Sehen mit geschlossenen Augen: Moritzburg zeigt Werke von Rouault und Jawlensky
Ab Sonntag, dem 19. März 2017, präsentiert das Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) unter dem Titel „Sehen mit geschlossenen Augen“ weltweit zum ersten Mal in einer gemeinsamen Ausstellung die Œuvres zweier bedeutender Expressionisten: des in Deutschland und der Schweiz wirkenden gebürtigen Russen Alexej von Jawlensky (1864–1941) und des Franzosen Georges Rouault (1871–1958).
Am Samstagabend wurde die Ausstellung feierlich in der Maria-Magdalenen-Kapelle eröffnet. Unter den Gästen waren der Botschafter Frankreichs, Ministerpräsident Rainer Haseloff, Bildungsminister Marco Tullner und Oberbürgermeister Bernd Wiegand. Rainer Haseloff erinnerte in seinem Grußwort u.a. an die Rezeption Rouaults in Halle nach dem II. Weltkrieg und den 1950er Jahren. „Georges Rouault war in Halle lange vor seiner Wiederentdeckung kein Unbekannter. Werke von ihm fanden sich sowohl in der Moritzburg als auch in der Galerie von Eduard Henning. Von diesen Präsentationen gingen starke Impulse auf die Kunstszene in Mitteldeutschland aus.“
Neben einleitenden und dankenden Worten gab es Musik von Max Reger zu hören. Es erklangen – passend zu den Bildern Rouaults und Jawlenskys – geistliche Kompositionen, dargeboten von Jana Reiner (Sopran) und Rudite Livmane (Orgel).
Der Fokus der Ausstellung ist auf die Figurenbilder beider Künstler gerichtet, bei denen auffallende Parallelen zu beobachten sind und die in beider Schaffen unabhängig voneinander eine zentrale Rolle spielen und in serieller Weise bearbeitet wurden. Die nachdrückliche Befragung des Menschenbildes führte beide Künstler im Formalen zur strukturellen Verdichtung und an die Grenze zur Abstraktion, im Inhaltlichen zu einer Verinnerlichung und Vergeistigung. So fanden Jawlensky und Rouault nicht nur eine jeweils eigene bildnerische Ausdrucksweise, sondern auch eine berührende Verbindung von aktueller Kunst und religiösem Empfinden.
Die Ausstellung vereint 119 Werke aus 40 öffentlichen und privaten Sammlungen in Deutschland, Frankreich, Italien und der Schweiz, darunter teils erstmals gezeigte Arbeiten und selten verliehene Gemälde u. a. aus dem Centre Georges Pompidou, Paris, dem Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris, dem Musée des Beaux-Arts de Lyon, dem Kunstmuseum Bern, der Stiftung Im Obersteg im Kunstmuseum Basel, dem Kunsthaus Zürich, den Vatikanischen Museen, dem Museum Wiesbaden, den Staatliche Museen zu Berlin, den Kunstsammlungen Chemnitz – Museum Gunzenhauser, dem Museum Folkwang, Essen, der Hamburger Kunsthalle, der Städtische Galerie im Lenbachhaus in München und der Staatsgalerie Stuttgart.
Nach den umfangreichen Ehrungen Alexej von Jawlenskys in Deutschland anlässlich seines 150. Geburtstages im Jahr 2014 zeigt „Sehen mit geschlossenen Augen“ Jawlenskys Arbeiten gemeinsam mit dem Werk Georges Rouaults, dessen Werk erstmals seit 1983 wieder in einer umfangreichen Präsentation in Deutschland zu sehen ist. Die Gegenüberstellung beider Künstler bietet die einmalige Gelegenheit, das Werk zweier exzeptioneller Expressionisten kennenzulernen, die sich religiösen Fragen mit den Mitteln der modernen Kunst widmen.
Die Ausstellung wird kuratiert vom Direktor des Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale), Thomas Bauer-Friedrich, gemeinsam mit der schweizerischen Kunsthistorikerin, Dr. Angelika Affentranger-Kirchrath. Thomas Bauer-Friedrich hebt das Außergewöhnliche der Schau noch einmal hervor: „Mit diesem Ausstellungsprojekt knüpfen wir einmal mehr an die glanzvolle Geschichte des Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale) an, das vor 1933 zu den führenden deutschen Museen für die Kunst der Moderne gehörte.“
Möglich wurde das Projekt dank der großzügigen Unterstützung durch das Land Sachsen-Anhalt, die Ostdeutsche Sparkassenstiftung in Verbindung mit der Saalesparkasse, Lotto Toto Sachsen-Anhalt und das Institut français in Sachsen-Anhalt.
Es erscheinen eine Audioführung für Erwachsene (2 €, Kinderaudioguide 0 €) sowie eine für Kinder und Jugendliche verbunden mit einem Booklet zum aktiven eigenständigen Entdecken der Schau. Darüber hinaus wurde in Fortführung des Themas der Sonderausstellung ein thematischer Rundgang „Kunst & Religion“ durch die Sammlungspräsentation zur Kunst vom hohen Mittelalter bis zur Moderne geschaffen, den sich die Besucherinnen und Besucher mittels eines Begleitheftes eigenständig erschließen können.
Zu sehen ist die Schau noch bis zum 25. Juni 2017.
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