„Erinnert in brachialer Weise an etwas, was nicht zu verstehen ist“: Gedenken in der „Frohen Zukunft“ an das KZ-Außenlager Goldberg
Die Konzentrationslager der Nationalsozialisten verbindet man vor allem mit Auschwitz oder Buchenwald. Doch auch in Halle (Saale) gab es Außenlager der KZ, insgesamt 114. Das größte Lager befand sich dabei im Birkhahnweg am Goldberg. Die Zwangsarbeiter mussten in den Siebel-Flugzeugwerken schuften.
An dieses dunkle Kapitel wurde am Sonntag in der “Frohen Zukunft” erinnert, Blumen wurden niedergelegt und Gedenkworte gesprochen. An der Straßenbahn-Endstation (Derzeit Baustelle) befindet sich seit dem Jahr 2019 ein Denkmal, das an die Geschichte erinnert. In den vergangenen Tagen ist es durch die Stadt nochmal gereinigt worden, Graffiti und Moos wurden beseitigt. Pfarrer Martin Schmelzer dankte für die Initiative, “um das Gedenken nicht vom Moos überwachsen zu lassen.
“Ein Ort wie dieser erinnert in brachialer Weise an etwas, was nicht zu verstehen ist”, so Schmelzer. “Wir hier haben Anteil durch dieses Denkmal. Baracken oder andere Möglichkeiten des Erinnerns sind nicht mehr vorhanden.” Es gebe viele solcher Orte in Deutschland, auch ganz in der Nähe, beispielsweise in Zöschen oder Spergau, aber auch in Hohlstedt bei Sangerhausen, wo seine Großmutter wohnte. “Unvorstellbar, dass all das hier in Deutschland stattfand, verantwortet von Menschen, die Urgroßeltern, Großeltern und manchmal auch Eltern sind derer, die heute noch leben.”
René Rebenstorf, Beigeordneter für Stadtentwicklung und Umwelt, kommt selbst aus dem Stadtteil Frohe Zukunft, ging hier zu Schule – diese steht heute am einstigen Eingang der Siebel-Werke. Nur noch das Pfortengebäude, in dem sich heute eine Pizzeria befindet, ist erhalten. Rebenstorf ging kurz auf das Wetter ein, denn das Gedenken fand im Regen und Windböen statt. “Vielleicht muss es heute regnen. Denn die Leute damals konnten es sich nicht aussuchen. Sie mussten mit dem Leben, was ihnen zur Verfügung gestellt wurde.” Rebenstorf sagte, “wir leben heute in einer Zeit, in der wir viel erreicht haben.” Und daran solle man immer denken. Es stimme einen nachdenklich, “dass das, was erreicht wurde, als derartige Selbstverständlichkeit hingenommen wird, und dazu neigt, es gar nicht wahrzunehmen und irgendwelchen Leuten hinterher rennt, die einem das blaue vom Himmel versprechen.”
Bereits zwischen 1933 und 1940 hatten in den Siebelwerken neben deutschen Arbeitern zunächst vor allem aus osteuropäischen Staaten angeworbene Fremdarbeiter ihren Dienst getan und Flugzeugteile für die Nationalsozialisten produziert. Am 1. April 1935 lief das erste Flugzeug in Halle vom Band. Doch mit Kriegsbeginn änderte sich der Umgang mit den Arbeitern schlagartig. Die einstmals bezahlten Fremdarbeiter wurden zu Zwangsarbeitern, durften nicht mehr zurück in die Heimat. Hinzu kamen außerdem norwegische, schwedische, französische und spanische Kriegsgefangene sowie später auch Häftlinge aus dem Konzentrationslager Buchenwald. Die Rede ist von 23 Menschentransporten von Buchenwald nach Halle. Bei zwei Bombenangriffen Mitte 1944 – damals wurde auch die erst wenige Jahre zuvor gebaute Heilandskirche zerstört – sowie einem weiteren Angriff am 31. März 1945 kamen viele von ihnen ums Leben. Denn während die deutschen Arbeiter in einem Schutzbunker am Posthorn Zuflucht fanden, mussten Fremd- und Zwangsarbeiter selbst zusehen wo sie bleiben. Tragisch ist in diesem Zusammenhang die Geschichte der beiden polnischen Gefangenen Viktor Zebulski und Edmund Czerwinski aus Litzmannstadt. Sie flohen während eines Bombenangriffs, wurden aber von einem Anwohner gestellt, zurück ins Lager gebracht und dort später gehenkt.
Was mit den einstigen Leitern der Lager passiert ist, steht bis heute nicht fest. Einer von ihnen war SS-Unterscharführer Johann Pflicht. Ehemalige Häftlinge beschrieben ihn als äußerst gewalttätig. Nach dem Krieg tauchte er unter und wurde von 1967 bis 1975 ohne Erfolg gesucht. Namensvetter Pflichts konnte man zwar ausfindig machen, sie aber hatten Alibis oder lebten bereits nicht mehr. Und so konnte die hallesche Geschichte auch aus Sicht der Täter nicht aufgerollt werden.
Studierende der Kunsthochschule Burg Giebichenstein haben einen Audiowalk zum KZ-Außenlager gestaltet:
https://audiowalk-kz-halle.de/
Amen.
„Namensvetter Pflichts konnte man zwar ausfindig machen, sie aber hatten Alibis oder lebten bereits nicht mehr.“
Eine sehr interessante Zeile. Namensvetter benötigen also Alibis … Sehr aufschlussreich.
Es ging um die Suche nach einem Verbrecher, du Trottel. Außerdem spielte sich das in der Vergangenheit ab. Es ist zu bezweifeln, dass für dich irgendetwas „aufschlussreich“ ist.
Gibt es eigentlich irgendwo Bilder von dem KZ in Halle?