In sechseinhalb Stunden von Halle (Saale) nach Paris: neue ICE-Verbindung in Betrieb genommen
Am Sonntagmorgen herrscht auf Bahnsteig 6 des halleschen Hauptbahnhof schon jede Menge Trubel. Und das liegt nicht nur an den Reisenden. Kameras klicken, Mikrofone werden ausgerichtet, Politikerinnen und Politiker stehen im Gespräch. Und die Anzeigetafel verrät den Grund: „Paris Est“ als Ziel steht da. Um 8.17 Uhr rollt er ein: der erste ICE, der Halle direkt mit der französischen Hauptstadt Paris verbindet.
Künftig geht es jeden Tag ab 8.18 Uhr an die Seine. Planmäßige Ankunft in der Hauptstadt Frankreichs ist um 14.51 Uhr. In der Gegenrichtung startet der ICE um 11.07 Uhr in Paris und um 13.09 Uhr in Straßburg und erreicht Halle um 17.41 Uhr.
Mit einer Minute Verspätung – verursacht durch eine „verspätete Bereitstellung“ in Berlin – kommt der Zug am Bahnsteig an. Eine Marginalie an diesem Morgen. Denn wichtiger ist das Signal, das von diesem Zug ausgeht: Halle wird Teil einer internationalen Hochgeschwindigkeitsachse, die Berlin, Mitteldeutschland, Straßburg und Paris miteinander verbindet. Künftig fährt der ICE einmal täglich in die französische Metropole – eine neue Qualität der Anbindung für Sachsen-Anhalt.

Politischer Rückenwind am Bahnsteig
Begrüßt wird der Zug von Halles Oberbürgermeister Dr. Alexander Vogt und Sachsen-Anhalts Verkehrsministerin Lydia Hüskens. Auch Vertreter der Deutschen Bahn und der französischen Staatsbahn SNCF sind vor Ort. Die Symbolik ist bewusst gewählt: Hier geht es nicht nur um einen neuen Fahrplanpunkt, sondern um Mobilität, Klimaschutz, wirtschaftliche Entwicklung und europäische Integration.
„Ich halte es für außerordentlich gut, zwei solche Sehnsuchtsorte wie Berlin und Paris miteinander zu verbinden – zwei europäische Hauptstädte von Bedeutung“, sagt Verkehrsministerin Hüskens. Die neue Verbindung zeige, wie attraktiv die Schiene im internationalen Verkehr sein könne. Hüskens verweist auch auf einen ganz praktischen Vorteil: 6 Stunden und 30 Minuten Fahrzeit ab Halle – eine Strecke, die mit dem Auto kaum zu schaffen sei. Und zum Flugzeug sehe sie keine echte Konkurrenz: „Aus persönlicher Erfahrung weiß ich, dass es angenehmer ist, durchfahren zu können, als umzusteigen. Außerdem muss man erst einmal zum Flughafen kommen – das kostet ebenfalls Zeit.“ Für Sachsen-Anhalt sei die neue ICE-Linie „ein echtes Pfund“. Halle profitiere als Verkehrsknoten, das gesamte Land werde besser sichtbar und erreichbar.
Vom regionalen Halt zur internationalen Drehscheibe
Dass Halle an diesem Sonntagmorgen im Fokus steht, ist kein Zufall. Der Hauptbahnhof Halle gilt als viertwichtigster Fernverkehrsbahnhof in Ostdeutschland. Mit der neuen Verbindung nach Paris wird diese Rolle weiter gestärkt. Oberbürgermeister Alexander Vogt spricht von einem Entwicklungsschritt mit Signalwirkung: „Halle ist nun einfacher von Frankreich als Ort des Tourismus zu erreichen. Damit bekommen wir mehr Gäste, die unsere wunderschöne Stadt besuchen.“
Doch Vogt denkt weiter als nur an Städtetouristen. Die internationale Anbindung erhöhe auch die Attraktivität Halles als Kongress- und Wirtschaftsstandort. Gerade innovative Unternehmen mit hohem Bedarf an Dienstreisen könnten profitieren. Hinzu kommen neue ICE-Sprinter-Verbindungen zwischen München und Berlin, die Halle zusätzlich besser einbinden. Mit Flugzeit, Boarding und den Fahrten zum Flughafen ist man oft länger unterwegs, als der ICE benötigt, sagt Vogt. Die Bahn sei deshalb eine echte Alternative zum Flug – nicht nur ökologisch, sondern auch zeitlich.

