Hitler- und KPD-Plakate, Menschen in 30er-Jahre-Klamotten – Dreharbeiten in Halle (Saale): „Das Mädchen mit der Leica“ erweckt Geschichte zum Leben

Am heutigen Montag verwandelten sich Teile der halleschen Innenstadt in ein filmisches Fenster in die Vergangenheit: In der Kuhgasse und der Schmeerstraße wurde für das historische Filmdrama „Das Mädchen mit der Leica“ gedreht. Der Film, der auf dem gleichnamigen Roman von Helena Janeczek basiert, erzählt das bewegende Leben der deutschen Fotografin Gerda Taro – mutige Zeitzeugin, Widerstandskämpferin und Pionierin der Kriegsfotografie.
Die Dreharbeiten brachten prominente Namen der deutschsprachigen Filmwelt nach Halle. Vor der Kamera standen unter anderem Emilia Schüle, die in der Hauptrolle Gerda Taro verkörpert, sowie Aaron Altaras als ihr Lebensgefährte und berühmter Fotograf Robert Capa. Auch Luna Wedler, Joel Basman, Jeremy Mockridge und Thomas Schubert gehören zur hochkarätigen Besetzung.
Halle als Filmkulisse: Ein Hauch von 1930er-Jahre
Die historische Altstadt Halles bot die perfekte Kulisse für die filmische Rückkehr in das Europa der 1930er-Jahre. Mit viel Liebe zum Detail wurde etwa das Geschäft „MOTSCHEKIEBCHEN“ in einen eleganten Hutladen verwandelt. Auch vor dem ehemaligen Ladenlokal „Photo Krütgen“ arbeiteten Szenenbildner an einer aufwendigen Kulisse: Bretter wurden vor die Fassade montiert und mit historischen Wahlplakaten beklebt – darunter authentische Motive wie „Wählt Hitler“, „KPD Liste 3“ und Aufrufe zu Revolutionskundgebungen. Die Kulissen zeugen vom politischen Spannungsfeld der Zeit, in dem sich Taros Lebensgeschichte abspielte. Fußgänger und Straßenbahnen wurden immer wieder gestoppt, um wenn weitere Szenen aufgenommen wurden. Italienische Stimmen hallten durch die Gassen, denn Regie führt Alina Marazzi aus Italien. Männer und Frauen in typischen 30er-Jahre-Kleidung und entsprechenden Frisuren waren unterwegs. Gedreht wurden auch Straßenszenen aus einer Straßenbahn heraus. Aber nicht aus einer der vorbeifahrenden HAVAG-Bahnen. Stattdessen wird auch die Straßenbahn nur simuliert: Ein rollenden Kasten mit drei kleinen Holzfenstern und einer Kamera drin, die nach Außen filmte.
Eine außergewöhnliche Frau im Zentrum
Das Mädchen mit der Leica erzählt nicht nur von der Liebe zwischen Gerda Taro und Robert Capa, sondern beleuchtet auch ihre Entwicklung von einer jungen jüdischen Emigrantin zur gefeierten Kriegsfotografin. Nach ihrer Flucht vor den Nationalsozialisten fand Taro in Paris Anschluss an linke Intellektuelle und Künstler. Gemeinsam mit Capa reiste sie 1936 an die Front des Spanischen Bürgerkriegs, um das Leid der Zivilbevölkerung zu dokumentieren – mit nichts als einer Leica-Kamera in der Hand.
Taro kam 1937 im Alter von nur 26 Jahren bei einem Einsatz nahe Madrid ums Leben. Ihre Beerdigung in Paris wurde zur großen politischen Manifestation – unter den Trauergästen befanden sich Dichter wie Louis Aragon, der chilenische Lyriker Pablo Neruda sowie zahlreiche Fotografen und politische Weggefährten.
Stimmen der Erinnerung
Der Film adaptiert die vielfach ausgezeichnete Romanvorlage von Helena Janeczek, die sich der Biografie Taros aus verschiedenen Blickwinkeln nähert. Die Geschichte wird durch die Stimmen dreier Weggefährten erzählt: dem ungarisch-jüdischen Emigranten Csiki Weisz, der Fotografin Ruth Cerf und dem Journalisten Ted Allan. Ihre Erinnerungen formen ein vielschichtiges Bild einer Frau, die sich mit ihrer Kamera nicht nur gegen Faschismus, sondern auch gegen Geschlechterrollen und Konventionen auflehnte.
