Neues Kifög: mehr Erzieher, weniger Beiträge, weniger Betreuungsstunden
Der Koalitionsausschuss von CDU, SPD und Grünen hat sich heute in Magdeburg auf Eckpunkte für die geplante Änderung des Kinderförderungsgesetzes (KiFöG) verständigt. Das sieht vor, dass Eltern nur noch für eins ihrer Kinder Kita-Beiträge zahlen müssen. Künftig stehen zudem acht statt bislang bis zu zehn Stunden Betreuung außerhalb des Elternhauses zu, für berufstätige Eltern soll aber eine unkomplizierte Verlängerung möglich sein
„Mit dem Anspruch, mehr Gerechtigkeit, Transparenz und Qualität in das System KiFöG zu bringen, ist die CDU-Fraktion in die Verhandlungen gegangen. Die nun vorliegenden Eckpunkte der Neuregelung des Kinderförderungsgesetzes sind das Resultat und bringen zweifelsohne eines der wichtigsten Vorhaben der Koalition auf den Weg“, erklären der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Siegfried Borgwardt, und der sozialpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion von Sachsen-Anhalt, Tobias Krull. „Als CDU-Fraktion waren uns eine konkrete Zuordnung der Verantwortlichkeiten und transparente Finanzierungswege wichtig. Mit der anteiligen Beteiligung an den Personalkosten ist dies gewährleistet. Außerdem stand für uns im Vordergrund, dass sich auch die Qualität der Kinderbetreuung verbessert. Durch die Berücksichtigung von 10 Tagen pro Erzieherin und Erzieher für Ausfallzeiten bei der Personalberechnung, ist hier ein entsprechender Einstieg geschaffen worden. Sachsen-Anhalt steckt mit den verhandelten Eckpunkten noch einmal rund 50 Millionen Euro zusätzlich in die Kinderbetreuung. Damit leisten wir unseren Beitrag für stabile Elternbeiträge“, so Borgwardt. Krull ergänzt: „Der Betreuungsanspruch von 8 Stunden für alle Kinder – und bei Bedarf darüber hinaus – sichert die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, den Bildungsanspruch in der Kinderbetreuung und eine Bedarfsgerechtigkeit. Die jetzt vorgelegten Eckpunkte werden nach der Sommerpause in einem Gesetzesvorschlag münden. Diesen werden wir mit den Kommunen, den Trägern der Einrichtung und deren Mitarbeitern sowie den Elternvertretern umfänglich besprechen. Die Stärkung der Rolle der Gemeinden bei der Kinderbetreuung als gleichberechtigter Verhandlungspartner war uns sehr wichtig und findet sich auch so im nun präsentierten Eckpunktepapier. Bezüglich der geplanten Regelungen im ‚Gute-Kita-Gesetz‛ des Bundes bleibt die genaue Ausgestaltung abzuwarten. Die Mittel, die demzufolge nach Sachsen-Anhalt gehen, wollen wir sowohl für die Verbesserung der Qualität der Kinderbetreuung als auch für die Stabilisierung bzw. Senkung der Elternbeiträge nutzen.“
Mit dem Ergebnis zeigt sich der SPD-Landesvorsitzende Burkhard Lischka äußerst zufrieden: „Diese Einigung bringt den Eltern in Sachsen-Anhalt echte finanzielle Erleichterungen, den Erzieherinnen und Erziehern den Einstieg in bessere Bedingungen für ihre Arbeit und den Kommunen weitere Entlastung und Planungssicherheit.“ Die Unkenrufe, es sei unmöglich, alle Interessen beim KiFöG unter einen Hut zu bringen, hätten sich nicht bewahrheitet, so Lischka: „Hier ist ein Kompromiss im besten Sinne gelungen, weil für alle Beteiligten etwas dabei herauskommt. Das gilt insbesondere auch für die SPD: Was Petra Grimm-Benne und Katja Pähle da herausverhandelt haben, kann sich wirklich sehen lassen und liegt ganz auf der Linie unserer Eckpunkte vom vergangenen Jahr.“
„Das Gesetz bringt Entlastungen für Eltern, Erzieherinnen und Erzieher, Gemeinden und ist eine deutliche Investition in die Zukunft“, hebt Cornelia Lüddemann, Vorsitzende der Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor. „Die Herausforderungen und die Erwartungshaltung an das neue Kita-Gesetz waren riesig. Bisweilen erschien die Arbeit an dem Gesetz wie die Quadratur des Kreises. Aber am Ende zählt nur das Ergebnis und es macht eines klar: Mit der Vorgänger-Regierung wäre ein solches umfassendes Gesetz nicht möglich gewesen.