Für 1,3 Mio Euro: Kunsthochschule Burg Giebichenstein restauriert Paradeschlafzimmer
Die Textilmanufaktur der Kunsthochschle Burg Giebichenstein aus Halle hat einen Großauftrag zur Rekonstruktion des Paradeschlafzimmers August des Starken erhalten. Bis 2018 werden historische Wandbehänge des Dresdner Residenzschlosses hier wiederhergestellt. Der Auftrag hat einen Umfang von 1,3 Millionen Euro. Am Montag hat sich Ministerpräsident Reiner Haseloff über das Vorhaben informiert.
Das vom Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement vergebene Projekt umfasst die akribische und detailgenaue Rekonstruktion der historischen Wandbehänge des dort 1717 bis 1718 entstandenen Paradeschlafzimmers. Im Sommer dieses Jahres begannen an der BURG die Rekonstruktionsarbeiten. Koordiniert von Werkstattleiterin Ilona Fitzner bringen seither neun dafür eigens eingestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Handarbeit die Applikationen auf dem wertvollen Goldbrokat der Wandbekleidungen, der Bettvorhänge und der äußeren Bettkränze an, um so das rekonstruierte Paradeschlafzimmer wieder in seiner alten Pracht erstrahlen zu lassen. Um die zusätzlichen Mitarbeiter für die selten angewandte Stickereitechnik zu finden, ging man im Frühjahr 2016 neue Wege: In Kooperation mit dem VHS-Bildungswerk Magdeburg wurde eine durch das Jobcenter Halle (Saale) geförderte Qualifizierungsmaßnahme gestartet.
„Wir freuen uns sehr, dass durch die Förderung des Jobcenters Halle (Saale) bereits neun geeignete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über das VHS-Bildungswerk Magdeburg qualifiziert und eingestellt werden konnten.“, sagt Jan Kaltofen, Geschäftsführer des Jobcenters Halle (Saale), „Damit ist es nun möglich, das erforderliche Spezialwissen im Rahmen dieses aufwändigen Projektes an neue Mitarbeiter weiterzugeben und zugleich neue berufliche Perspektiven zu schaffen.“
Das Paradeschlafzimmer gehört zu den ehemaligen Paraderäumen des Dresdner Residenzschlosses. Obwohl im Zweiten Weltkrieg das Residenzschloss nahezu völlig zerstört wurde, konnten Teile der Wandbekleidungen durch rechtzeitige Auslagerung gerettet und nun als Vorlage verwendet werden.
Die Textilmanufaktur ermöglicht fundierte und fachbereichsübergreifende Lehre und Forschung in der Hoch- und Flachweberei, Stickerei, Näherei und Färberei. Zudem befinden sich dort auch die Werkstätten für Textilsiebdruck und Jacquardweberei. Die Textilmanufaktur ermöglicht so eine umfassende Ausbildung für die Studienrichtungen Malerei/Textile Künste (Fachbereich Kunst) und Textildesign (Fachbereich Design) und führt außerdem gewerbliche Auftragsarbeiten wie beispielsweise hochwertige Textilrestaurierungen von Tapisserien, Kostümen oder Stickereien aus. Die Textilrestaurierung bildet dabei einen Teil des Forschungsgebiets von Prof. Ulrich Reimkasten (Malerei/Textile Künste). Ein Studienangebot im Bereich Textilrestaurierung wird zudem derzeit angestrebt.
Die Textilmanufaktur blickt auf eine lange, wechselvolle Geschichte zurück:
1946 gegründet, war die seit 1958 in der Hallenser Puschkinstraße ansässige Textil- und Gobelinmanufaktur bis zur Wiedervereinigung als Produktionsbereich der Hochschule angegliedert. Seit 1992 wurde die Textilmanufaktur als GmbH des Landes Sachsen-Anhalt weiter geführt. Während dieser Zeit blieb die Hochschule dank Kooperationsvereinbarungen der Studienrichtungen Malerei/Textile Künste sowie Mode- und Textildesign mit der Textilmanufaktur weiterhin aufs engste verbunden. Zudem erarbeitete sich die Einrichtung – nun unter der Firmierung Staatliche Textil- und Gobelinmanufaktur – in den 1990er Jahren internationales Renommee, vor allem im Bereich der Restaurierung und Konservierung von historischen Textilien und Tapisserien. Um die Wirtschaftlichkeit der Manufaktur zu sichern war jedoch stets ein staatlicher Zuschuss notwendig. Im Oktober 2012 entschied sich die Landesregierung von Sachsen-Anhalt deswegen, die defizitär wirtschaftende Staatliche Textil- und Gobelinmanufaktur Halle GmbH zu liquidieren. Die geplante Schließung – und damit der drohende Wissensverlust der vielfältig spezialisierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in verschiedensten Techniken – konnte durch die Integration in die Kunsthochschule verhindert werden. 2014 konnte der Umzug in das neue Gebäude auf dem Campus Design erfolgen.
Foto: Matthias Ritzmann
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