„Oury Jalloh – Aufklärung jetzt!“: Demo gegen Polizeigewalt zieht durch Halle

„Oury Jalloh, das war Mord, „Was sind Polizisten, Nazis und Rassisten“, „Fuck The Police“ und „Wer schweigt stimmt zu“ schallte am Samstagnachmittag durch Halles Straßen. Unter dem Motto „Oury Jalloh – Aufklärung jetzt! Gegen Polizeigewalt und institutionellen Rassismus!“ zogen rund 400 Personen durch die hallesche Innenstadt.
Los ging es vom Steintor aus zum Joliot-Curie-Platz, Markt, Hallmarkt, Glauchaer Platz, Franckeplatz, Leipziger Turm und Riebeckplatz. Mehrere Straßen waren gesperrt, es kam auch zu Behinderungen im Straßenbahnverkehr. Laut Polizei zählte die Demo rund 400 Teilnehmer. Die Polizei sicherte mit 200 Beamten ab. Im Einsatz waen auch Konfliktmanager der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd. Sie musste aber nicht tätig werden.
Anlass der Demo waren neue Berichte zum Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle. Dort war er unter bis heute ungeklärten Umständen am 07. Januar 2005 verbrannt. Er war an einer Liege fixiert. Die Demo-Organisatoren wiesen darauf hin, dass unabhängige Gutachter in den vergangenen Jahren immer wieder die offizielle These von der Selbstentzündung Jallohs fachlich in Frage gestellt hätte. Ein Gutachten der Uni Würzburg für die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau habe die „Selbstentzündungsthese grundsätzlich ausgeschlossen.“
Man sehe im Handeln der Staatsanwaltschaft einen eklatanten Verstoß gegen das Legalitätsprinzip, erklärten die Organisatoren. Die Sachverständigenmeinungen seien von der für den Fall zuständigen Staatsanwaltschaft Halle bewusst falsch dargestellt worden. Auch vermute man eine Einflussnahme des Justizministeriums. Ein Gericht in Dessau habe ausdrücklich festgestellt, dass Polizisten die Ermittlungen sabotiert und vor Gericht gelogen hätten, hieß es in Redebeiträgen. Das Feuerzeug, mit dem Jalloh angeblich die Matratze entzündet haben soll, sei erst drei Tage später entdeckt worde, es habe weder DNA-Spuren noch Gewebereste seiner Kleidung an diesem gegeben. Der Dienststellenleiter habe mehrfach den Brandmelder ausgeschlatet und ignoriert. Auch seien eine Anwesenheitsliste und Videoaufzeichnungen aus der Wache verschwunden. Zudem gebe es Hinweise, dass Zeugen aus den Reihen der Polizei manipuliert und eingeschüchtert wurden. „Rassismus, Gewalt und Korpsgeist in den Reihen der Polizei“ seien keine Ausnahme.
Neben dem Tod Jallohs ging es den Teilnehmern auch um „institutionellen Rassismus“. Dieser mache sich in Maßnahmen wie dem „racial profiling“ oder in der Blindheit der Polizei bei den Ermittlungen nach den NSU-Morden bemerkbar. „Der institutionelle Rassismus ist dabei verschränkt mit dem Alltagsrassismus einzelner Polizisten“, erklären die Organisatoren. „Gleichzeitig herrscht in den Reihen der Polizei eine Kultur der Straffreiheit und des Täterschutzes – PolizistInnen haben nicht nur oft das Gefühl, über dem Recht zu stehen – sie stehen es auch wirklich. Nur zwei Prozent der Anzeigen wegen Polizeigewalt werden verfolgt.“
Aufgerufen zu der Kundgebung hatten das Bündnis „Oury Jalloh – Aufklärung jetzt!“, der Arbeitskreis Kritischer Jurist_innen Halle, Halle gegen Rechts – Bündnis für Zivilcourage, AK Aufklärung im Fall Oury Jalloh, AK Protest des Studierendenrates der Universität Halle, Offenes Antifaplenum Halle, Interventionistische Linke Halle, No Lager Halle. antirassistisch – solidarisch – aktiv für die Rechte von Flüchtlingen, Geko – Gesellschaftskritische Odyssee, Prisma. Interventionistische Linke Leipzig, GRÜNE JUGEND Halle, SDS Halle, Linksjugend [‘solid] Halle.
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