„Unsozial“: Aktivisten entfernen S der halleschen SPD
Aktivisten haben am Samstag bei der halleschen SPD das “S” entfernt. An verschiedene Medien haben sie eine Email geschickt, in denen sie sich als Vertreter der SPD ausgeben. Die Rede ist beispielsweise von einer stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Kathrin Kuntz. Die gibt es freilich nicht, aber die Partei hat tatsächlich eine Stadträtin mit dem Namen Katharina Hintz. In der angeblichen SPD Mitteilung ist davon die Rede, ein Consulting-Institut habe dazu geraten, weil die Wähler enttäuscht seien, dass die Partei keine sozialen Werte mehr vertritt. Wer hinter der Aktion steckt ist zwar unklar. Allerdings ist in der Mitteilung auch vom Hasi die Rede, dem besetzten Haus in der Hafenstraße. Anbei dokumentieren wir unkommentiert die angebliche Mitteilung der halleschen SPD.
Als Antwort auf das anhaltende Umfragetief der SPD wurde die Firma „Motz Consulting GmbH“ damit beauftragt, die Gründe für die fehlende Zustimmung zu analysieren. „Umfangreiche Datenauswertungen haben ergeben, dass die Wählerinnen und Wähler enttäuscht darüber sind, dass die SPD keine sozialen Werte vertritt“, so die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Kathrin Kuntz. „Anfangs wussten wir überhaupt nicht, was damit gemeint sein könnte“, fügt sie lächelnd hinzu. Doch die Mitarbeiter der „Motz Consulting GmbH“ hätten sich viel Zeit genommen und das Problem erklärt. „Die SPD wird in der Bevölkerung bis heute als Partei der sozialen Gerechtigkeit wahrgenommen“, fasst Kuntz die Erkenntnisse zusammen. „Unsere Politik spiegelt das allerdings nicht wider: Ob Hartz-IV-Gesetzgebung, Waffendeals mit der Türkei oder das Ende des Familiennachzugs – wer soziale Maßstäbe an unsere Politik anlegt, kann tatsächlich nur wütend und enttäuscht sein.“
Das Problem zeige sich nicht nur auf Bundesebene, sondern reiche weit hinein in die lokale Politik. So sei gegenüber des soziokulturellen Zentrums „Hasi“ in Halle wiederholt Wertschätzung und Unterstützung für das Engagement ausgesprochen worden. Zugleich hat die SPD im Stadtrat von Halle am 28.2.2018 für die Schließung der „Hasi“ votiert und wird dem Projekt somit ein Ende setzen. „Viele Menschen verstehen das nicht. Und auch für uns als Parteimitglieder wird es immer schwieriger, diese Widersprüche unter einen Hut zu bringen“, zeigt sich Kuntz besorgt.
Die Befürworterinnen und Befürworter des soziokulturellen Projektes hätten bei einer Demonstration im Anschluss an den Stadtratsbeschluss gerufen: ‚Wer hat uns verraten? – Sozialdemokraten!‘. Danach sei dem Stadtverband der SPD endgültig die Hutschnur gerissen und man habe Konsequenzen gezogen. „Um diesen zutiefst undemokratischen Anfeindungen nicht weiter ausgesetzt zu sein, haben wir uns zu einem klarenSchritt entschlossen“, so Fraktionsvorsitzender Johann Kruse. „Unter dem Motto ‚Problem erkannt – Problem gebannt‘ wird ab heute der Buchstabe ‚S‘ aus dem Namen der Partei gestrichen“. Das ‚S‘ steht für ‚sozialdemokratisch‘ und ist aus Sicht von Kruse „einfach nicht mehr zeitgemäß“. Man hoffe, mit der Neubenennung in ‚PD – Partei Deutschlands‘ den Wind aus den Segeln von Kritikerinnen und Kritikern zu nehmen. Hierzu erklärt Kruse:„Von nun an perlen die Vorwürfe des Verrats und der Verlogenheit an uns ab – wir verfolgen eine klare Linie, gegen die niemand etwas sagen kann.“
Damit es nicht bei Worten bleibt, hat der Stadtverband Halle (Saale) Tatsachen geschaffen, und den Buchstaben ‚S‘ an dem Parteigebäude provisorisch verhangen. Mittelfristig wolle man das ‚S‘ durch einen passenderen Buchstaben ersetzen. „Mein persönlicher Favorit wäre das ‚G‘ für ‚Grau‘“, teilt Kuntz mit. „Denn für uns ist die Welt komplex, sie lässt sich nicht in schwarz oder weiß, Gut oder Böse einteilen, sondern es gibt jede Menge Schattierungen dazwischen – eben Grau.“ Ob ihr Vorschlag der Namensänderung in ‚GPD‘ angenommen wird, muss ein Mitgliederentscheid Ende Juni zeigen. Die PD empfiehlt ihrer Koalitionspartnerin CDU unterdessen eine ähnliche Namensüberprüfung: „Auch das ‚C‘ hat bei der CDU nichts zu suchen. Allerdings hat die Partei den Vorteil, dass nur Wenige die Bedeutung dahinter verstehen.“
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