für Francke war die Reformation kein abgeschlossenes Ereignis, sondern der Beginn, der erste Höhepunkt eines Umwandlungsprozesses, der an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit eingesetzt hatte und der zu seiner Lebenszeit nichts von Aktualität eingebüßt hatte.“ Francke habe zahlreiche Initiativen der Reformation mit neuem Schwung versehen und entsprechend der Erfordernisse des 18. Jahrhunderts weitergeführt, so eine umfassende Sozial- und Gesellschaftsreform mit Hilfe der Bildung herbeizuführen. Dank des technischen Fortschritts habe Francke einige zu Beginn der Reformation noch illusorische Forderungen umsetzen können, so die massenhafte Verbreitung von Bibeln durch den Buchdruck. So hatte er in seinen Glauchschen Anstalten die erste Bibelanstalt der Welt gegründet. Seit 1712 wurden dort Millionen von Bibeln gedruckt. Auch die systematische Verbreitung des Luthertums außerhalb Europas sei Francke zu verdanken, so Müller-Bahlke, wie die erste dauerhafte protestantische Mission in Südindien, aber auch die Gründung des ersten vom Staat unabhängigen lutherischen Kirchenwesens in Nordamerika. Über diese historische Bedeutung hinaus hätten die Franckeschen Stiftungen aber auch heute noch das Zeug dazu, die Ideen und Impulse der Reformation auch heute noch lebendig zu halten. Eine Aufgabe bestehe darin, die Gesellschaft durch Bildung zu verbessern.
Die Wirkungskraft des Thesenanschlags Martin Luthers vor 500 Jahren sei bis heute zu spüren, sagte die stellvertretende Ministerpräsidentin und Sozialministerin Petra Grimm-Benne. Das Reformationsjubiläum biete die Chance, Sachsen-Anhalt und seine Kulturlandschaft einem internationalen Publikum zu präsentieren. Mit dem Lutherjahr gehe das ganze Land auf Spurensuche nach dem Leben und Wirken des Reformators. Grimm-Benne begrüßte die internationale Ausrichtung der Francke-Feier, „denn Vielfalt schafft Werte.“ Auch heute noch gelte in Halle Franckes pädagogisches Konzept, das Menschen aus allen gesellschaftlichen Ständen eine lebensnahe Bildung ermögliche. „Wir nennen es heute Chancengerechtigkeit.“ Bildung sei der Schlüssel zur Welt und zu Gott.
Landesbischöfin Ilse Junkermann sagte, „die Reformation geht weiter.“ In der heutigen globalen Gesellschaft müsse man neben Martin Luther auch die anderen Reformatoren und Reformatorinnen entdecken und würdigen. „Und damit die Reformation als ein Zusammenwirken vieler zu begreifen.“ Auch die Wurzeln der Demokratie könne man in der Reformation erkennen. Die Reformation wirke bis heute. Neben den Erträgen müsse man aber auch die Schattenseiten des Reformators betrachten, wie seinen Antijudaismus und sein Verhältnis zu den aufständischen Bauern. „Die Reformation geht weiter, auch in dem Sinne, dass wir den bisweilen engen Blick des Reformators weiten und ihn deshalb auch zu Recht kritisieren müssen.“
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