Kriminelle Rockerbanden in Sachsen-Anhalt: 50 Verfahren in den letzten 5 Jahren, aktuell mehr als 200 Mitglieder, SPD-Landtagsabgeordneter fordert Entwaffnung

In den letzten Jahren gab es auch in Halle (Saale) einige Schießereien im Rockermilieu, so am Leipziger Turm, in der Köthener Straße und der Murmansker Straße. Zumindest in letzter Zeit war es zumindest in der Saalestadt ruhig.

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Rüdiger Erben, hat die Landesregierung nach aktuellen Erkenntnissen zu Struktur und Mitgliederzahlen der Rockerszene in Sachsen-Anhalt gefragt. Aus der Antwort geht hervor, dass es in den letzten Jahren kaum Veränderungen bei „Outlaw Motorcycle Gangs“ (OMCG), Supportergruppierungen und rockerähnlichen Gruppierungen gegeben hat. Viele Ermittlungsverfahren wegen Straftaten, die diesen Gruppierungen zugerechnet werden, verliefen in den letzten Jahren ins Leere.

Bedenklich findet der SPD-Politiker, dass für die Waffenbehörden in Sachsen-Anhalt der Zusammenhang zwischen Rockerszene und Waffen offensichtlich kein Thema ist. So heißt es in der Antwort: „Grundsätzlich besteht seitens der Waffenbehörden keine rechtliche Verpflichtung zu einer statistischen Erfassung bzw. Zuordnung zu einer der in Frage 1 aufgeführten Gruppierungen bei der Erteilung von Waffenverboten nach § 41 Abs. 1 und 2 Waffengesetz. Gleichwohl wurde bei einer seitens der Waffenbehörden durchgeführten Erhebung im Sinne der Fragestellung sowohl im Jahr 2020 als auch im Jahr 2022 jeweils ein Fall behördlich registriert. Das Recherchergebnis ist jedoch aus den zuvorgenannten Gründen nicht valide.“ Die Behörden des Landes wissen von rund 200 Personen, die Mitglieder sind. Bei 7 Rockerclubs ist jedoch die Zahl der Mitglieder unbekannt.

Erben drängt deshalb darauf, dass das Innenministerium dem Beispiel anderer Bundesländer folgt und die Waffenbehörden anweist, sich diesem Phänomenbereich zu widmen. Diese sprechen ein generelles Waffenbesitzverbot für Angehörige von Gangs aus.

Das generelle Waffenbesitz-Verbot für Motorradrocker sei nach drei Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts möglich, wonach die waffenrechtliche Zuverlässigkeit ausnahmsweise allein aufgrund der Gruppenzugehörigkeit einer Person in Frage gestellt werden könne, hieß es weiter. Bei Mitgliedern von „Outlaw Motorcycle Gangs“ bestehe aufgrund des starken Loyalitätsdrucks und der hohen Gewaltbereitschaft eine hohe Gefahr des missbräuchlichen Umgangs mit Waffen, auch bei bislang nicht in Erscheinung getretenen Mitgliedern.

Erben: „Ich erwarte, dass auch Sachsen-Anhalt die Möglichkeiten des Bundesverwaltungsgerichts nutzt und die Mitglieder der Rockerszene in Sachsen-Anhalt entwaffnet. Waffen und Rockerszene sind eine gefährliche Mischung. Dem müssen die Waffenbehörden entgegentreten.“

In den letzten fünf Jahren gab es 50 Verfahren:

Im Jahr 2018 wurden in Sachsen-Anhalt 24 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Zwei Verfahren endeten mit Verhängung einer Geldstrafe. 19 Verfahren wurden auf Grund der nicht nachweisbaren Täterschaft sowie ein Verfahren auf Grund des fehlenden hinreichenden Tatverdachtes nach § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) eingestellt. Des Weiteren wurde ein Verfahren zuständigkeitshalber an die Staasanwaltschaft des Landes Niedersachsen abgegeben, so dass der Landesregierung zum Verfahrensausgang keine Erkenntnisse vorliegen. In einem Ermittlungverfahren erfolgte die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe und Unterbringung nach § 64 Strafgesetzbuch. Im Jahr 2019 wurden acht Ermittlungsverfahren eingeleitet. In einem Verfahren wurde ein Strafbefehl verhängt, sechs Verfahren wurden auf Grund nicht nachweisbarer Täterschaft eingestellt und in einem Fall erfolgte ebenfalls eine Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO, da kein Täter ermittelt werden konnte. Von den sechs im Jahr 2020 eingeleiteten Ermittlungsverfahren, wurden drei Ermittlungsverfahren auf Grund nicht nachweisbarer Täterschaft nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt und in einem weiteren Verfahren wurde auf den Privatklageweg verwiesen. Zwei Ermittlungsverfahren sind noch nicht abgeschlosen. Für das Jahr 2021 werden sieben Ermittlungsverfahren ausgewiesen, wovon vier Verfahren auf Grund nicht nachweisbarer Täterschaft nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden. In einem Verfahren erfolgte eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe. Ein weiteres Verfahren wurde nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da kein Täter ermittelt werden konnte. Zu einem Ermittlungsverfahren liegen der Landespolizei keine Erkenntnisse zum Ausgang des Verfahrens vor. Im Jahr 2022 wurden fünf Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Ermittlungen hierzu sind noch nicht abgeschlossen.