Landesmuseum aus Halle unterstützt Ausstellung in Spanien mit zahlreichen Leihgaben
Das Landesmuseum für Vorgeschichte Halle (Saale) präsentiert nicht nur selbst regelmäßig Ausstellungen mit hochkarätigen Leihgaben wie aktuell die Schau ›Magie – Das Schicksal zwingen‹. Objekte aus der Sammlung des Landesmuseums sind auch im Ausland gefragt – kaum eine Ausstellung zur europäischen Bronzezeit kommt ohne Funde aus Sachsen-Anhalt aus. Gestern startete nun im Museo Arqueológico Provincial de Alicante (MARQ) in Spanien die bislang größte Ausstellung zur Frühbronzezeit auf der iberischen Halbinsel – mit zahlreichen Leihgaben aus Halle und unter reger Beteiligung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt.
DIE BRONZEZEIT – EINE INTERNATIONALE EPOCHE
Die Bronzezeit ist die erste internationale Epoche der europäischen Vorgeschichte. Während Kupfer vielerorts zu finden war, ist Zinn als weiterer Bestandteil von Bronze nur in wenigen Regionen Europas vorhanden. Der Bedarf an Rohstoffen führte ab der Frühbronzezeit zur Etablierung überregionaler Handelsnetzwerke. Die Kontrolle über Erzlagerstätten, über andere begehrte Materialien und die Transportwege waren wichtige Faktoren bei der Herausbildung von gesellschaftlicher Ungleichheit, Herrschaft und Krieg. Nicht zuletzt wird in dieser Epoche das Schwert erfunden, eine Waffe, die ausschließlich dem Töten von Menschen dient.
In Mitteleuropa ist die Frühbronzezeit die Zeit der Aunjetitzer Kultur, zu der die reich ausgestatteten monumentalen Fürstengrabhügel von Leubingen und Helmsdorf sowie der in den letzten Jahren intensiv untersuchte Bornhöck gehören. Die Himmelsscheibe von Nebra, die astronomisches Wissen codiert, das zur Erstellung von Kalendern genutzt werden konnte, kennzeichnet die Fürsten der Aunjetitzer Kultur als mächtige Herren über die Zeit. Gesichert wurde ihre Macht von Armeen, deren Waffenausstattung sich in den großen Beilhortfunden der Frühbronzezeit wiederfindet.
Zeitgleich entstehen mit der El Argar-Kultur auf der iberischen Halbinsel und der Otomani-Füzesabony-Kultur des Karpatenbeckens weitere frühe Herrschaftszentren. Diesen Phänomenen, ihren Verbindungen und spezifischen Ausprägungen, widmet sich vom 26. März bis 13. Oktober 2024 in europäischvergleichender Perspektive die Ausstellung ›Dinastías. Los primeros reinos de la Europa prehistórica‹ (Dynastien. Die ersten Königreiche im vorgeschichtlichen Europa) im Museo Arqueológico Provincial de Alicante (MARQ) Alicante, Spanien, die in enger Kooperation mit dem Landesmuseum für Vorgeschichte entstand. Zahlreiche hochkarätige Funde aus Mitteldeutschland werden damit nach den letzten großen Schauen am British Museum in London und dem Drents Museum Assen erneut ein internationales Publikum begeistern. Auch an der umfangreichen wissenschaftlichen Begleitpublikation zur Ausstellung waren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt maßgeblich beteiligt.
EIN SCHWERT AUS DEM HORT DER HIMMELSSCHEIBE VON NEBRA ALS HIGHLIGHT
Das Highlight unter den Leihgaben ist eines der Schwerter aus dem Hort mit der Himmelsscheibe von Nebra. Seit die Himmelsscheibe 2002 erstmals im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle (Saale) präsentiert wurde, ist sie nicht nur zum Aushängeschild des Landesmuseums, sondern auch zu einer unverwechselbaren kulturellen Leitmarke des Landes Sachsen-Anhalt und zu einem Wahrzeichen der Archäologie ganz Deutschlands geworden. Im Jahr 2013 wurde sie mit der Aufnahme in das Memory of the World-Register der UNESCO zudem in den Rang eines Weltdokumentenerbes erhoben. In Alicante werden neben dem originalen Schwert auch eine Kopie der Himmelsscheibe und eine Kopie des zweiten Schwerts des Hortfunds zu sehen sein.
Einen weiteren Höhepunkt der Ausstellung bilden die Beigaben aus dem Fürstengrab von Leubingen. Bereits im Jahr 1877 durch den Jenaer Professor Friedrich Klopfleisch im Auftrag der Historischen Kommission der Provinz Sachsen ausgegraben, stellt der in Thüringen gelegene Großgrabhügel eines der beeindrucktesten Bestattungsensembles der mitteleuropäischen Frühbronzezeit dar. Im Hügel befand sich unter einer mächtigen Steinschüttung von 2,5 m Dicke eine zeltförmige Totenhütte aus Eichenbalken. Auf dem sorgfältig mit Steinen und Holzdielen ausgelegten Boden war ein älterer Mann in gestreckter Rückenlage beigesetzt worden. Das Grabinventar bestand aus einem großen Keramikgefäß, einem neolithischen Schuhleistenkeil aus Serpentin, einem Ambossstein, drei Dolchen, einem Stabdolch, zwei Beilen und drei Meißeln aus Bronze sowie Goldschmuck: zwei Ösenkopfnadeln, zwei Noppenringe, ein Spiralröllchen und ein Armring. Diese Funde sind nun, neben weiteren Leihgaben, in Alicante zu sehen.
DAS LANDESMUSEUM FÜR VORGESCHICHTE – BOTSCHAFTER SACHSEN-ANHALTS IN DER WELT
Das Landesmuseum für Vorgeschichte hat sich durch seine herausragenden Fundobjekte, seine aufwendig inszenierten Ausstellungsprojekte und nicht zuletzt sein Engagement im nationalen und internationalen Austausch mit Kollegen großes Renommee erworben. Dies zeigt sich unmittelbar in dem großen Vertrauen, das andere Institutionen bei der Ausleihe wertvollen und einzigartigen Fundguts in das Landesmuseum setzen. Zuletzt begeisterten etwa zwischen dem 4. Juni 2021 und dem 9. Januar 2022 im Rahmen der Landesausstellung ›Die Welt der Himmelsscheibe von Nebra – Neue Horizonte‹ 400 hochrangige, teilweise noch nie in Deutschland gezeigte Exponate und Exponatgruppen von 50 Leihgebern aus 14 Ländern 60.000 Besucher in Halle. Auch in der aktuellen Sonderausstellung ›Magie – Das Schicksal zwingen‹ finden sich hochkarätige Leihgaben von 44 Institutionen aus sieben Ländern.
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