Der Marktkirche aufs Dach gestiegen: das Gotteshaus mit den zwei Dachstühlen
Dass die heutige Marktkirche vor fast 500 Jahren aus den zwei Kirchen St. Gertruden und St. Marien entstanden ist, dürfte den meisten Hallensern geläufig sein. Zur Nacht der Kirchen am Samstag gab es nun einen besonderen Blick hinter die Kulissen, denn Gäste wurden unters Dach geführt. Gleich zwei Dachstühle gibt es dort – von außen ist das aber nicht ersichtlich. Und das hängt mit der Baugeschichte zusammen.
1529 wurden zwar die beiden Vorgängerkirchen abgerissen. Nur die Blauen Türme im Westen und die Hausmannstürme im Osten blieben erhalten. Deshalb hat die Marktkirche vier Türme. Und von der Gertrudenkirche blieb auch noch der Dachstuhl aus dem Jahr 1399 erhalten. Wie genau das damals passiert ist, weiß man heute nicht. Wahrscheinlich wurde ein Gerüst aufgebaut, um die alten Kirchenmauern darunter abzutragen.
Weil der alte Dachstuhl aber nicht bis zu den Hausmannstürmen heranreichte, wurde 1533 nebenan noch ein zweiter Dachstuhl gebaut, der an den alten Dachstuhl anschließt. Bei beiden kam übrigens Fichtenholz aus dem Thüringer Wald zum Einsatz, das über die Saale angeflößt wurde. Dadurch gibt es auch keine Probleme mit Holzwürmern, weil dem Holz durch die lange Wasserlagerung die Nährstoffe entzogen wurden.
Einige Probleme gibt es heute mit dem Gotteshaus. Das liegt unter anderem an dem Lößboden, wodurch die Blauen Türme etwas aus dem Lot sind. Mittlerweile neigen sie sich rund 2,5 Meter in südwestlicher Richtung. Zudem drückt es die Außenmauern auseinander, weil beim damaligen Bau das Deckengewölbe gegenüber der alten Gertrudenkirche erhöht wurde und dabei aus dem alten Dachstuhl Balken herausgeschnitten wurden. Heute sind an mehreren Stellen Stahlstreben gespannt, um den Prozess aufzuhalten.
Sehr schöne, interessante Bilder!
500 Jahre alte Hightech-Architektur. Finde ich faszinierend. Danke für den kompakten Einblick!