Geburtstagsgeschenk: mehr als 60.000 Euro für‘s Stadtbad
Ein pralles Geburtstagsgeschenk gab es heute für das Stadtbad in Halle. Zum 101. Geburtstag wurde die Crowdfunding-Kampagne zur Sanierung der historischen Fenster in der Frauenhalle erfolgreich beendet. 15.889 Euro kamen zusammen, das Ziel von 15.000 wurde damit erreicht. 121 Personen haben in den vergangenen Wochen gespendet.
Das Barometer der seit November 2015 laufenden Spendenaktion liegt bei 34.209 Euro. Insgesamt konnten heute 50.098 Euro übergeben werden. Das sind zwei Drittel der benötigten 64.000 Euro für die Fenster. „Das ist ein schöner Grundstock. Nun können wir mit der Erneuerung der Stichkappenfenster beginnen“, freut sich Annette Waldenburger, Geschäftsführerin der Bäder Halle GmbH.
Weitere 10.001 Euro stellte der Förderverein zum Geburtstag zur Verfügung als Gutschein zur Verfügung. Diese Mittel sind für Reparaturen vorgesehen, um den Badetrieb möglichst ohne Ausfallzeiten zu gewährleisten. Denn bei einer so hochbetagten Jubilarin ist es nicht verwunderlich, wenn es hier und da nicht mehr ganz rund läuft, sagt der Förderverein. Zum Beispiel sind die Haartrockner in der Männerhalle latent vom Ausfall bedroht – nur ein kleines Detail, aber mit großer Wirkung.
Schon ab fünf Euro konnte jeder helfen. Den Unterstützern standen zwölf märchenhafte symbolische Dankeschöns zur Auswahl, je nach gespendeter Summe. Darunter waren ein professionelles Fotoshooting im Stadtbad, ein Frühstück mit Sekt auf dem Dach für maximal vier Personen, ein Gemälde der Frauenhalle auf Leinwand (Unikat), zwei Jahre Stadtbad-Eintritt für zwei Personen, eine märchenhafte Stadtbad-Führung für maximal sechs Personen, ein Glas mit Original-Stadtbadwand-Putz, Bademäntel mit Stadtbad-Logo, Autogrammkarten von Paul Biedermann bzw. Britta Steffen, die Option ein selbst gemaltes Bild im Stadtbad auszustellen, den Stadtbad-Film auf DVD oder Stadtbadwasser in kleinen Fläschchen.
Ein Jahr lang hatten Botschafter die Sammelaktion unterstützt. Botschafter waren: Paul Biedermann, Schwimmweltmeister, Britta Steffen, Doppel-Schwimmolympiasiegerin, Dr. Judith Marquardt, Beigeordnete für Kultur und Sport der Stadt Halle (Saale), Kathleen Hirschnitz, erste Vorsitzende des Fördervereins Zukunft Stadtbad Halle (Saale) e. V., Matthias Lux, Vorsitzender der Geschäftsführung der Stadtwerke Halle GmbH (René Walther heute in Vertretung), Annette Waldenburger, Geschäftsführerin der Bäder Halle GmbH, Ingo Michalak, Hauptgeschäftsführer des SV Halle e. V. und Dr. Michael Schädlich, Präsident des Halleschen Fußballclub e. V. und Geschäftsführer der isw GmbH.
Das Stadtbad wurde am 16.2.1916 eröffnet. Entstanden ist es zu einer Zeit, als es kaum fließend Wasser gab. Deutschlandweit hatten die Volksbäder dank der Hygieneausstellung 1883 ihren Durchbruch. In Halle sollte es aber etwas länger dauern. Das Stadtparlament stritt lange darum, schon damals war Geld knapp. Schon in den 90er-Jahren des 19. Jahrhunderts kamen in Halle die ersten Gedanken für ein Hallenbad auf, das auch im Winter genutzt werden kann. Doch noch lange herrschte in der Bürgerschaft und auch in der Stadtverordnetenversammlung die Meinung „Im Sommer badet man in der Saale und im Winter badet man überhaupt nicht!“ Halles damaliger Oberbürgermeister Richard Robert Rive hat dies in seinen Lebenserinnerungen niedergeschrieben.
