Gesundheit ist keine Ware: Proteste gegen Profit-Geilheit im Gesundheitswesen
Am Mittwochnachmittag haben Pflegende und Ärzte auf dem Marktplatz in Halle gegen die Profitorientiertheit im Gesundheitswesen protestiert. Auf Plakaten waren beispielsweise Sprüche wie „Pflegenotstand beenden“, „Bessere Arbeitsbedingungen“ und „Bedarfsgerichte Versorgung von Patienten“, „Keine Profite mit der Gesundheit“ und „FCK DRG“ zu lesen. Mit DRG sind die Fallpauschalen gemeint. Redner beklagten, die Krankenhäuser seien nicht mehr für Kranken da, sondern für Profite. Eine bedarfsgerechte Finanzierung im Gesundheitswesen sei nötig. Krankenhäuser sollten rekommunalisiert und in eine Notprofit-Trägerschaft überführt werden.
Anlass für die Demo war eigentlich die Gesundheitsminister*innenkonferenz (GMK), die aber verschoben wurde. Trotzdem haben in elf Städten bundesweit Gesundheits- und Pflegebündnisse bundesweit Proteste gegen die Missstände im Gesundheitssystem durchgeführt. Unter dem Motto „Profite pflegen keine Menschen!“ haben sich an den verschiedenen Aktionen über 1500 Personen beteiligt.
Krankenschwester Silvia Habekost fordert eine neue Finanzierung des Gesundheitssystems, die Profite unterbindet: „Corona zeigt uns, dass es wichtig ist, für den Krisenfall ausreichend Reservekapazitäten vorzuhalten. Gerade diese Vorhaltungen und Kapazitäten werde durch das Fallpauschalen-System, kurz DRG, nicht finanziert. Das ist eine Folge der Gesundheitspolitik Jens Spahns und des Einflusses neoliberaler Thinktanks. Wir fordern daher die Abschaffung des DRG-Systems, eine bedarfsgerechte Finanzierung, einen sofortigen Stopp der Privatisierungen und eine öffentliche Bedarfsplanung im Gesundheitswesen.“
Dorit Hollasky, Sprecherin des Bündnisses für Pflege und mehr Personal im Krankenhaus, kritisiert die scheinbaren Prioritäten der Bundesregierung. „Während die der Klimakiller Lufthansa neun Milliarden Euro ohne Bedingungen von der Bundesregierung bekommt, erhalten Pfleger*innen nur warme Worte. Als wäre das nicht schon Hohn genug, setze Jens Spahn die Pflegepersonaluntergrenzen aus und ermöglichte 12-Stunden-Akkordarbeit. Wir fordern: Mehr Geld für Pflege statt für Flieger!“
Doch nicht nur um die Arbeitsbedingungen in den Krankenhäusern geht es den Protestierenden, sondern auch um die Produktion und Verteilung medizinischer Güter. Dazu erklärt Hannah Weber von der IL: „Die Engpässe bei Hygieneprodukten und Medikamente, sowie die Versuche, einen möglichen Corona-Impfstoff zu monopolisieren, zeigen, dass der Markt einer gerechten Verteilung notwendiger Güter im Wege steht. Während Bundesgesundheitsminister Spahn weiterhin die private Gesundheitswirtschaft umwirbt, stehen wir für ein öffentlich finanziertes Gesundheitswesen ein, das unter demokratischer Kontrolle der Beschäftigten, (potenziellen) Patient*innen und ihrer Organisationen steht.“
Zu der Aktion hatten die Interventionistische Linke (IL) Halle, die Verdi Jugend Halle, Sintoma, der Verein Demokratischer Ärztinnen und Ärzte (vdää) und Ende Gelände Halle eingeladen.
Die Proteste sind wichtig – auch nach der Krise. Überall muss sich etwas anders. Nicht nur im Gesundheitssystem, sondern auch in der Fleischindustrie oder der Reisebranche. Es muss hier förmlich Insolvenzen geben, damit diese Firmen keine Chance mehr haben, den Untergang kommender Generationen durch komplett nachhaltigkeitsfreies Geschäftsmodelle herbeiführen zu können. Dafür ist eine verstärkte soziale Ächtung erforderlich, so wie etwa bei der AfD oder Trump.
Nette These bro
Dafür kommen dann andere Firmen! Solange das System existiert, existieren auch dessen Gesetzmäßigkeiten! Ein erster und wichtiger Schritt wäre eine rigorose Reprivatisierung und umfängliche Vergesellschaftung von Gesundheit (Inkl. Pflege, Pharmaindustrie), Bildung, Ver-/Entsorgung, Post-/Fernmeldewesen, Verkehr, Sicherheit, Wohnen (nicht der „Häuslebauer“), also von allem was man der Daseinsfürsorge zuordnen kann.
