Bund beschließt Abschaffung der Stoffstrombilanzverordnung – Minister Schulze spricht von „überfälligem Schritt“, während der BUND vor Rückschritten beim Trinkwasserschutz warnt

Es ist eine Entscheidung mit weitreichenden Folgen für Landwirtschaft, Umweltpolitik und föderale Zusammenarbeit: Die Bundesregierung hat am Dienstag das Ende der Stoffstrombilanzverordnung beschlossen – ein Schritt, der vor allem in Sachsen-Anhalt für große Zustimmung sorgt. Minister Sven Schulze (CDU) spricht von einem „Bürokratiemonster“, das nun endlich vom Hof gefegt werde. Umweltverbände hingegen warnen vor einem Rückfall in der Nitratpolitik – mit möglichen Konsequenzen für das Trinkwasser in der Region.
Was wurde beschlossen?
Das Bundeskabinett hat auf Vorschlag von Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) die seit 2018 geltende Stoffstrombilanzverordnung gekippt. Diese verpflichtete landwirtschaftliche Betriebe dazu, ihre Nährstoffflüsse – insbesondere Stickstoff und Phosphor – detailliert zu erfassen und zu bilanzieren. Ziel war es, die Überdüngung der Felder zu reduzieren und den Nitratgehalt im Grundwasser zu senken.
Doch schon seit Jahren kritisierten viele Landwirte die Verordnung als praxisfern und bürokratisch überfrachtet. Jetzt zieht der Bund die Reißleine.
Sachsen-Anhalt: „Ein Sieg der Vernunft“
In Sachsen-Anhalt, wo viele mittelständische Agrarbetriebe unter hohem Verwaltungsaufwand litten, wurde der Beschluss mit Erleichterung aufgenommen. Wirtschafts- und Landwirtschaftsminister Sven Schulze, der zugleich Sprecher der unionsgeführten Agrarministerien ist, sagte:
„Endlich ist ein Bürokratiemonster erledigt, das unsere Betriebe über Jahre belastet hat – ohne erkennbaren Mehrwert für Umwelt oder Gewässerschutz.“
Schulze verwies auf einen einstimmigen Beschluss der Agrarministerkonferenz im Herbst 2024, in dem sich alle Bundesländer für eine Abschaffung ausgesprochen hatten. „Jetzt setzt der Bund endlich um, was die Länder schon lange gefordert haben“, so Schulze. Der Minister sprach von einem „starken Signal für mehr Praxisnähe in der Agrarpolitik“ – und einem politischen Erfolg für Sachsen-Anhalt.
Ziel: Bürokratieabbau statt Gießkannenprinzip
Bundesminister Rainer begründet den Schritt mit dem Ziel, die „überbordende Bürokratie“ im Agrarsektor zurückzudrängen: „Schon heute – sieben Wochen nach Amtsantritt – haben wir geliefert. Die Stoffstrombilanz war hochbürokratisch und wird von der EU so nicht verlangt. Also weg damit.“
Laut Ministerium sollen die Landwirte durch die Abschaffung von jährlich rund 18 Millionen Euro an Bürokratiekosten entlastet werden. Statt auf Pauschalregelungen will der Bund künftig auf ein nationales Monitoring-System setzen, das gezieltere Maßnahmen gegen Überdüngung ermöglichen soll.
BUND: „Falsches Signal zur falschen Zeit“
Die Entscheidung sorgt jedoch auch für scharfe Kritik – besonders aus dem Umweltlager. Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), warnt vor einem „Rückschritt im Gewässerschutz“: „Die Qualität unseres Grund- und Trinkwassers ist durch steigende Nitratbelastungen gefährdet. Statt notwendige Schutzmaßnahmen zu stärken, wird die einzelbetriebliche Verantwortung aufgeweicht. Das ist das falsche Signal – gerade jetzt.“
Der BUND fordert stattdessen ein nationales Düngerecht, das differenzierte, verursacherbezogene Regelungen schafft. Damit könnten gut wirtschaftende Betriebe entlastet und Umweltsünder stärker in die Pflicht genommen werden.
Zudem kritisiert Bandt die Art und Weise, wie die Abschaffung der Verordnung zustande kam: „Die Einbindung der Verbände war unzureichend. Eine Stellungnahmefrist von weniger als zwei Werktagen untergräbt demokratische Beteiligung.“
Der BUND sieht darin einen problematischen Präzedenzfall und prüft juristische Schritte gegen das Vorgehen des Bundes.
Regionale Folgen: Was bedeutet das für Sachsen-Anhalts Böden und Wasser?
Sachsen-Anhalt zählt zu den Bundesländern mit teils kritischer Nitratbelastung im Grundwasser. Vor allem in landwirtschaftlich intensiv genutzten Regionen wie der Börde, dem Burgenlandkreis oder dem Jerichower Land ist die Belastung in den vergangenen Jahren wieder gestiegen – trotz Maßnahmen der Wasserrahmenrichtlinie der EU.
