“Pflege am Boden”: Uniklinik-Mitarbeiter protestieren auf dem Markt
Seit 13 Jahren werden die Mitarbeiter an der Uniklinik in Halle nur nach Haustarif bezahlt, verdienen also weniger als in anderen Krankenhäusern. Unter dem Motto „Pflege am Boden“ protestieren die Mitarbeiter am Montagnachmittag auf dem Markt in Halle. Unter den gegebenen Arbeitsverhältnissen sei am UKH eine angemessene Pflege der Patientinnen aufgrund der ständigen Personalknappheit kaum mehr realisierbar, begründet die Gewerkschaft ver.di die Aktion. Sie will ein Lohnplus durchsetzen. Zudem haben die Mitarbeiter eine Petition für bessere Arbeitsbedingungen unterschrieben für Erholungstage bei Wechselschichtarbeit, Mindestbesetzungen sowie ein Altersteilzeitmodell.
Die Last der aktuellen Situation an der Uniklinik tragen dabei neben den Patienten zum Großteil die Beschäftigten, so ver.di, zum Beispiel durch die Anhäufung vieler Überstunden, wiederholtes Einspringen aus dem Frei und eine teils enorme Arbeitsbelastung während der Arbeit. Einer Untersuchung des Deutschen Ärzteblattes zufolge liegt der Krankenstand von Beschäftigten in Pflegeberufen mit 23 Tagen/Jahr um 50 Prozent über dem Durchschnittswert aller Beschäftigten – ein Ausdruck der ständigen Überarbeitung. Es sei naheliegend davon auszugehen, dass die deutlich schlechteren Lohn- und Arbeitsbedingungen am UKH im Vergleich zu Kliniken mit Bindung an den Tarifvertrag der Länder (TV-L) dazu beitragen, dass sich der Personalmangel verschärft und neue Fachkräfte dadurch immer schwieriger zu gewinnen sind, so ver.di.
Seit Juli 2019 finden Tarifverhandlungen zwischen ver.di und dem Klinikumsvorstand des UKH über einen neuen Entgelt-Tarifvertrag statt. ver.di fordert bis 2021 die Angleichung an das TV-L Niveau. Im Sommer haben 1835 der ca. 2800 (65,5%, ca. zwei Drittel) der nichtärztlichen Beschäftigten des UKH eine Petition unterzeichnet, in der sie dieser Forderung explizit zustimmen.
„Die Angleichung Ost an West bei den Löhnen ist für den Bereich der Länder am 1. Januar 2010 abgeschlossen worden. Seit diesem Tag erhalten die Beschäftigten des Landes Sachsen-Anhalt und an den Universitäten das gleich Entgelt wie ihre Kolleginnen und Kollegen im Westen. Das muss jetzt 10 Jahre später und 30 Jahre nach der Einheit auch endlich für die Uniklinik Halle gelten“, sagt der Verhandlungsführer von ver.di Wolfgang Pieper. Im Rahmen der bisher stattgefundenen fünf Verhandlungsrunden wurde zwar im August eine Vereinbarung getroffen, die für 2019 rückwirkend deutliche Lohnsteigerungen festschreibt (im Schnitt ca. 5%). Aber der Abstand zum Niveau des TV-L ist nach wie vor groß. Deshalb fordert die ver.di-Tarifkommission die Klinikleitung auf, in den nächsten Verhandlungen am 24.10.2019 einer schrittweisen Angleichung an das Niveau des TV-L bis 2021 zuzustimmen. Bisher hat sich die Klinikleitung nicht zu einer Angleichung an das TV-L-Niveau bis 2021 entschließen können. Sie wollen das Entgelttabellenniveau erst später erreichen, aber auch noch substantielle Unterschiede zu Beschäftigten anderer Unikliniken im Länderbereich, welche die gleiche Arbeit leisten, fortschreiben. Sie bleiben dabei auch hinter dem TVöD, der für die kommunalen Kliniken gilt, zurück. „Sollte der Forderung von ver.di und den Beschäftigten seitens der Klinikleitung erneut nicht nachgekommen werden, wird ver.di- die Beschäftigten aufrufen ihren Forderungen mit einem Warnstreik am UK Halle Nachdruck zu verleihen, so der Verhandlungsführer Wolfgang Pieper von ver.di. Selbstverständlich ist die Gewährung der Patientinnen-Sicherheit während des Streiks für ver.di und die Beschäftigten oberste Priorität. Deshalb wird der Klinikleitung im Vorfeld des Streiks der Abschluss einer Notdienstvereinbarung angeboten, welche sowohl die Patientinnen-Sicherheit garantiert, als auch den Beschäftigten die Wahrnehmung ihres grundgesetzlich verbrieften Streikrechts ermöglicht.
Seit 13 Jahren ist das Uniklinikum Halle als Anstalt des öffentlichen Rechts verselbständigt. Damit ist das Klinikum nicht mehr an den Tarifvertrag der Länder, wie das Land Sachsen-Anhalt, gebunden. Das Land Sachsen-Anhalt hat auch keinen Arbeitgeberverband gegründet, der die Anwendung des TV-L gesichert hätte. Der Tarifvertrag der Länder betrifft 3,3 Millionen Beschäftigte, Beamte und Versorgungsempfänger in ganz Deutschland. Seit der Verselbständigung des UKH 2006 verdienen die Beschäftigten dort deutlich weniger als an Unikliniken auf TV-L-Niveau, wie in Jena (2019 im Schnitt ca. 11%) oder in Hannover. Zudem erhalten sie deutlich geringere Jahressonderzahlungen, weniger Zusatzurlaub für Wechselschichtarbeit und eine Reihe weiterer Nachteile. Das ist laut ver.di nicht fair. Für die universitäre Spitzenmedizin, welche die Beschäftigten am UK Halle jeden Tag leisten, haben sie die gleichen Arbeitsbedingungen verdient wie all ihre Kolleginnen und Kollegen, die bundesweit in Kliniken mit TV-L-Bindung arbeiten!
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