Kommentar: Zwischen Verbotszone und Verantwortung – Warum Halles Debatte über öffentliche Trinker mehr braucht als Ordnungspolitik

Der Antrag der CDU-Fraktion im Stadtrat von Halle zur Prüfung sogenannter „kontrollintensiver Bereiche“ – gemeint sind Alkohol-Verbotszonen – ist zunächst vor allem eines: ein politisches Signal. Und dieses Signal lautet unmissverständlich: Die Zustände auf dem Marktplatz und rund um die Marktkirche haben einen Punkt erreicht, an dem die Politik nicht länger zuschauen will. Die Forderung, das öffentliche Trinken an bestimmten Orten einzuschränken, ist dabei nicht neu – wohl aber der Versuch, dies mit Augenmaß und rechtlicher Sorgfalt zu prüfen, statt vorschnelle Maßnahmen zu verordnen. Und genau an diesem Punkt beginnt die eigentliche Herausforderung.
Denn natürlich sind die Sorgen vieler Hallenserinnen und Hallenser ernst zu nehmen. Wer in den Sommermonaten am Brunnen vorbeigeht, begegnet oft nicht nur Gruppen, die dort gemütlich zusammensitzen, sondern auch offensiv zur Schau gestelltem Rausch, lautstarkem Verhalten, Müll, Uringeruch. Viele meiden den Bereich in den Abendstunden – und das zurecht. Niemand möchte, dass zentrale Plätze in der Stadt zu Rückzugsorten für offenen Alkoholmissbrauch werden, an denen andere sich unwohl oder gar bedroht fühlen. Touristen, Familien, Kinder, ältere Menschen – sie alle haben ein Recht auf einen nutzbaren und einladenden öffentlichen Raum.
Aber: Ordnungspolitik allein wird dieses Problem nicht lösen.
Verbote schaffen keine Lösungen – sie verlagern Probleme
Ein Alkohol-Verbot an bestimmten Orten kann kurzfristig für Entlastung sorgen – keine Frage. Doch wer glaubt, dass die Menschen, die heute am Markt trinken, morgen verschwunden sind, wenn das Ordnungsamt Schilder aufstellt, verkennt die Realität. Die sozialen Ursachen des Problems – Sucht, Armut, Vereinsamung – verschwinden nicht durch ein Verbot, sie werden nur an den Rand gedrängt. Und mit ihnen die Menschen.
Das führt zu einer unbequemen Wahrheit: Alkohol-Verbotszonen sind in erster Linie Verdrängungszonen. Die Frage ist daher nicht nur, ob wir sie rechtlich sauber umsetzen können – sondern auch, was wir eigentlich mit denen machen, die davon betroffen sind. Wer kümmert sich um sie? Wo können sie hin? Welche Alternativen schaffen wir, bevor wir ihnen sagen, wo sie nicht mehr sein dürfen?
Augenmaß statt Symbolpolitik
Der CDU-Antrag erkennt immerhin an, dass pauschale Verbote rechtlich nicht haltbar sind. Auch die Forderung nach einer genauen Prüfung, nach Einbindung von Bürgern, Gewerbetreibenden und Sozialträgern, ist richtig. Doch all das darf kein Feigenblatt für eine rein ordnungspolitische Maßnahme sein. Die Stadt darf sich nicht allein auf das Ordnungsamt verlassen, wenn es um die Gestaltung des öffentlichen Raumes geht. Sie braucht gleichzeitig Angebote der sozialen Arbeit, Streetworker, Prävention – und ein ganzheitliches Verständnis davon, wie man mit gesellschaftlichen Konflikten im Stadtraum umgeht.
Ein Marktplatz ist immer auch ein Spiegel der Stadtgesellschaft. Was dort sichtbar wird, ist unbequem – aber auch ein Ausdruck von Realität. Diese Realität lässt sich nicht einfach verbieten. Aber sie lässt sich gestalten – durch eine Stadtpolitik, die mutig genug ist, Verantwortung zu übernehmen, ohne nur auf Kontrolle zu setzen.
Man kann den Antrag noch so sehr umschreiben, und haufenweise Bürger etc. einbinden, im Endeffekt müsste eine rechtssichere Gefahrenabwehrsatzung stehen. Und schon daran wird es scheitern, wenn man sich mal das Urteil aus 2010 gegen die Stadt Magdeburg anschaut. Zumal man ja das Alkoholverbot für jegliche Veranstaltungen lockern müsste. Und wenn man das Trinken auf dem Markt verbietet, dann trinken die Leute auf dem Hallmarkt, oder dem Schülershof, oder sonstwo.
Gewerbetreibende, die an immer die gleichen Leute Alkohol verkaufen, dürfen sich aber auch nicht wundern, wenn es vor deren Läden und Discountern zu solchen Bildern kommt. Da überlegen es sich Einige dreimal, ob sie nicht den längeren Weg zum Einkaufen nehmen – zumal es ja mittlerweile schwierig wird, einen Supermarkt oder Discounter zu finden, wo dieses Bild nicht existiert. Vielleicht sollte man Alkohol nichtmehr so billig anbieten, sondern die Preise anheben, damit es im Geldbeutel wehtut.
