HEP-PR-Runde zum Einzelhandel: Globus-Projekt nicht nachhaltig im Sinne der Kunden

Im Kampf um den Globus-Bau in der Dieselstraße in Halle haben der Hallesche Einkaufspark (HEP) in Bruckdorf und Kaufland eine PR-Agentur aus Dresden ins Boot geholt. Und die hat am Donnerstagabend eine Podiumsveranstaltung im Dorint-Hotel veranstaltet. Rechtsanwälte und Marktforscher waren eingeladen – und die äußerten sich im Fazit – wenig überraschend – gegen den Globus-Bau.
Im Podium saßen Maximilian Lehnert (Rechtsanwalt, Evershed Sutherland), Siegmar Gumz (Verkehrsplaner und Geschäftsführer Hoffmann-Leichter Ingenieurgesellschaft mbH), Thomas Johaé (Geschäftsführer Zappendorfer – Johaé GmbH & Co. KG Fleischprodukte), Dr. Manfred Stopfkuchen-Menzel (Vorsitzender Richter am VGH Baden-Württemberg a.D. / RITTERHAUS Rechtsanwälte), Sandra Emmerling (Dr. Lademann & Partner, Gesellschaft für Unternehmens- und Kommunalberatung mbH), Dr. Stefan Holl (Geschäftsführer GMA, Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH) sowie Dr. Helge-Heinz Heinker als Moderator.
Die mit dem Einzelhandels- und Zentrenkonzept gewollte städtebauliche Ordnung werde in Halle (Saale) derzeit unterlaufen, indem sie für Investorenwünsche passend gemacht werde, hieß es. Dr. Stefan Holl, leitender Markt- und Absatzforscher bei GMA, sagte dazu: „Im Blick auf die Kunden und den Handel ist das Projekt in der Dieselstraße nicht nachhaltig. Heute sind andere Stadtkonzepte gefragt als vor 25 Jahren. Die Stadtzentren und das Leben in ihnen muss gestärkt werden. Einen Standort für reine Autokunden auf der grünen Wiese plant man heute so nicht mehr. Halle braucht für seine Innenstadt eine wirkliche Entwicklungsstrategie, um wieder ein attraktives und anziehendes Zentrum zu erhalten. Der Standort Dieselstraße leistet keinen Beitrag zur Innenstadtentwicklung. Vor diesem Hintergrund verstehe ich die Eile nicht, mit der in Halle nun ein neuer großer Einzelhandelsstandort ohne Anbindung an die City durchgepeitscht werden soll.“
Verkehrsgutachter Siegmar Gumz dazu weiter: „Aus verkehrsplanerischer Sicht ist es sinnvoller, einen Innenstadtstandort zu entwickeln anstatt einen Standort in peripherer Lage, auch im Hinblick auf die Vermeidung zusätzlicher CO2-Produktion. Wenn man dann trotzdem als Stadt eine periphere Lage entwickelt, dann muss man ganz genau hinsehen, damit keine Verkehrsüberlastungen entstehen. Nach aktuellem Kenntnisstand ist dies bei dieser Planung aber genau der Fall. Die Leistungsfähigkeit des Knotenpunktes Merseburger Straße/Dieselstraße ist nicht ausreichend.“
Halle (Saale) versäume es darüber hinaus, so das Expertenpodium, die Bevölkerungsentwicklung im Süden der Stadt mit zu berücksichtigen. Hier gibt es keine erkennbare positive Entwicklung für die betreffenden Stadtteile, im Gegenteil: Seit Jahren ist eine stetig rückläufige Einwohnerentwicklung in der Südstadt zu beobachten. Auch von einer sorgfältigen Stadtplanung kann nicht die Rede sein.
Die Unternehmens- und Kommunalberaterin Sandra Emmerling von Dr. Lademann & Partner appellierte an die Verantwortlichen: „Die Nachnutzungsoptionen im HEP sind nun bekannt und werden grundlegend anders sein, als bisher durch BBE unterstellt. Gerade für die Südstadt wird das Risiko einer Schädigung ansteigen. Ich plädiere dafür, dass sich der Stadtrat sorgfältig mit den Gutachten und Bedenken auseinandersetzt und in Ruhe die Abwägung der Entscheidungsfolgen vornimmt; dies umso mehr, da doch für alle bestehenden Marktteilnehmer im Lebensmitteleinzelhandel gleiche Spielregeln für eine maßvolle Verkaufsflächenentwicklung gelten sollten.“
Am Beispiel des Globus-Projektes in der Dieselstraße lasse sich exemplarisch die sehr hemdsärmelige Wirtschaftspolitik von Oberbürgermeister und Rathaus nachzeichnen. Denn ohne Rücksicht auf Verluste nimmt man wissentlich die Glaubwürdigkeit gegenüber Investoren in Kauf, und dies für einen gigantischen Solitärstandort, der nur auf Autokunden setzt und damit die nicht so mobilen Senioren links liegen lässt. Ein Verkehrschaos ist so vorprogrammiert.
Thomas Johaé, Geschäftsführer von Zappendorfer Fleischprodukte unterstrich: „Die Realisierung eines 10.000 m2 Vollsortimenters in der Dieselstraße hat eine solche Sogwirkung auf den vorhandenen Einzelhandel. Speziell bei Familienunternehmen und kleinen Mittelständlern wird die bereits angespannte wirtschaftliche Situation nochmals deutlich verschärft. Man kann es schon fast als aktive Sterbehilfe bezeichnen.“
Maximilian Dehnert, Jurist von Eversheds Sutherland, sagt hierzu: „Der Stadtrat steht nunmehr in der Verantwortung zu prüfen, ob er unter Beachtung aller dieser Aspekte den Bebauungsplan haben will, ihn für abgewogen hält und formell rechtmäßig. Meines Erachtens ist dies nicht der Fall.“
Dr. Manfred Stopfkuchen-Menzel, ehemaliger Verwaltungsrichter und Baurechtsexperte, brachte es auf den Punkt: „Es ist Aufgabe des Stadtrates, einen rechtssicheren Plan zu beschließen und dazu ist es erforderlich, die Unterlagen genau zu prüfen. Das ist nach meinem Kenntnisstand bisher nicht geschehen.“ Das Verfahren weist wesentliche Rechtsmängel infolge einer Vielzahl an Verfahrensfehlern auf. Daher wurde dem Stadtrat die Empfehlung ausgesprochen, die Beschlussfassung zu vertagen und zu prüfen, ob nicht sogar eine nochmalige Offenlage notwendig ist.
Alles in allem sei es für Halle (Saale) an der Zeit, und da waren sich alle Podiumsteilnehmer einig, endlich eine durchdachtere und stringentere Stadtplanung an den Tag zu legen, gerade vor dem Hintergrund, die Stadt mit der Metropole Leipzig vor der Tür wettbewerbsfähiger zu machen, heißt es in einer Erklärung der PR-Agentur zur Veranstaltung.
Foto: meeco Communication Services
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