Linksextremne Gruppe bekennt sich: Straßen nach NSU-Opfern „umbenannt“
Theodoros Boulgarides ist eines der Todesopfer der Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU). Am Mittwoch fällt das Urteil gegen die Angeklagten um Beate Zschäpe. Auch in Halle (Saale) sind Aktionen geplant. So soll es am Mittwochabend in der halleschen Innenstadt eine Demonstration geben.
Doch schon in der Nacht zu Dienstag sind in der Saalestadt Straßen „umbenannt“ worden. Unbekannte haben die blauen Straßenschilder überklebt. So trägt die Willy-Lohmann-Straße nun den Namen T.- Boulgarides-Str. Auch weitere Straßen im Paulus- und Bebelviertel wurden umbenannt. Inzwischen hat sich dazu die von Verfassungsschutz als linksextrem eingestufte Interventionistische Linke bekannt.
„Auch nach fünf Jahren NSU-Prozess bleiben mehr Fragen als Antworten. Die Bundesanwaltschaft hat bis zum Ende des Prozesses den Mythos vom Terror-Trio aufrechterhalten. Sie hat die Aufklärung über das Terrornetzwerk verhindert und die staatliche Beteiligung vertuscht. Das gesamte Umfeld des NSU ist durch V-Männer geprägt gewesen. Der sogenannte Verfassungsschutz hat sich durch aktive Beteiligung und Ausstattung mit finanziellen Ressourcen schuldig gemacht. Er hat somit eine aktive Rolle gespielt und muss aufgelöst werden. Die Opfer des NSU wurden von rassistisch agierenden Behörden zu Tätern gemacht. Man hat ihnen eine umfassende Aufklärung verweigert, die eigene Beteiligung am mörderischen Rassismus in dieser Gesellschaft vertuscht und rechten Terror systematisch verharmlost. Auch die Frage warum ausgerechnet diese Menschen sterben mussten blieb unbeantwortet und stellt für die Angehörigen bis heute eine massive Belastung da“, heißt es in einer Erklärung von Sprecherin Hannah Weber. Die heutigen Straßenumbenennungen seien die geringste Form der Sichtbarmachung rassistischer Gewalt, stellen zudem die mindeste Form des Respekts dar, der den Opfern des NSU und ihren Angehörigen erbracht werden könne. Dass nach wenigen Stunden die Straßenschilder mit den Namen des NSU abmontiert worden seien, stehe exemplarisch für den Umgang mit den Opfern des NSU. Zwar habe der NSU nach bisherigem Kenntnisstand in Sachsen-Anhalt keinen rassistisch motivierten Mord oder Anschlagsversuch begangen. Doch stellen sich nach Angaben der IL viele Fragen, die bis heute nicht hinreichend aufgeklärt seien. „So wurde das breite Unterstützer*innen-Netzwerk des NSU nicht ermittelt, von dem auch Teile in Sachsen-Anhalt vermutet werden. Zudem sind zahlreiche der potentiellen Anschlags- und Attentatsziele von der NSU-Todesliste in Sachsen-Anhalt zu verorten, die das Trio nicht alleine gesammelt haben kann“, heißt es in der Erklärung. Man fordere Untersuchungsausschuss im Landtag zur Aufklärung der regionalen NSU-Verbindungen. Auch nach fünf Jahren Prozess in München dürfe kein Schlussstrich gezogen werden.
Auswirkungen hat die Aktion auf eine Aktion der Bürgerstiftung. Diese wollte Willy-Lohmann-Straße mit Zusatzschildern versehen, die über den Namensgeber informieren. „Wir verschieben deshalb die Unterschilderung der Willy-Lohmann-Straße auf einen späteren Zeitpunkt. Über den neuen Termin informieren wir Sie rechtzeitig.“
Neueste Kommentare