„Ein erster und wichtiger Schritt wäre eine rigorose Reprivatisierung und umfängliche Vergesellschaftung von…“
Vorsicht – gleich kommt wieder irgendein Blödi mit der Kommunismus-Keule um die Ecke…
An der Vergesellschaftung zwischen 1949 und 1989 haben wir im Osten heute noch zu knabbern, wo die Vergesellschaftung hin geführt hat haben wir doch gesehen. Forschung zu vergesellschaften heißt Forschung nach Kassenlage, wenn kein Geld mehr da ist wird nicht mehr geforscht, genau so sieht es in den anderen Bereichen aus, warum geben Kommunen ihre Krankenhäuser auf weil die Kommunen kein Geld dafür haben. Pharmaforschung kostet MRD, man braucht Jahre für ein Medikament die erstmal vorfinanziert werden müssen ohne zu wissen ob man damit jemals 1 Euro verdient.
„wo die Vergesellschaftung hin geführt hat haben wir doch gesehen.“
Wo Privatisierung ehemaliger staatlicher Betriebe hingeführt hat, sieht man überall: höhere Preise, schlechtere Qualität, miesere Löhne, schlechtere Arbeitsbedingungen für die Angestellten, mehr Umweltbelastung, weniger Zuverlässigkeit, ständig wechselnde (meist steigende) Preise samt Tarifdschungel…
Nur ein Beispiel: Jeder Postler arbeitet heute dreimal so viel wie vor der Privatisierung, die Angestellten der zahlreichen Post-Subunternehmer noch dazu für die Hälfte des Geldes. Früher kam einmal täglich das Postauto, heute sind es vier oder noch mehr verschiedene Unternehmen, die jeden Tag das gleiche Zustellgebiet bedienen. Früher gab man seine Pakete bei einem Beamten am Schalter ab, der das Paket sicher verwahrte, heute irgendwo im Tante-Emma-Laden, wo die Pakete oft für jeden anderen Kunden erreich- und sichtbar gelagert werden.
Im privaten Gesundheitswesen das gleiche Bild: gestresste Billigkräfte beim Servicepersonal bei hoher Fluktuation, Belegschaft mit den Jahren oft um ein Drittel reduziert, eine Krankenschwester in der Nachtschicht alleine zuständig für 25 Patienten, darunter etliche Frischoperierte, Verringern des Angebotsspektrums und Orientierung zu teuren, oft überflüssigen OPs, Hygienemängel wegen Spardruck, miesestes Essen zu stolzen Preisen…
…die Liste ließe sich ewig fortsetzen.
„Forschung zu vergesellschaften heißt Forschung nach Kassenlage, wenn kein Geld mehr da ist wird nicht mehr geforscht“
Privatunternehmen forschen auch nur da, wo sie sich satte Gewinne versprechen, darum investiert z.B. kaum einer in die Erforschung seltener Krankheiten. Die Bürger mit sowas haben eben Pech gehabt. Die Kassenlage bei einem Privatunternehmen hat eine andere Grundlage als eine staatliche Einrichtung. Beim privaten herrschen die reinen Marktgesetze, dort geht es also nur um Gewinne, nicht um Daseinsvorsorge der Bevölkerung, wozu auch medizinische Versorgung zählt. Gerade ein reiches Land kann und muss sich eine staatlich finanzierte Forschungslandschaft leisten.
„Jeder Postler arbeitet heute dreimal so viel wie vor der Privatisierung, …“
Was wollen Sie uns damit sagen? Im Öffentlichen Dienst wird nur ein Drittel der Zeit gearbeitet und den Rest des Tages liegen die alle auf der faulen Haut?
„Was wollen Sie uns damit sagen? Im Öffentlichen Dienst wird nur ein Drittel der Zeit gearbeitet und den Rest des Tages liegen die alle auf der faulen Haut?“
Nein, das möchte ich nicht sagen. Offenbar möchtest du das aber – warum auch immer – so interpretieren.
Ich schrieb „Jeder Postler arbeitet heute dreimal so viel wie vor der Privatisierung“, d.h., er arbeitet zwar für relativ vernünftiges Gehalt, sein Zustellgebiet ist aber inzwischen so „optimiert“, dass er seine Sendungen nur im Galopp innerhalb der bezahlten Zeit abarbeiten kann. Da diesen Galopp aber auf Dauer keiner durchhält, arbeiten die meisten eben länger als sie bezahlt bekommen – und das deutlich intensiver als vor 35 Jahren. Damals hatte der Zusteller eine Tasche, manchmal zwei am Wagen. Heute haben die Postler 3 Taschen auf einmal auf ihren Rädern – und das ist nur der erste Schwung. Zwischendurch fahren sie zu ihren grauen Kästen und füllen sich wieder drei Taschen voller Briefsendungen. Die Zustellgebiete für den einzelnen Postler sind mittlerweile riesig. Die E-Fahrräder hat man nicht aus Nettigkeit für die Zusteller angeschafft. Man will vor allem verhindern, dass die Postler reihenweise mit den schwerbeladenen Rädern zusammenbrechen.
Beim Paketzusteller ist es ähnlich, die beladen 7 Uhr ihr Fahrzeug, vor 16 Uhr sind sie meist noch nicht fertig, oftmals sieht man sie noch 17.30 Uhr herumgurken, sogar am Samstag… Früher alles undenkbar. Es gibt schlimmere Arbeitsverhältnisse bei weniger Verdienst, deshalb bleiben die meisten Postler halt dabei. Nur irgendwo sitzen große Chefs und Aktionäre, die sich im fetten Geld suhlen, auf Kosten der kleinen Zusteller. Privatisierung macht genau solche Entwicklungen möglich.
