17.300 Sachsen-Anhalter haben durch Corona ihren Job verloren, Kurzarbeits-Anzeigen für 220.600 Beschäftigte

In Sachsen-Anhalt haben 17.300 Menschen durch die Corona-Krise seit März ihren Job verloren. Das geht aus den neuen Zahlen der Arbeitsagentur hervor. Insgesamt sind nun 89.600 Frauen und Männer arbeitslos gemeldet. Das waren 900 Arbeitslose weniger als im Juni aber 10.700 Menschen mehr als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote lag im Berichtsmonat bei 8,0 Prozent. Die Stadt Halle liegt über dem Landesdurchschnitt, hier sind 9,8 Prozent arbeitslos gemeldet. In der Stadt Halle waren im Juli 11.489 Personen arbeitslos gemeldet, das sind 24 mehr als vor einem Monat, von denen 8.191 (-17) die Grundsicherung bezogen. Der relative Anteil von SGB II Arbeitslosen der Stadt Halle hält sich auf einem hohen Niveau, aktuell 71,3%
Doch zu all diesen Zahlen kommen noch die Menschen in Maßnahmen. Sie sind als „Unterbeschäftigung“ ausgewiesen. Sie umfasst 34.473 Personen.
„Der Arbeitsmarkt befindet sich nach dem Corona-Schock in einer Stabilisierungsphase. Sachsen-Anhalt kommt derzeit mit einem blauen Auge durch die Krise. Die Kurzarbeit und andere staatliche Stützungsmaßnahmen haben einen großen Anteil an der Stabilisierung“, sagt der Geschäftsführer der BA-Regionaldirektion Sachsen-Anhalt Thüringen, Markus Behrens. „Dazu kommt die vergleichsweise geringere Abhängigkeit der Wirtschaft vom internationalen Konjunkturgeschehen. Die saisonalen Effekte, die üblicherweise im Sommer zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit führen, sind weniger spürbar.“ Das liege an den spät begonnen Ferien. Deshalb seien auch viele Ausbildungsprüfungen nach hinten verschoben, „so dass sich junge Menschen nach Ausbildungsabschluss oder Schule häufig erst Ende Juli arbeitslos gemeldet haben und damit erst im August in der Statistik erscheinen.“ Außerdem hole der Markt den Stillstand der vergangenen Monate auf. „So finden wieder verstärkt arbeitsmarktpolitische Maßnahmen statt. Zudem haben die Entlassungen und Beendigungen von befristeten Beschäftigungsverhältnissen, die üblicherweise im Sommer erfolgen, mit großer Wahrscheinlichkeit schon im Zuge der Corona-Krise stattgefunden.“ Doch von einer Normalisierung des Arbeitsmarktes könne keine Rede sein, dazu bräuchte es eine stärkere Einstellungsdynamik. „Aktuell sind die Unternehmen bei der Kräftenachfrage aber wieder zurückhaltender als im vergangenen Monat. Ich gehe davon aus, dass es noch mehrere Jahre dauern kann, bis wir, was die Arbeitslosigkeit angeht, wieder das Vorkrisenniveau erreicht haben.“
„Um die negativen Effekte der Corona-Krise am Arbeitsmarkt wieder aufzuholen, bräuchte man aber eine stärkere Einstellungsdynamik. Auch bestünden für den weiteren Verlauf nach wie vor wirtschaftliche Risiken, wenn sich das Infektionsgeschehen wieder verschärfen sollte. Unabhängig davon besteht die Gefahr von vermehrten Insolvenzen nach dem Ende der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht am 30. September“, so Petra Bratzke, Chefin der Arbeitsagentur in Halle. „Wir erleben gerade eine Krise, deren besonderes Merkmal ist, dass es gar nicht zu so vielen Entlassungen kommt. Es sind zum Beispiel weniger als während der Rezession im Jahr 2009. Aber die Einstellungsquoten sind stark zurückgegangen und das war 2009 nicht so. Das betrifft nicht die Leute im Arbeitsverhältnis, die in Kurzarbeit gehen können. Aber die Jungen, die auf den Arbeitsmarkt drängen, bekommen gerade ein Problem“, so Bratzke.