Doch letzten Endes fiel die Entscheidung für den Bau und damit auch für ein modernes und aufwendiges Gebäude. Neben Frauen- und Männerhalle gab es auch eine Unterteilung in Arm und Reich, eine Sauna gehörte zum Angebot und selbst eine Hundebrause war geplant. Umgesetzt wurde das Bad nach Entwürfen des halleschen Stadtbaurats Wilhelm Jost (1874-1944).
Doch zunächst musste die Stadt mehrere Grundstücke ankaufen, so das Gelände der ehemaligen Stadtgärtnerei in der Schimmelstraße sowie das Weinhold’sche Grundstück in der Großen Steinstraße 66, neben dem späteren Hotel Weltfrieden. Dieses sehr verwinkelte Gelände erschwerte die Entwurfslegung und den Bau. Auch das massive Felsgestein als Baugrund erwies sich als schwierig. Es folgten mühsame Sprengungen, um eine bebauungsfähige Fläche zu schaffen. „Nachträglich bewilligt: 3000 M für nicht vorhergesehene Sprengarbeiten, weil der tiefe Heizkeller vollständig in den gewachsenen Felsen eingebaut werden musste“, steht dazu in den „Verwaltungsberichten der Stadt Halle über das Verwaltungsjahr 1913“ (StAH S. 65 – folgend VB). Die Schaffung einer einheitlichen Fläche misslang, es gab mehrere abgestufte Ebenen, die einen Höhenunterschied von 7 Metern aufweisen. Diesen Höhenunterschied merken Besucher heute noch, wenn sie vom Eingangstor an der Schimmelstraße über den Hof in die Kassenhalle bis zur Männerhalle/Frauenhalle gehen. Um diese Höhenunterschiede bei den größeren Gebäudeteilen auszugleichen, wie bei der Frauen- und Männerhalle, mussten die Schwimmbecken auf bis zu 2 m hohen Stelzen errichtet werden. Das hatte einerseits den Vorteil, dass man für die Becken nicht zusätzlich Felsen wegsprengen musste, andererseits bot sich hierdurch ein erheblicher Vorteil zur Wartung der Beckenunterseiten.
Besonders heikel waren die Sprengarbeiten für das Wasserreservoir. Denn dieses entstand unterhalb des Schulhofes der ehemaligen Mittel(Steintor)schule, die derzeit als Jugendherberge umgebaut wird. Denn dieses Gelände lag etwas höher als ein extra auszuschachtendes Kellergeschoss unter den beiden Schwimmhallen. Der Vorteil des Wasserreservoirs unter dem Schulhof lag darin, „dass die Speisung der Schwimmbecken aus diesem Behälter mit natürlichem Gefälle, also ohne Pumpenbetrieb möglich“ (VB) wurde.
Ende des Jahres 1913 wurde an den hoch gelegenen Teilen des Geländes, das heißt im Bereich des Direktorenwohnhauses hinter der Frauenhalle – dem heutigen Ordnungsamt –mit den Maurerarbeiten begonnen.
Einiges hat sich über all die Jahre kaum verändert. Zum Beispiel die Auseinandersetzungen zwischen Stadt und Sportvereinen. In alten Zeitungen ist von einem Kampf der Vereine gegen das neue Bad zu lesen. Denn die Nutzungsgebühren sollten für sie von 80 auf 300 Mark pro Stunde steigen, für Schwimmfeste am Wochenende sogar auf 1.200 Mark. Im Laufe der Jahres hat das Stadtbad auch Weltrekordler hervorgebracht wie 1958 die Schwimmerin Karin Beyer oder Olympiasieger wie Falk Hoffmann. Inzwischen allerdings ist ein Teil der Funktion verloren gegangen. Wäscherei, Friseur und Fußpflege gibt es im Komplex nicht mehr. Auch deshalb ist für die Räume ein Nutzungskonzept nötig.
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