Wasserwerke schlagen bereits jetzt Alarm: Wenn die Nitratwerte weiter steigen, drohen höhere Aufbereitungskosten – Kosten, die perspektivisch auch die Verbraucher treffen könnten. Der Wegfall der Stoffstrombilanz lässt befürchten, dass die Kontrolle über die tatsächlichen Düngemengen auf den Feldern schwieriger wird.
Neue Richtung in der Agrarpolitik?
Der Streit um die Stoffstrombilanz ist Teil eines größeren Richtungswechsels in der Agrarpolitik der Bundesregierung. Der Fokus liegt nun stärker auf Wettbewerbsfähigkeit und Entlastung, weniger auf pauschalen Regulierungen. Gleichzeitig kündigte Bundesminister Rainer jedoch an, dass „gezielte Maßnahmen gegen Betriebe mit systematisch hohen Überschüssen“ weiterhin notwendig seien.
Wie genau dieses Monitoring aussieht, welche Daten erhoben werden – und vor allem, wie rechtssicher diese neue Regelung gestaltet wird – bleibt zunächst offen.
Die Verordnung trat 2018 in Kraft und verpflichtet Agrarbetriebe, alle Nährstoffflüsse – also Einträge (z. B. durch Dünger, Futtermittel) und Austräge (z. B. durch Ernte) – detailliert zu erfassen. Ziel war es, die Nährstoffbilanzen auszugleichen und Überdüngung zu verhindern. Besonders der Nitratwert im Grundwasser sollte dadurch gesenkt werden – eine Vorgabe aus Brüssel, denn Deutschland wurde bereits mehrfach von der EU wegen zu hoher Werte gerügt.
Erst wenn Deutschland von der EU zu hohen Strafzahlungen verdonnert wird, werden es die Agrarindustrielobbyisten und Politiker, die unsere Umwelt versauen und unsere Böden zerstören kapieren.
Schön. Wenn die Bauern dadurch „entlastet“ werden, kann man ja dann deren Subventionen zurückfahren.
Gab es denn auch Aussagen darüber ob die Erfassung was gebracht hat? Gan es einen Nutzen für den Trinkwasserschutz? So ließt es sich nämlich, als wäre es eine Entscheidung für alle Betriebe (Gießkanne!) Und gegen den Schutz des Trinkwassers und die Hohen Kosten für alle. Eine Belohnung für Betriebe die es wenigstens versuchen, wäre doch auch ok? Und was Abschaffen ohne einen sinnvollen Ersatz zu finden,ist immer eine super Idee.
Ach was, Wasser können wir in Flaschen kaufen bei der Firma, die wir Deutschen gerne haben.
Zum etwa 500-fachen Preis zwar, aber das ist dann eben Wirtschaftsförderung.
Dass Nitrat im Körper zu Nitrit reduziert wird und dieses dann karzinogen wirkt, kümmert dann einfach alle, die sich Flaschenwasser leisten können, nicht mehr.
In Bitterfeld ist das Grundwasser schon seit DDR-Zeiten ungenießbar. Jetzt möchten die Agrarfürsten und Unionspolitiker das für weitere Teile von Sachsen-Anhalt erreichen.
Ab 2027 soll Bohafer verwendet werden, dass die Kühe nich so viel furzen. Dass das Erbgutschädigend ist, interessiert Niemand, aber über einen erhöten Nitratwert rumpastern. Das Nitrate bei uns im Boden sind wird nicht erwähnt. Generationen vor mir, haben das Brunnenwasser gtrunken und sind sehr alt geworden.
„erbgutschädigend“
Ah, ein Internetfachexperte. 👍
Noch so ein Wissenschaftsleugner. Du darfst der Wissenschaft ruhig glauben dass es extrem gesundheitsschädigend ist, dieses Zeug zu sich zu nehmen. Auch wenn du offensichtlich alt bist, heißt das ja nicht, dass andere davon nicht erkranken. Nur weil du eine andere Erfahrung gemach hast, muss das nicht überall so sein. Euro Generation hat eben ein völlig anderes Verständnis von Umwelt als junge Menschen. Man sieht es gut an der Zerstörung dieser zu DDR Zeiten. Für viele alte ist es heute noch normal, seinen Mist irgendwo hin zu kippen und es für völlig unbedenklich halten, weil es war ja vorher auch schon was im Boden….
Und was zum Geier ist „Bohafer“ ? In den Richtlinien zu 2027, welche noch gar nicht fertig sind, steht nichts von irgendwelchem Erbgutschädigenden Futtermittel. Es soll mehr Grünzeug und Ackerpflanzen verwendet werden, statt Mais und Silage.