“Mit dem Rollstuhl in die Tatra-Bahn”: Buch über Menschen mit Behinderungen in der DDR am Beispiel von Halle erschienen

Ein Buch der Autorin Ulrike Winkler widmet sich dem Alltag von Rollstuhlfahrern in der DDR. Unter anderem geht es um Lebensbedingungen und materielle Barrieren. Neue Archivalien wurden ausgewertet, bisher unveröffentlichte Fotos sind in dem Buch zu sehen.
Menschen mit Behinderungen spielen in der Forschung zur Sozialgeschichte der DDR bislang kaum eine Rolle. Dabei gewährt die Einnahme ihrer spezifischen Perspektive neue und luzide Einblicke in ein System von „komplexer Rehabilitation“, staatlichem Paternalismus und Selbstermächtigung. Am Beispiel der architektonischen Gegebenheiten der „alten Stadt“ Halle (Saale) und der „sozialistischen Stadt“ Halle-Neustadt wird erstmals der Frage nach barrierefreiem Bauen in der DDR und einer entsprechenden Gestaltung privater und öffentlicher Räume aus der Perspektive von Menschen mit Behinderungen und von staatlichen Stellen nachgegangen. Dafür hat die Autorin unter anderem mit Betroffenen, Angehörigen oder auch damaligen Architekten gesprochen.
Man hat auch damals durchaus Wert auf barrierefreie Lösungen gelegt, wovon der einstige Stadtarchitekt Wulf Brandstädter berichtet. So wurden im Neubaugebiet Brunos Warte die Türen breiter angelegt. Auch der Umbau der Klement-Gottwald-Straße (Heute: Leipziger Straße) zur Fußgängerzone ohne Bordsteine kam Rollstuhlfahrern entgegen. Anders war es zum Beispiel bei den Tatra-Straßenbahnen mit ihrem hohen Einstieg.
Autorin Dr. Ulrike Winkler, geb. 1966, studierte Politik-, Rechts- und Erziehungswissenschaften an der Philipps-Universität Marburg. 2019 bis 2022 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Verbundprojekt „DisHist Menschen mit Behinderungen in der DDR: Teilprojekt Mobilitätstechnik und gebaute Umwelt“ an der Universität der Bundeswehr München. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Geschichte von Menschen mit Behinderungen.
Das Buch “Mit dem Rollstuhl in die Tatra-Bahn – Menschen mit Behinderungen in der DDR: Lebensbedingungen und materielle Barrieren” ist im Mitteldeutschen Verlag erschienen , kostet 32 Euro und hat die ISBN 978-3-96311-641-4.
Ich glaube bei letzterem war Barrierefreiheit eher ein zufälliger Nebeneffekt. Barrierefreiheit war bis vor 20–30 Jahren einfach überhaupt kein Thema, aber es ist auch irgendwie müßig, sich über vergangene Unzulänglichkeiten Gedanken zu machen, die längst von anderen Sichtweisen überholt wurden. Ja, die Straßenbahnen waren damals nicht barrierefrei. Aber heute sind sie’s, und daher: na und? Im Mittelalter gab’s noch nicht mal Rollstühle. Die Zeiten ändern sich halt.
Ich finde, es kann nicht schaden, sich in Erinnerung zu rufen, dass Barrierefreiheit eine mühsam errungene Entwicklung ist. Und sie wird immer noch oft genug mit Füßen getreten. Siehe die hiesigen gehässigen Kommentare über die Kabelbrücken auf dem Weihnachtsmarkt. Siehe die Rücksichtslosigkeit mancher Autofahrer, die abgesenkte Bordsteine und Blindenleitsysteme einfach so zuparken, um er eigenen Bequemlichkeit willen.
Du würdest selbst über deine eigenen Füße stolpern um irgendeine Ungerechtigkeit zu erfinden.
Ich liebe diese Bahn, würde jedem Rollifahrer helfen, käme sie wieder zum Einsatz.
Reisetlpp: Prag, dort fährt sie noch 😊
Ich auch
Dieses Buch sollte an Menschen mit Behinderungen kostenlos abgegeben werden. Stattdessen wird ein happiger Preis von 32€ angesetzt. Wer sonst soll sich für dieses Buch interessieren, als Menschen mit Behinderungen? Die aufgrund ihrer Behinderung in der kapitalistischen Marktwirtschaft nur ein kleines Einkommen haben, ergo sich das Buch garnicht leisten können.
Westdeutscher Import.Kwine Ahnung die Dame.
Sie wollen uns erzählen 😁
Kapitalismus und Behinderung. Wieder zwei Themen über die nochmal nachlesen solltest. In Büchern oder so.
Du könntest ein paar Exemplare kaufen und dann Bibliothek spielen.
Wird ein Bestseller – ganz sicher 😉
Wieso arbeitet jemand aus München auf, wie sich Rollstuhlfahrer in der DDR fühlten. Gibt es denn in München diesbezüglich nichts aufzuarbeiten? Spoiler: Na klar gibt es da genug, aber das interessiert keinen Menschen. In der Vergangenheit rühren macht nur Spaß, wenn man der Gewinner ist und sich wieder und wieder und wieder über die Primitiven erheben kann.