Weißenfels statt Tornau? Stadtratsfraktionen kritisieren Land zur Entscheidung zum Standort für den JVA-Neubau
Am Dienstag wurde bekannt, dass die neue Justizvollzugsanstalt laut Presseberichterstattung nicht in Halle-Tornau, sondern in Weißenfels gebaut werden soll. Mehr als 400 Millionen Euro sollen investiert werden.
Eric Eigendorf, Vorsitzender der SPD-Fraktion Stadt Halle (Saale), erklärte hierzu: „Die Entscheidung überrascht, weil die Begründung nicht überzeugt. Alle Fakten, die auf dem Tisch liegen, sprechen klar für Halle. Zuletzt war der Stadtrat noch auf einen Kompromissvorschlag des Finanzministeriums eingegangen. Die gravierenden Probleme in Weißenfels, wie etwa die Hochspannungsleitung, scheinen keine Rolle zu spielen. Stattdessen wird mit Annahmen gerechnet, die Halle künstlich schlechter aussehen lassen. Das schadet unserer Stadt, weil Arbeitsplätze und Wertschöpfung wegbrechen. Und es beschädigt Vertrauen, wenn fachliche Argumente ignoriert werden. Ich erwarte die vollständige Offenlegung der Kostenrechnung und Kriterien. Mit dieser Begründung können wir uns nicht zufriedengeben.“
„Die Nachricht, dass Halle beim Standort für den Gefängnisneubau erneut leer ausgeht, trifft mich zutiefst“, sagt Andreas Wels, Vorsitzender der Stadtratsfraktion Hauptsache Halle. „Das Land vergibt hier eine enorme Chance für unsere Stadt: ein Projekt in dieser Größenordnung hätte Arbeitsplätze, Investitionen und langfristige Impulse gebracht. Halle war aus meiner Sicht bestens geeignet – verkehrlich, infrastrukturell und mit Blick auf die Personalgewinnung.Umso enttäuschender ist es, dass am Ende die lange Phase der Unsicherheit, Verzögerungen und internen Widerstände bei uns vor Ort ausschlaggebend waren.“ Genau diese Hängepartie hat nach Ansicht von Wels Halle am Ende den entscheidenden Nachteil beschert. „Während andere Kommunen zügig handeln konnten, haben wir uns selbst ausgebremst.Für Halle ist das ein schmerzlicher Verlust. Und es bleibt die Frage, warum unsere Stadt bei großen Zukunftsprojekten immer wieder ins Hintertreffen gerät. Diese Entscheidung müssen wir sehr ernst nehmen – und daraus endlich Konsequenzen ziehen.“
Sebastian Striegel, rechtspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Landtag von Sachsen-Anhalt, erklärt dazu:„Eine Standortentscheidung gegen Halle gefährdet gewachsene Vollzugs- und Resozialisierungsstrukturen, die über Jahre hinweg im Umfeld der bestehenden JVA aufgebaut wurden. Diese Netzwerke sind unverzichtbar für die erfolgreiche Wiedereingliederung von Inhaftierten in ein straffreies Leben. Sie lassen sich nicht einfach an einem neuen Ort reproduzieren. Schon gar nicht ohne motivierte Beschäftigte im Justizvollzug.“„Ein Gefängnisneubau ist ein Projekt für Jahrzehnte. Dabei geht es nicht nur um Baukosten, sondern vor allem um die nachhaltige Sicherstellung eines professionellen Vollzugsbetriebs. Gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels im Justizvollzug muss ein solcher Standort gut angebunden und attraktiv für qualifiziertes Personal sein. Das ist und war für Halle gegeben“,betont Striegel im Hinblick auf die langfristige Bedeutung dieser Entscheidung und übt Kritik an der mangelnden Transparenz der Landesregierung:„Seit Monaten fordern wir belastbare Zahlen zu den Betriebsfolgekosten an möglichen neuen Standorten und erhalten keine Antwort. Die Weigerung des Finanzministers, dem Parlament diese Grundlagen offenzulegen, ist nicht nur eine Missachtung parlamentarischer Kontrolle, sondern auch ein fatales Signal an die Öffentlichkeit. Wer Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit stärken will, muss Verantwortung übernehmen und darf nicht hinter verschlossenen Türen entscheiden. Die Ignoranz des Finanzministers gegenüber fachlicher Expertise im Bereich Justizvollzug ist bestürzend. Die mangelnde Transparenz gegenüber Parlament und Öffentlichkeit ist verheerend.“










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