Die differenzierten Kommentare von Thomas Meyer werten DubistHalle deutlich auf.
Danke.
Frage an die Redaktion: Stecken hinter dem Pseudonym Thomas Meyer eigentlich mehrere Personen oder sind die Kommentare wirklich alle von der gleichen Person verfasst?
„Die Frage ist daher nicht nur, ob wir sie rechtlich sauber umsetzen können – sondern auch, was wir eigentlich mit denen machen, die davon betroffen sind.“
Wer ist denn Herr Meyer? Herr Meyer argumentiert hier, als ob diese Alkoholverbotszone schon so gut wie beschlossene Sache ist. Vielleicht sollte man erstmal eine demokratische Entscheidung abwarten. Auch die Mitbürger, welche dort trinken gehen, haben ein Recht gehört zu werden. Herr Meyer klingt mir wie ein Urgestein aus früheren Zeiten, in welchen immer Oben selbstherrlich entschieden worden ist, was gut für die Stadt und ihre Bevölkerung ist.
Aber ich bin ein Stück weg, ich kenne das Problem so nicht.
Wer Alkoholiker ist, der lässt sich auch von Verbotsschildern nicht davon abbringen. Da muss ein Trinker schon den Willen zum Entzug haben. Die Szene wird sich nur verlagern. Es ist eben zu lange geduldet worden.
Es ist ja auch niemand wegen des Marktplatzes zum Alkoholiker geworden. Es gibt diese Szene, sie verlagert sich, sie sucht sich neue Orte.
Herr Meyer hat mit seinem Kommentar sicherlich nicht Unrecht, aber abschaffen wird man diese Problematik sicher nie ganz. Von daher ist die Frage, wo sie sich aufhalten und andere Menschen einschränken schon von politischem Belang
Die Frage ist, ob diese Szene bewusst den öffentlichen Raum für sich vereinnahmt und dem Stadtbild schädigt ? Ich habe langsam das Gefühl, dass speziell in Halle dieses Klientel mit voller Absicht den öffentlichen Raum in seinen riesen Müllhaufen verwandeln will, weil man sich gerne im Dreck wohlfühlt. Ich verstehe auch den Sinn von Obdachlosenunterkünften und Wohnhilfe nicht ,wo man die Leute tagsüber zum Saufen und Gegend verschandeln rausschickt und dann kommen sie betrunken Abends in die Unterkunft zurück.
„Dieser Szene“ ist einfach alles egal. Und ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich’s gänzlich ungeniert.
Das sind Alkoholiker, die sich und ihr Leben aufgegeben haben. Die einzige Struktur im Alltag besteht darin, die Zeit der Langeweile während der Wachphase irgendwie zu überbrücken. Denen ist völlig Wurscht, wie es im Umfeld aussieht oder wie sich andere da fühlen. Deswegen kommt man dem auch nicht allein mit Verboten bei.
Wann und wo darf man Sie mal persönlich kennenlernen? Oder möchte KI-Meyer das lieber vermeiden?
Die Einnahme von illegalen UND legalen Drogen / Betäubungsmitteln (ausser aus medizin. Gründen notwendig) im öffentlichen Raum sollte komplett untersagt und mit Strafen belegt werden.
Ausnahmen für z.B. alkoholische Getränke sollte es lediglich für Veranstaltungen und dann auch nur auf dem Veranstaltungsgelände geben.
Ich hab nichts gegen z.B. Raucher, muss es aber sein, dass es Rücksichtslose gibt, welche sich in einer Menschenmenge oder Warteschlange befinden und ohne Rücksicht auf Andere, auch Kinder, erstmal ne Kippe anzünden ?
Man sollte aber auch darüber nachdenken, z.B. Raucherbereiche einzurichten.
Geb ich dir Recht. Ich rauche auch mal ab und zu eine aber wer an der Haltestelle eine qualmen will findet auch Aschenbecher an den Mülltonnen und soll sich da hinstellen.
„mal ab und zu eine“
So sehr untertrieben hast du in deinem ganzen Leben noch nie.
Außerdem aschst du mehr auf den Boden als in den Aschenbecher, selbst wenn einer direkt vor dir steht. Also schön zurückhalten…
Das Problem an der Marktkirche ist schon jahrelang bekannt . Das wird auch der neue OB nicht lösen können .
Das führt zu einer unbequemen Wahrheit: Waffen-Verbotszonen sind in erster Linie Verdrängungszonen.
Nur mal so, wenn schon unbequeme Wahrheiten in dbh angesprochen werden dürfen.
Jeder sollte selbst entscheiden können, was er in der Öffentlichkeit konsumiert. Öffentlicher Alkoholgenuss verursacht im Gegensatz zum Rauchen keine Folgeschäden bei unbeteiligten Dritten.