Gimritzer Damm: 90 Jahre Streit um den Deich

Auch dreieinhalb Jahre nach dem Jahrhunderthochwasser der Saale ist ein Weiterbau des Hochwasserwalls am Gimritzer Damm nicht in Sicht. Im Mai vergangenen Jahres war ein Baustopp durch das Oberverwaltungsgericht erlassen worden, nachdem Anwohner geklagt hatten. Derzeit laufen die Umweltprüfungen. Doch der Streit um den Deich ist schon 90 Jahre alt.
1926 sollte unter Oberbürgermeister Robert Rive der Damm aufgeschüttet werden. Doch unter anderem wegen fehlender finanzieller Mittel wurde nicht weitergebaut. Außerdem ordnete das Preußische Regierungspräsidium (heute Landesverwaltungsamt) am 4. Januar die sofortige Einstellung der Arbeiten an und bezog sich auf das Wassergesetz. Erst am 12. April gab es die Genehmigung. Am 8. August 1927 beantragte dann der Magistrat (heute Stadtverwaltung) die Errichtung eines Hochwasserdamms. Der sollte am Ortsausgang von Passendorf beginnen und bis zur Mansfelder Straße gehen. Heute ist dieser Abschnitt als „Passendorfer Damm“ bekannt. Für den Lettiner Weg beantragte die Stadt eine Erhöhung und Verbreiterung – der Anfang für den Gimritzer Damm.
Es war ein paar Jahre ruhig, bis am 7. Juni 1931 ein Schreiben vom Oberpräsidenten der Elbstrombauverwaltung folgte. „Im Jahre 1926 hat die Stadt Halle zur Anlage einer Straßenbahnlinie den im gesetzlichen Überschwemmungsgebiet liegenden Gimritzer Damm (früher Lettiner Weg) erhöht, ohne hierzu vorher die vorflutpolizeiliche Genehmigung eingeholt zu haben. Hierdurch sind die Flutbrücken im Zuge der Mansfelder Landstraße (Passendorfer Flutbrücken) für die Hochwasserabführung fast vollständig unwirksam geworden“, führt die Behörde aus. Halle habe zudem seinen Bauantrag erst zu spät eingereicht und nur unzureichende Pläne vorgelegt. Der Magistrat wird aufgefordert, einem Antrag für eine „auf Kosten der Stadt auszuführende Hochwasserregulierung“ zu stellen.
Am 20. Dezember 1933 erteilt der Bezirks-Ausschuss zu Merseburg die Genehmigung zur Erweiterung der Durchflußöffnungen der Siebenbogen- und der Elisabethbrücke sowie zur Erhöhung des Gimritzer Damms. Die Deichbaukosten, die laut Kanalamt 730.000 Reichsmark kosten, seien von der Stadt zu tragen. Es folgt am 9. Januar 1934 eine Besprechung zwischen Regierungsbaumeister und Regierungsbauführer. Ziel ist es, einen reinen Schutzdeich ohne Straße mit einer Deichhöhe von 79.50m NN zu planen, 50 Zentimeter höher als das Hochwasser von 1830.
Im Jahr 1935 erfolgt dann der Bau eines neuen Pumpenwerks unterhalb des Weinbergs mit einer Kanalisation durch Röhren. Drei Pumpen werden installiert. Die neue Straße am Gimritzer Damm wird am 21. November 1935 für den Verkehr freigegeben, damals unter dem Namen Hermann-Göring-Straße.
Doch auch im Umland passiert viel. So erfolgen von 1931 bis 1938 beträchtliche bauliche Regulierungen der Saale sowohl in Halle als auch in Thüringen, wo Talsperren errichtet werden. Zudem wird zeitgleich an einem neuen Kanal bis zum Hafen Leipzig-Lindenau geplant. Die öffentliche Ausschreibung für den Bau eines Umgehungskanals in Halle erfolgt 1934, den Zuschlag erhält die Philipp Holzmann AG. Mit Schlick aus der Saale wurde zudem der Gimritzer Damm erhöht. 1937 weiß dann die Saale-Zeitung von einem Februarhochwasser zu berichten. Es ergeben sich Abflussprobleme über den Saugraben. Ein Vorflutpumpenwerk am Gimritzer Damm ist geplant.
Weiter geht es dann zu DDR-Zeiten. Zwischen 1964 und 1972 erfolgen weitere Arbeiten am Gimritzer Damm. Zudem werden Versorgungsleitungen verlegt, darunter Hochdruck- und Niederdruck-Gasleitungen. Der Damm wuchs nach und nach zu, die Peißnitz wurde zum Kulturpark, die Eissporthalle entstand und dass der Gimritzer Damm ein Hochwasserdeich ist, geriet in Vergessenheit. Zumindest bis 2011, als er wegen des Winterhochwassers gesperrt werden musste. Und natürlich, als sich im Juni 2013 zeigte, wie marode der Deich ist.
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