Laut Hochrechnung waren im Mai in Sachsen-Anhalt 790.500 Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das waren 2.200 weniger als im April 2020 und 9.800 weniger als im Mai 2019. „Es handelt sich hier aber um Hochrechnungen. Welchen genauen Einfluss die Corona-Krise auf die Beschäftigungsentwicklung hat, lässt sich aber erst mit Sicherheit im zweiten Halbjahr sagen. Fakt ist, dass die Beschäftigung in Sachsen-Anhalt schon vor der Corona-Krise gesunken ist“, erklärte Markus Behrens.
Die Zahl der neuen Anzeigen auf Kurzarbeit ist weiter zurückgegangen. Von März bis Juni waren bei den Arbeitsagenturen in Sachsen-Anhalt insgesamt 22.600 Anzeigen auf Kurzarbeit eingegangen. Dahinter standen 222.600 Beschäftigte. Im Juli gab es dagegen nur noch 190 neue Anzeigen für insgesamt 4.000 Beschäftigte. „Während zu Beginn der Krise etwa zwei Drittel der von Anzeigen betroffenen Personen aus dem Dienstleistungssektor kamen, sind jetzt über 80 Prozent der von Kurzarbeitsanzeigen betroffenen Beschäftigten aus dem produzierenden Gewerbe. Nur noch knapp 19 Prozent sind aus dem Dienstleistungsbereich“, sagte Markus Behrens. Erste Hochrechnungen über die tatsächlich realisierte Kurzarbeit zeigen, dass es im März 2020 47.700 Kurzarbeiter in 8.800 Betrieben gab. Im April waren es 107.800 Kurzarbeiter in 15.000 Betrieben.
Im Juli haben knapp 100 Selbstständige Anträge auf Grundsicherung neu bewilligt bekommen. Das entspricht in etwa dem Niveau des Vormonats. Damit bezogen seit April insgesamt 2.300 Selbständige neu Grundsicherung. 400 Menschen haben im Juli Grundsicherungsleistung neu bewilligt bekommen, weil sie mit ihrem Einkommen aus abhängiger Beschäftigung den Lebensunterhalt nicht decken konnten. Das waren etwa 100 weniger als noch im Juni. Die Jobcenter in Sachsen-Anhalt betreuten im Berichtsmonat insgesamt rund 142.400 erwerbsfähige Leistungsberechtige, das waren knapp 900 weniger als im Juni.
Seit Oktober 2019 haben sich rund 9.100 junge Menschen bei den Arbeitsagenturen gemeldet, um in eine Ausbildung vermittelt zu werden. Das waren rund 900 weniger als im Juli 2019. Demgegenüber haben Betriebe und Träger 11.100 Ausbildungsstellen bei den Arbeitsagenturen zur Besetzung gemeldet, das waren fast 900 weniger als vor einem Jahr. Im Berichtsmonat hatten 3.200 registrierte Bewerber noch keinen Ausbildungsplatz gefunden. Das waren 500 mehr als vor einem Jahr. Demgegenüber standen 5.100 unbesetzte Ausbildungsstellen, knapp 300 mehr als im Juli 2019. „Viele Unternehmen sind aufgrund ihrer aktuell schwierigen wirtschaftlichen Situation wesentlich abwartender mit der Besetzung ihrer Ausbildungsstellen als normalerweise üblich. Auch viele Bewerber waren durch den Lockdown verunsichert. Ich gehe davon aus, dass der Markt in den nächsten Wochen noch einen Schub bekommt. Zum einen forcieren wir nochmal Vermittlung und Beratung. Zum anderen werden die konkreten Förderrichtlinien für die Ausbildungsprämie des Bundes veröffentlicht. Die Unternehmen haben dann Klarheit darüber, was ihnen an Unterstützung zusteht“, erklärte Markus Behrens.
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