Neue Straße am Steintor: Stadt ehrt Gudrun Goeseke mit Straßennamen
Seit Freitagabend rollt der Verkehr offiziell über die neue Gudrun-Goeseke-Straße. Im Rahmen des Steintor-Umbaus wurde mit einem neuen Bauabschnitt begonnen. In den vergangenen Monaten entstand eine kleine Straße zwischen Emil-Abderhalden-Straße und Paracelsusstraße hinter dem Diesterweghaus. Dort wird künftig der Verkehr regulär rollen, denn die Ludwig-Wucherer-Straße hat künftig keine direkte Anbindung für Autos mehr ans Steintor. Nach dem Umbau darf nur noch die Straßenbahn den letzten Abschnitt ab der Emil-Abderhalden-Straße nutzen.
Vielen Hallensern wird der Name Gudrun Goeseke nichts sagen. Doch für die Aufarbeitung der städtischen Geschichte, insbesondere zum Leiden der Juden, hat sie eine wichtige Arbeit geleistet. Im Dezember 2012 hatte der Stadtrat auf Antrag der Fraktion MitBürger für Halle/Neues Forum die Prüfung der Namensvergabe beschlossen.
Goeseke war 2008 im Alter 82 Jahren gestorben. Die gebürtige Meißenerin hatte sich jahrelang aufopferungsvoll um die Geschichte der halleschen Juden und ihres Lebens in Halle gekümmert und so das Leiden der Juden in der Zeit des Nationalsozialismus aber auch während des SED-Regimes in den Köpfen der Hallenser lebendig gehalten. 1978 hatte Goeseke bei Aufräumarbeiten im Keller des jüdischen Gemeindehauses alte Unterlagen endeckt. Unter den Unterlagen waren Deportationslisten und Fotos von deportierten Juden aus Halle.
Außerdem deckte Goeseke Einmischungen der SED in die Arbeit der Jüdischen Gemeinde auf. So war die damalige Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Halle, Karin K., nicht wie behauptet Jüdin, sondern betrieb mit Kenntnis und Duldung der SED den Niedergang des jüdischen Lebens. Goesecke versuchte zwar die Machenschaften öffentlich zu machen, geriet dabei aber in die Fänge der Staatssicherheit und wurde systematisch überwacht. 1985 hatte K.’s Mann erklärt, es würde ausreichen wenn Goeseke mal für zwei Tage in den Knast kommt, um sie ruhig zu stellen.
Nach der Wende konnte Goeseke formell in die jüdische Gemeinde aufgenommen werden. Und auch ihre zu DDR-Zeiten untersagte Aufarbeitung der gefundenen Unterlagen konnte sie nun fortsetzen. Dadurch konnten die Biografien verschiedener jüdischer Nazi-Opfer rekonstruiert werden. Mit russischen Zuwanderern hatte Goeseke zudem Anfang der 90er Jahre Sabbat in einem Abrißhaus in der Kleinen Ulrichstraße begangen, weil der Gemeinde das Geld zum Unterhalt der Räume fehlte. Bis 2005, bis zu seinem Tod, pflegte Goeseke zudem zuhause ihren hilfsbedürftigen Sohn.
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