Sachverstand, du sprichst mir aus dem Herzen !
Ein Blick auf die Veranstalterliste erübrigt jeden sinnvollen Kommentar.
Schön ist immer, wenn die mit Abstand bestverdienende Berufsgruppe unseres Landes „Profitgeilheit“ diagnostiziert.
Das gilt natürlich nieee für unsere lieben Ärzte.
Nicht wenige Chefärzte – mittlerweile auch hier im Osten kommen auf ein siebenstelliges Einkommen p.a,
Üppiges Grundgehalt und lustige „Belegbetten“ für Privatversicherte in der eigenen – gern auch kommunalen – Klinik machen’s möglich.
Aber profitgeil sind natürlich immer die anderen.
„wenn die mit Abstand bestverdienende Berufsgruppe unseres Landes…“
Dann guck mal in die Finanzbranche zu den großen Jongleuren – dagegen sind Ärzte arme Schlucker und die leisten immerhin sogar was.
ich glaube nicht das die Demonstranten von den .. sicher gut bezahlten… Chefärzten und Klinikdirektoren geschickt wurden.
Was ist mit dem „Fussvolk“ was beklatscht und plötzlich systemrelevant ist? 60h Wochen sind da keinen Seltenheit …
Für die muss was erreicht werden …
danke für die seit langem mal wieder sinnvolle demo.
Wo kommt denn das „60 h pro Woche Märchen her“?
Und auch Krankenpfleger sind in Deutschland überdurchschnittlich gut bezahlt.
Es ist halt ein Lehrberuf, mein Gott.
Was wollen die?
„Profitgeilheit im Gesundheitswesen “ beklagen und im gleichen Atemzug erstmal für sich mehr Kohle fordern.
Genau mein Humor!
Die Privatisierung- gemeinsam mit der Outsourcingswelle startete in den 90-zigern mit CDU/FDP an der Spitze getragen von der SPD.
Die Meinung damals war klar, nur wenn private Strukturen in staatlichen Einrichtungen schafft, wird sparsam mit Steuergeldern umgegangen. Den Irrsinn trieb man immer weiter, zu behaupten, der Strom wird billiger und alles ander nat. auch.
Ergebnis: Outsourcing schaffte präkere Arbeitsstrukturen im öffentl. Sektor, Wachdienste, Essenversorgung, Reinigung usw. wurden vor dem Mindestlohn mit Hungerlöhnen bedacht, während die Beamten und öff. Angestellten mit ordentlichem Geld an diesen vorbei liefen.
Energiekonzerne wurden vom Gewinn getrieben, teilet erstmal den Markt regional auf und die Preise schossen in die Höhe.
Krankenhäuser mussten Gewinnbringend sein, was für ein Absurdum. Damit die Kosten nicht explodieren, wird ein Abrechnungssystem, genannt DRG, eingeführt. Mit einem extremen Dokumentationsaufwand, zusätzlichen Kosten und weiteren Einsparungen. Just in Time Medizin war geboren. Aus den Augen verlor man leider immer mehr den Patienten.
Und ja, letzlich geht es um Steuergelder oder den Beiträgen von Krankenkassen. Es wäre allerdings schön, wenn 1. der Großteil der gelder beim Patienten ankommen und nicht in immer neuere Dokumentationssysteme und 2. die Mitarbeiter ordentlich bezahlt werden, alle Mitarbeiter!
Das was einige Kommunen mittlerweile machen, Unternehmen wieder in die öffentliche Hand zurück zuführen, um am Überschuss selbst beteiligt zu sein (Rückführung von Steurgeldern), muss auch für das Krankenhauswesen gelten. Fair bezahlte Mitarbeiter tragen nicht unwesentlich zur Qualität und auch zu einer wirtschaftlichen Stärkung der Region bei.
Unternehmen in öffentlicher Hand sind ineffizient, teurer und kundenunfreundlich.
Immer.
Wer’s nicht glaubt, kann gern mal seine Eltern befragen.
In der DDR waren ja quasi alle Unternehmen in öffentlicher Hand. Auch das erbärmliche Gesundheitswesen.
Hat sich nicht bewahrt. Niemals und nirgends auf der Welt.
„Unternehmen in öffentlicher Hand sind ineffizient, teurer und kundenunfreundlich.
Immer.“
Nie.
Klar,
deshalb läuft es auch in Venezuela und Nordkorea so super.
Kann man aber mit 12 Jahren noch nicht wissen Murli.
Hier scheinen einige bestimmte Dinge zu verwechseln.
Gesundheit, Energie, Müllabfuhr können gerne in Unternehmensformen GmbH oder andere funktionieren, nur nicht als gewinnbringend Unternehmen mit Gewinnausschüttung an Aktionären, mit Tarifbindungen und keinen prekären Arbeitsverhältnissen.
Industrie und Dienstleister, welche man als Bürger frei wählen kann, gehören in private Hände.