“ Qualitätsverbesserungen in den Einrichtungen. Beitragsentlastung für die Eltern. Ausbau der Armutsprävention. Transparentes Finanzierungssystem. „Mit diesen vier Aspekten des Gesetzentwurfs werden alle profitieren: Kinder, Eltern, Erzieherinnen und Erzieher sowie das Land Sachsen-Anhalt. Es ist für alle etwas dabei“, freut sich Lüddemann. “Mit den vorliegenden Eckpunkten schaffen wir es, die hohe Quantität der führkindlichen Bildung beizubehalten (zehn Stunden Öffnungszeiten und Rechtsanspruch von 0 bis 14 Jahren) und gleichzeitig einen großen Schritt in Richtung Beitragsfreiheit sowie weiterer Qualitätsverbesserung zu gehen. „Für uns als grüne Landtagsfraktion steht seit Jahren fest, dass die Bekämpfung von Kinderarmut bereits in der Kita beginnt. Mit der Sonderförderung für Kitas mit besonderen sozialen Herausforderungen, die jetzt im Kita-Gesetz verankert ist und auf einen Antrag der Grünen in der letzten Legislatur zurückgeht, wird unsere zentrale Forderung gegen Kinderarmut endlich umgesetzt. Denn wenn Kinder unter erschwerten Bedingungen aufwachsen, dann brauchen sie in der Kita einfach mehr Aufmerksamkeit und Betreuung. Mit der Sonderförderung können Kitas mehr Personal einstellen.“ In dem neuen Kita-Gesetz werden zehn Krankheitstage in die Personalschlüssel eingerechnet. „Dadurch verbessern wir die Situation in den Einrichtungen. Das ist der versprochene Einstieg in die Qualitätssteigerung. Es ist ein guter Beginn, aber sicherlich nicht das letzte Wort“, betont Lüddemann. Sie begrüßt ebenfalls, dass zukünftig Eltern nur noch für ihr erstes Kind in Krippe und Kita Beiträge zahlen. „Das ist ein verheißungsvoller Einstieg in das langfristige Ziel der generellen Gebührenfreiheit“, so Lüddemann. Abschließend stellt Lüddemann in Aussicht dafür zu kämpfen, dass die vom Bund avisierten zusätzlichen Millionen über das gute Kita-Gesetz in Sachsen-Anhalt zur vollständigen Beitragsfreiheit (auch für das erste Kind) und weitere Verbesserung des Personalschlüssels eingesetzt wird.
„Lange genug hatte die Landesregierung Zeit, nun soll das neue Kinderfördergesetz im Schweinsgalopp durchgepeitscht werden. Dabei sind die vollmundigen Versprechungen der CDU, dass das neue KiföG mit dem aktuellen kaum noch Gemeinsamkeiten hat und deutliche Verbesserungen mit sich bringt, eine Luftnummer. Mit den vorgestellten Eckpunkten wird es keine spürbaren Verbesserungen geben – weder für Erzieher*innen, noch für Eltern, noch für die Gemeinden“, sagt die kinder- und familienpolitische Sprecherin der Linken Monika Hohmann. „Obwohl die Evaluation des KiföG im letzten Jahr ergab, dass die Erzieher*innen im Durchschnitt 21 Tage krankheitsbedingt ausfallen, sollen nur 10 Tage ausgeglichen werden. Dabei sind Urlaub und Weiterbildung nicht enthalten. Die versprochene Entlastung wird so nicht eintreten. Auch an die Vor- und Nachbereitungszeiten für die Erzieher*innen sowie die Leiter*innenfreistellung wurde nicht gedacht.“ Auch für Eltern werde das neue KiföG nicht zu Entlastungen führen. Bei einem Rechtsanspruch von 8 Stunden müssten berufstätige Eltern bei einem Mehrbedarf an Betreuungsstunden jede weitere zusätzliche Stunde dazu kaufen, kritisieren die Linken. „Die derzeitigen Preise belaufen sich im Land auf 3 bis 25 Euro pro Stunde. Dies zu finanzieren wird schwierig sein, wenn 33,7% der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten im Land weniger als 2000 Euro brutto verdienen. Schließlich wird es auch für die Gemeinden zu keiner Entlastung kommen. Nach wie vor werden LEQ-Verhandlungen (Leistung, Entgelt, Qualität) zu Lasten Dritter geführt. Das führt schon jetzt zu sehr vielen Schiedsstellenverfahren, die kaum abgearbeitet werden können. Von den 159 Verfahren von 2016 bis 2018 sind derzeit gerade einmal 29 Verfahren entschieden.“
Die heute vorgestellte Einigung zum KiFöG der Kenia-Koalition bewertete der stellvertretende AfD-Fraktionsvorsitzende Tobias Rausch kritisch: „Zunächst ist es zwar erfreulich, dass die Landesregierung der Forderung der AfD nach einer Kostenfreiheit für das zweite Kind nachgekommen ist. Wichtigstes Ziel bleibt aber die grundsätzliche Kostenfreiheit der Kinderbetreuung – davon sind wir noch meilenweit entfernt. Völlig unklar ist allerdings die Kostenübernahme für einen Betreuungsbedarf, der über die 8 Stunden hinausgeht, genauso wie auch nicht offengelegt wurde, wie eine ,unbürokratische Beantragung‘ des Zusatzbedarfs vonstattengehen soll. Nach dem monatelangen Gezerre um das KiföG hat Schwarz-Rot-Grün aber zumindest eine Diskussionsgrundlage vorgelegt. Die AfD-Fraktion wird die Pläne genau prüfen und notwendige Änderungen parlamentarisch begleiten.“
Die AWO sowie die Elternvertretungen verschiedener Kitas und Horte aus Halle haben eine Unterschriftenliste zu ihren Forderungen zum KiFög gestartet. Mehr dazu gibt es hier.
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