Besonders inspiriert wurde der Roman durch die Wiederentdeckung von Gerda Taros Negativen im Jahr 1997 in Mexiko, die Jahrzehnte lang als verschollen galten. Die Bilder offenbarten eine einzigartige fotografische Handschrift – mutig, einfühlsam und unerschrocken nah am Geschehen.
Starbesetzung mit Tiefgang
Neben Emilia Schüle und Aaron Altaras versammelt der Film ein Ensemble aus bekannten Schauspielerinnen und Schauspielern:
Schauspieler/in Rolle
– Emilia Schüle: Gerda Taro
– Aaron Altaras: Robert Capa
– Idan Weiss: David Seymour / Chim
– Luna Wedler: Ruth Cerf
– Lucas Englander: Georg Kuritzkes
– Sebastian Schneider: Csiki Weisz
– Thomas Schubert: Willy Chardack
– Hans-Christian Hegewald: Fred Stein
– Lia von Blarer: Lilo Stein
– Jeremy Mockridge: Ted Allan
– Joel Basman: Bertolt Brecht
– Francesca Biliotti: Helene Weigel
Halle als Drehort von Bedeutung
Mit dem Dreh von „Das Mädchen mit der Leica“ reiht sich Halle (Saale) einmal mehr in die Liste bedeutender deutscher Filmstandorte ein. Die Stadt bot nicht nur eine passende Kulisse, sondern auch die notwendige filmische Infrastruktur. Für viele Hallenserinnen und Hallenser war der Dreh ein besonderes Ereignis – Straßensperrungen, Kamerakräne und Filmteams brachten für einen Tag das Flair großer Filmproduktion in die Stadt.
Hintergrund: Gerda Taro (1910–1937)
Geboren als Gerta Pohorylle in Stuttgart, emigrierte sie nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten zunächst nach Leipzig und später nach Paris. Dort lernte sie André Friedmann kennen, mit dem sie sich gemeinsam als Robert Capa und Gerda Taro neu erfanden – als Künstlerpaar an der Front der Weltgeschichte. Ihre Bilder veränderten die Kriegsfotografie. Ihr früher Tod machte sie zur Legende.
„Das Mädchen mit der Leica“ wird voraussichtlich 2026 in die Kinos kommen. Bereits jetzt wird das Projekt als ein cineastisches Highlight gehandelt – mit hoher historischer Relevanz und starker künstlerischer Handschrift.

















In den 1930er gab es nicht so eine präzisen Straßenbau mit abgesenkten und symetrischen Borden zur Barrierfreiheit. Kenner fallen solche kleine Feinheiten auf.
Das wird wohl nachträglich bearbeitet werden. Der Plakat-Mix war auch ziemlich wild (Landtag-, Reichstags- und Reichspräsidentenwahlen aus diversen Städten und von 1919 bis 1932)^^
Als ob es bei dem ganzen nicht wichtigere Dinge geht 🙄
Na dann, sofortiger Abbruch der Filmarbeiten!
Der Kenner hat gesprochen!
Ach, ich hatte schon bedauert, dass der ehemalige Fotoladen jetzt verrammelt wird, und mich gleichzeitig gefreut, dass da ein neues Hutgeschäft entsteht (aber innerlich auch gedacht, dass das wohl ein sehr gewagtes Geschäftsmodell in der heutigen Zeit ist).
Aber ich finde es erstaunlich, dass das Haus in der Schmeerstraße 9 (Foto Krütgen) schon seit mindestens 30 Jahren leersteht und trotzdem nicht so verunstaltet und verfallen gelassen wird wie manche andere. Da sind sogar noch Gardinen und (Kunst-)Blumen in den Fenstern, damit es nicht so verlassen aussieht. Das Haus ist wie in der Zeit stehengeblieben. Die Geschichte dahinter würde mich mal sehr interessieren.
Wenn man die Welt nur aus dem Internet kennt…
Hä? Was willst du damit sagen?
Dass du Welt offenbar nur (noch) aus dem Internet kennst.
Und nichts aus der Realität mehr mitbekommt und denkt, wenn er hier Wortschutt ablädt ist das Realität.
Da unterliegst du einem Fehlschluss. Worin begründet sich dieser denn?
Das begründet sich in deinen Kommentaren.
Du weißt schon, dass du die hier öffentlich schreibst, ja?