Halles Kulturleute hissen Goldene Rettungsweste gegen Rechts

Angeführt von Trompetern mit Händels Feuerwerksmusik haben die Kulturschaffenden aus Halle (Saale) gegen eine rechtspopulistische und rechtsextreme Vereinnahmung von Kunst und Kultur protestiert. Vom Uniplatz aus zogen sie durch die Schulstraße bis zum Vorplatz vorm nt. Zugleich wurde die „Hallesche Erklärung des Vielen“ verlesen. Für diese haben sich 35 Kultureinrichtungen aus Halle zusammengetan, darunter das Künstlerhaus, die Kunsthochschule Burg Giebichenstein, die Werkleitz-Gesellschaft, Radio Corax, das Literaturhaus, Kulturstiftung, Mandroschke, Dornrosa und die Theater, Oper und Orchester GmbH. In der Erklärung heiß es beispielsweise, „rechtspopulistische Gruppierungen und Parteien stören Veranstaltungen, wollen in Spielpläne und ins Programm eingreifen, polemisieren gegen die Freiheit der Kunst und arbeiten an einer Renationalisierung der Kultur. Ihr verächtlicher Umgang mit Menschen auf der Flucht, mit engagierten Kulturschaffenden, mit Andersdenkenden verrät, wie sie mit der Gesellschaft umzugehen gedenken, sobald sich die Machtverhältnisse zu ihren Gunsten verändern würden.“
Am Rand hat Sven Liebich mit Mitstreitern protestiert. Auf Plakaten wurde eine „politische Enthaltsamkeit von Faxenmacher“ und ein „Nein zur Millionenförderung von Kulturadel“ gefordert. So kritisierte Liebich beispielsweise, dass die TOOH mit jährlich 40 Millionen Euro „vom Steuerzahler gefüttert“ werde. Donatus Schmidt sprach von „hörigen Kulturschaffenden“, die immer nach dem Mund des jeweils Herrschenden reden würden.
Erklärung
Als Kulturschaffende in Deutschland stehen wir nicht über den Dingen, sondern auf einem Boden, von dem aus eines der größten Staatsverbrechen der Menschheitsgeschichte begangen wurden. Kunst wurde als „entartet“ diffamiert und Kultur flächendeckend zu Propagandazwecken missbraucht. Millionen Menschen wurden ermordet oder gingen ins Exil, unter ihnen auch viele Kunstschaffende.
Heute begreifen wir die Kunst und ihre Einrichtungen, die Museen, Theater, Ateliers, Clubs, die urbanen und ländlichen Orte der Kultur als offene Räume, die Vielen gehören. Unsere Gesellschaft ist eine plurale Versammlung. Viele unterschiedliche Interessen treffen aufeinander und finden sich oft im Dazwischen. In einer Demokratie muss täglich neu verhandelt werden – aber immer unter einer Voraussetzung: Es geht um Alle, um jede*n Einzelne*n!
Der Boden, auf dem wir gemeinsam stehen, ist das Grundgesetz. Der rechte Populismus, der die Kultureinrichtungen als Akteure dieser gesellschaftlichen Vision angreift, steht der Kunst der Vielen feindselig gegenüber. Rechtspopulistische Gruppierungen und Parteien stören Veranstaltungen, wollen in Spielpläne und ins Programm eingreifen, polemisieren gegen die Freiheit der Kunst und arbeiten an einer Renationalisierung der Kultur. Ihr verächtlicher Umgang mit Menschen auf der Flucht, mit engagierten Kulturschaffenden, mit Andersdenkenden verrät, wie sie mit der Gesellschaft umzugehen gedenken, sobald sich die Machtverhältnisse zu ihren Gunsten verändern würden. In unserem Bundesland Sachsen-Anhalt arbeiten zahlreiche rechtsradikale und rechtsextreme Kräfte Hand in Hand und versuchen mit Macht, unsere demokratische weltoffene Gesellschaft abzuschaffen. Dem stellen wir uns entgegen.
Wir als Unterzeichnende der halleschen Theater, Kunst- und Kultureinrichtungen und ihrer Interessensverbände begegnen diesen Versuchen mit einer klaren Haltung:
• Die unterzeichnenden Kunst- und Kulturinstitutionen führen den offenen und kritischen Dialog über rechte Strategien, die demokratische Grundwerte untergraben. Sie gestalten diesen Dialog mit Mitwirkenden und dem Publikum in der Überzeugung, dass die Unterzeichner den Auftrag haben, unsere demokratische Gesellschaft als eine freie, offene und plurale Gemeinschaft fortzuentwickeln.
• Alle Unterzeichnenden fördern im Sinne der Demokratie Debatten, bieten aber keine Foren für Propaganda jeder Art. Wir wehren die Versuche der Rechtspopulisten ab, Kulturveranstaltungen für ihre Zwecke zu instrumentalisieren.
• Wir setzen uns für eine vielfältige und freie Kultur- und Kunstszene in Halle ein.
• Wir solidarisieren uns mit Menschen, die durch eine rechtspopulistische Politik an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden.
Es geht um uns Alle. Daher: Kultur für Demokratie. Die Kunst bleibt frei!
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