AOK Sachsen-Anhalt hebt Zusatzbeitrag auf 2,89% an
Steigende Kosten im Gesundheitswesen zwingen die AOK Sachsen-Anhalt, ihren Zusatzbeitrag zum Jahreswechsel von 2,5 Prozent auf 2,89 Prozent anzupassen. Das hat der Verwaltungsrat am Dienstag beschlossen. Er liegt damit unter dem bundesweit durchschnittlichen Zusatzbeitrag für 2026 und weiterhin unter dem der meisten anderen Kassen. Alle Leistungen und Services bleiben erhalten. Doch mahnt der Verwaltungsrat Sachsen-Anhalts größter Krankenkasse Strukturreformen und eine faire Lastenverteilung an. Zudem fordert er vom Bund dringend kostendeckende Pauschalen für Bürgergeldbeziehende.
Insbesondere die Ausgaben für Krankenhausbehandlungen und Arzneimittel treiben die Kosten in die Höhe. So gab die AOK Sachsen-Anhalt allein im Jahr 2024 rund 1,4 Milliarden Euro für Krankenhausaufenthalte und fast 725 Millionen Euro für die Arzneimittel ihrer Versicherten aus. Im Vergleich zu 2023 sind das bei Krankenhausbehandlungen rund 106 Millionen Euro und bei Arzneimitteln fast 50 Millionen Euro mehr. Für das Jahr 2025 schätzt die Kasse die Mehrausgaben auf weitere 130 Millionen Euro für die Krankenhausbehandlungen und 60 Millionen Euro Kosten für die Arzneimittel.
Politik in der Pflicht: Beitragszahlende endlich spürbar entlasten
Ein weiterer Kostenfaktor sind die nicht kostendeckenden Beitragszahlungen des Bundes für die Krankenversicherung von Bürgergeldempfängern. Dadurch fehlten der AOK Sachsen-Anhalt allein im Jahr 2022 mehr als 108 Millionen Euro. Für die Jahre 2023 bis 2026 rechnet die AOK mit ähnlichen Beträgen.
Würde der Bund nicht nur ein Drittel, sondern eine kostendeckende Pauschale zahlen, könnte die AOK Sachsen-Anhalt ihren Beitragssatz auf einen Schlag um ca. 0,4 Prozentpunkte senken. Doch diese Lücke muss aus Beitragsgeldern geschlossen werden. „Das ist eine Ungerechtigkeit ohne Gleichen. Die Versorgung von Bürgergeldempfängern ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und sollte über Steuern finanziert werden. Stattdessen werden allein die Beitragszahlenden belastet“, kritisiert Susanne Wiedemeyer, Vorsitzende des Verwaltungsrats der AOK Sachsen-Anhalt und Vertreterin der Arbeitnehmerseite. Nach langjährigen Ankündigungen der Politik zu dieser Frage ist jedoch keine Veränderung eingetreten. Daher beteiligt sich die AOK Sachsen-Anhalt nun auch an einer Klage der gesetzlichen Krankenkassen gegen die unzureichende Finanzierung.
Als weitere entlastende Maßnahme fordert die AOK Sachsen-Anhalt das Absenken der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel. Dies hätte der Kasse im Jahr 2025 einen Betrag von rund 70 Millionen Euro einsparen können, was etwa 0,3 Prozentpunkte am Zusatzbeitrag ausmachen würde. Ein Absenken hätte also für 2026 und die Folgejahre einen erheblichen finanziellen Effekt. Dass Medikamente mit dem vollen Mehrwertsteuersatz belegt sind, ist international unüblich. Schließlich gehören sie für viele Menschen zum täglichen Grundbedarf oder sind sogar lebensnotwendig.
Verwaltungsrat fordert Strukturreformen und faire Lastenverteilung
„Der ‚Herbst der Reformen‘ ist ausgeblieben – und das bei einem System, das längst am Limit arbeitet. Wir brauchen endlich echte Strukturreformen und eine nachhaltige Finanzpolitik für die Gesundheitsversorgung“, fordert Uwe Schomburg, Vertreter der Arbeitgeberseite im Verwaltungsrat. „Nur mit konsequentem Sparwillen und einer ausgewogenen Einnahmen- und Ausgabenpolitik lässt sich die wachsende Schieflage beheben. Gleichzeitig muss die Politik für eine faire Lastenverteilung sorgen und dabei alle Akteure einbeziehen, insbesondere die Pharmaindustrie, Apotheken und die Ärzteschaft.“
Hintergrund
Der Beitragssatz einer Krankenkasse setzt sich aus dem allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent und einem individuellen Zusatzbeitrag zusammen. Beides wird zu gleichen Teilen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen. Der gesamte Beitragssatz der AOK Sachsen-Anhalt beträgt damit ab dem 1. Januar 2026 17,49 Prozent.











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