Urteil im Stecklings-Prozess von Halle: Hanfverband-Sprecherin zu Geldstrafe verurteilt – Debatte um rechtlichen Status von Stecklingen hält an

Im vielbeachteten „Stecklings-Prozess“ hat das Amtsgericht Halle am Mittwoch ein Urteil gesprochen: Angelika Saidi, Sprecherin der halleschen Ortsgruppe des Deutschen Hanfverbands, wurde wegen des Besitzes von mehr als drei Cannabispflanzen zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen à 28 Euro verurteilt – insgesamt 560 Euro.
Anlass für das Verfahren war eine geplante Verteilaktion des Hanfverbands im Juli 2024. Damals wollte die Ortsgruppe kostenlos Cannabis-Stecklinge an interessierte Bürger*innen abgeben. Noch bevor es dazu kam, griff jedoch die Polizei ein: 117 Stecklinge wurden beschlagnahmt. Die Staatsanwaltschaft bewertete das Vermehrungsmaterial nicht als rechtlich zulässige Stecklinge, sondern als vollwertige Pflanzen – und erhob Anklage.
Eine Revision gegen das Urteil ist sehr wahrscheinlich. Unterstützung erhält sie dabei vom Bundesverband, der auf eine grundlegende juristische Klärung drängt – insbesondere im Hinblick auf zahlreiche ähnliche Fälle in anderen Städten, bei denen ebenfalls Stecklinge beschlagnahmt wurden, etwa bei privaten Anbauern oder Fachgeschäften.
Vor dem Gerichtsgebäude versammelten sich am Mittwoch zahlreiche Unterstützer*innen, die Transparente trugen und gegen die Kriminalisierung von Eigenanbau und Aufklärung protestierten. Auch Vertreter des Bundesverbands des Deutschen Hanfverbands waren vor Ort, um Solidarität zu zeigen.
Streit um Definition von Stecklingen
Der Fall hat überregionale Bedeutung, da er eine bislang ungeklärte juristische Frage in den Fokus rückt: Gelten Stecklinge, die noch keine Wurzeln haben oder gerade erst in Erde gesetzt wurden, bereits als Cannabispflanzen im Sinne des Konsumcannabisgesetzes (KCanG)? Oder handelt es sich – wie von der Verteidigung argumentiert – um Vermehrungsmaterial, das nicht unter die strenge Obergrenze von drei erlaubten Pflanzen fällt?
Im Prozess stützte sich die Staatsanwaltschaft auf den Kommentar von Patzak/Fabricius (11. Auflage, § 1 KCanG, Rdn. 8), in dem sinngemäß steht, dass ein Steckling zum Setzling – und somit zur Pflanze – werde, sobald er in der Erde steckt. Eine Einschätzung, die von vielen Experten als realitätsfern kritisiert wird, zumal der Begriff „Setzling“ im Gesetz selbst nicht auftaucht.
Unsere „Staatsanwaltschaft“ solle bitte endlich mal einen ordentlichen Job machen und nicht die Zeit mit sowas lächerlichem totschlagen! Vollkommen realitätsfremd.
Bin absolut bei dir, was das unsinnige Verfahren anbelangt.
Aber aus meiner Sicht liegt der Fehler nicht bei der Staatsanwaltschaft, sondern der Polizei. Wer Stecklinge als vollwertige Pflanzen betrachtet, hat entweder keine Ahnung oder sucht bewusst Gründe Menschen zu kriminalisieren
Umso besser wenn hier ein klares und hoffentlich vernünftiges Urteil gesprochen wird.
Da hat due Ampel ein Schwurbelgesetz verabschiedet, das viel Interpretationsraum lässt.
Das BGB aus den Kaiserreich gilt weitgehend unverändert und hat kaum Interpretationsraum.
Geldstrafe zu wenig. Bewährung mindestens!
Dieses Urteil schreit nach Revision – und nach einem Freispruch erster Klasse! Wer 117 wurzellose Hanf-Stecklinge als „vollwertige Pflanzen“ wertet, ignoriert biologische Realität und rechtliche Logik gleichermaßen. Hier wurde kein Schwarzmarkt bedient, keine Dealerstrukturen gefördert, sondern Aufklärung betrieben und Bürgerrechte verteidigt.
Die Staatsanwaltschaft tut so, als ob ein abgeschnittener Zweig schon eine ganze Pflanze sei – das ist juristische Haarspalterei auf Kosten der Glaubwürdigkeit des Gesetzes. Das Konsumcannabisgesetz kennt den Begriff „Setzling“ überhaupt nicht, und den Kommentar Patzak/Fabricius zum Maßstab zu machen, ersetzt keinen klaren Gesetzestext. Es ist die Aufgabe der Gerichte, Recht zu sprechen – nicht, wissenschaftlich fragwürdige Konstruktionen willfährig abzunicken.
Hier wird eine Aktivistin kriminalisiert, die für legale Rechte kämpft, während gleichzeitig wasserklare Schlupflöcher für industrielle Player bestehen. Das zeigt einmal mehr: Cannabisrecht in Deutschland bleibt Flickwerk, solange zentrale Fragen wie die Abgrenzung von Vermehrungsmaterial nicht eindeutig geklärt sind.
Statt Geldstrafe braucht es jetzt ein deutliches Signal: Keine Strafe fürs Engagement, keine Kriminalisierung von Stecklingen – Freispruch erster Klasse für Angelika Saidi!