Einsteigen Richtung Westen – Vogt fährt mit
Für den Oberbürgermeister bleibt es an diesem Morgen nicht bei Worten. Alexander Vogt steigt in den ICE ein – erste Klasse – und fährt bis Erfurt, wo die Deutsche Bahn einen offiziellen Festakt zur neuen Verbindung organisiert hat. Die Fahrt ist kurz, aber symbolträchtig: Halle ist Teil eines größeren Ganzen, Mitteldeutschland rückt zusammen. Auch in Erfurt ist die Freude groß. Der ICE hält künftig ebenfalls in der Thüringer Landeshauptstadt. Erfurts Oberbürgermeister Andreas Horn spricht von „einem besonderen Tag für Mitteldeutschland“. Die Verbindung sei eine nachhaltige Alternative zum Auto und ein sichtbares Zeichen dafür, dass Europa zusammenwachse. Horn sieht zudem einen touristischen und wirtschaftlichen Mehrwert: Städte wie Erfurt und Halle würden international bekannter, neue Besuchergruppen könnten erschlossen werden.
Schneller, direkter, attraktiver
Dass der ICE nun über Mitteldeutschland fährt, ist auch aus Sicht der Deutschen Bahn ein strategischer Schritt. Martin Walden, Konzernbevollmächtigter der Bahn für Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen, verweist auf konkrete Vorteile: Bislang verlief die Verbindung Berlin–Paris über einen anderen Laufweg. Mit der neuen Route über Halle und Erfurt sei der Zug 16 bis 20 Minuten schneller unterwegs. Zudem wachse das Fahrgastpotenzial. „Im Super-Sparpreis sind Tickets schon ab 60 Euro erhältlich“, sagt Walden. „Wir finden, das ist ein durchaus attraktives Angebot.“ Die Zahlen sprechen für sich: 250.000 Fahrgäste seien in diesem Jahr bereits auf der Linie Berlin–Paris unterwegs gewesen – noch bevor Halle und Erfurt offiziell eingebunden wurden. Die Nachfrage im internationalen Fernverkehr wachse deutlich.
Klimafreundliche Mobilität als Treiber
Für Michael Peterson, Vorstand Personenfernverkehr der Deutschen Bahn, ist die neue Verbindung Teil eines größeren Trends: „Immer mehr Menschen entscheiden sich bei Reisen durch Europa für die klimafreundliche Schiene.“ Fast eine Viertelmillion Reisende im ersten Jahr der Direktverbindung Berlin–Paris zeige, wie hoch die Nachfrage sei. Deshalb habe die DB gemeinsam mit ihren Kooperationsbahnen das grenzüberschreitende Angebot weiter ausgebaut. Dass nun auch Halle und Erfurt profitieren, sei ein logischer Schritt: „Ich freue mich sehr, dass diese Städte nun direkt an Straßburg und Paris angebunden sind.“
Europa auf Schienen – deutsch-französische Zusammenarbeit
Die neue Verbindung ist auch ein Ergebnis jahrelanger deutsch-französischer Kooperation. Seit 2007 bieten die Deutsche Bahn und SNCF Voyageurs gemeinsam Hochgeschwindigkeitsverkehre zwischen beiden Ländern an – mit ICE und TGV. Alain Krakovitch, Direktor TGV-INTERCITÉS bei SNCF Voyageurs, bezeichnet die neuen Halte in Erfurt und Halle als „weiteren Meilenstein“ dieser Zusammenarbeit.
„Hochgeschwindigkeitsverbindungen ziehen immer mehr Fahrgäste an. Es wird immer selbstverständlicher, auch lange Strecken mit dem Zug zurückzulegen“, sagt Krakovitch. Die Direktverbindung Paris–Berlin sei seit ihrem Start vor einem Jahr ein großer Erfolg gewesen. Mit den neuen Halten werde die nachhaltige Mobilität zwischen Frankreich und Deutschland – insbesondere mit dem Osten Deutschlands – weiter gestärkt.
Insgesamt haben seit 2007 bereits 36 Millionen Reisende die internationalen Verbindungen zwischen Deutschland und Frankreich genutzt. Aktuell verkehren 13 direkte Hochgeschwindigkeitszüge pro Richtung täglich zwischen beiden Ländern. Im Sommer kommt ein zusätzliches Zugpaar von Frankfurt am Main nach Bordeaux hinzu.
Halle als europäische Stadt
Für Halle ist der ICE nach Paris mehr als eine neue Linie im Fahrplan. Er ist ein Bekenntnis zur europäischen Vernetzung. Oberbürgermeister Vogt bringt es auf den Punkt: „Mit der direkten Verbindung nach Paris über Straßburg rückt Halle weiter in das Zentrum Europas. Als Knotenpunkt mit hervorragenden nationalen ICE-Verbindungen erreichen Reisende von hier aus schon jetzt alle wichtigen Metropolen Deutschlands. Die neue länderübergreifende Verbindung stärkt unsere Stadt als Oberzentrum in Mitteldeutschland weiter.“
Geplante Verbindungen nach Mailand und Rom unterstreichen diese Perspektive. Halle wird internationaler – nicht abstrakt, sondern konkret, auf der Schiene.




































Oh schön ,da können wir jeden Tag nach Paris fahren !
Da brauchen wir ja die innerdeutschen Strecken nicht mehr!
Selten einen so gedankenlosen Kommentar gelesen. Noch einen schönen Sonntag (aber nicht an Sie)!
Dumme Realität, was sonst!
In anderen Ländern gibt es vollautonomen Individualverkehr und im besten Deutschland aller Zeiten freut man sich, wenn die alte Bimmelbahn mit ausgefallenener Klimaanlage mal nicht mehr als 20 Minuten Verspätung hat. Herrlich.
Zwe…, in einem Satz gleich mehrere Falschaussagen unterzubringen, das ist schon erstaunlich.
Die „verspätete Bereitstellung“ in Berlin ist nichts ungewöhnliches – dass die Bahn überhaupt noch in der Lage ist, einen Zug auf die Schienen zu bringen, wundert mich ehrlich gesagt! Entweder fehlt Personal, Waggons oder die Loks fahren nicht auf Grund der Witterung….
Stark.
Finde ich Super.
Tatsächlich musste ich gerade etwas schmunzeln. Die Zeitangabe ist „Theorie/Wunsch“… die Praxis/Realität wird wohl leider anders sein. Nichts desto trotz finde ich eine Direktverbindung von Halle nach Paris super (wenn dann auch der Preis passt und nicht überteuert ist☺️).
Paris kommt Wien geht
Bonjour Paris!
Bitte zahlreich einsteigen, damit Halle als Halt nicht wieder gestrichen wird. Hoffentlich überlebt die Verbindung unser kaputt gespartes Netz.