Autoverkehr statt Radler und Fußgänger: Stadtverwaltung hält Quoten nicht für sinnvoll – im vergangenen Jahr wurden 4,76 Millionen Euro ausgegeben
Die Stadt Halle (Saale) hat im vergangenen Jahr 4,76 Millionen Euro in die Instandhaltung ihrer Straßen und Wege investiert. Eine beachtliche Summe – doch sie sorgt für Diskussionen. Laut aktuellen Zahlen der Stadtverwaltung, die dem Ausschuss für Planungsangelegenheiten und Stadtentwicklung vorgelegt wurden, floss der Großteil des Geldes in die Sanierung von Straßen: 77 Prozent der Mittel gingen in den Kfz-Bereich, 11 Prozent in Radwege und 12 Prozent in Gehwege. Damit bleibt die Stadt deutlich hinter dem Ziel zurück, das der Stadtrat selbst vorgegeben hatte. Demnach sollen 25 Prozent der Instandhaltungsmittel für Fußwege und 15 Prozent für Radwege eingesetzt werden. Schon im Jahr 2023 war dieses Ziel mit 14 Prozent für Gehwege und 4 Prozent für Radwege klar verfehlt worden.
Ziel verfehlt – aber warum?
Die Stadtverwaltung hält von der starren Quotenregelung ohnehin wenig. Denn die Aufteilung in feste Prozentsätze greife in der Realität oft zu kurz. Viele Verkehrsflächen werden in Halle gemeinsam von Autos und Fahrrädern genutzt – im sogenannten Mischverkehr. Wird in solchen Fällen eine Straße saniert, verbessert sich automatisch auch die Situation für den Radverkehr. Dennoch wird das gesamte Budget in der Statistik dem motorisierten Individualverkehr (MIV) zugerechnet. In einer Stellungnahme betont die Stadt, dass die Sanierung einer Straße gemäß Stadtratsbeschluss weder ausschließlich dem Kfz- noch dem Radverkehr zugeordnet werden könne. Wenn aber alle Maßnahmen im Mischverkehr nur dem Autoverkehr zugerechnet würden, entstehe der Eindruck, dass zu wenig für den Radverkehr getan werde – obwohl die Sanierung auch Radfahrenden zugutekomme.
Fiktive Anteile für den Radverkehr
Um dieser Problematik zu begegnen, wendet die Stadt inzwischen eine pragmatische Lösung an: Bei der Sanierung von typischen Mischverkehrsflächen wird ein fiktiver Anteil von 20 Prozent der verausgabten Haushaltsmittel dem Radverkehr zugerechnet. Diese Regelung soll die tatsächliche Nutzung und die gegenseitigen Vorteile besser widerspiegeln. Die Verwaltung weist zudem darauf hin, dass die jahrelange Unterfinanzierung des Straßenunterhalts zu einem erheblichen Instandhaltungs- und Sanierungsstau geführt habe. Viele Straßen und Wege seien über Jahre nur notdürftig geflickt worden. Die Folge: Instandsetzungen würden zunehmend aufwendig, da die Substanz vieler Straßen bereits stark angegriffen sei. Die Verantwortlichen betonen, dass eine rein mathematische Anwendung der Quotenregelung deshalb wenig sinnvoll sei. Eine „korrekte“ Verteilung nach Prozentpunkten würde in der Praxis eher zu Problemen führen, da Gelder blockiert würden, obwohl an anderer Stelle dringender Handlungsbedarf bestehe.
Wenn das Budget gesperrt wird
Ein weiteres Argument gegen die Quotenregelung: Ist das Budget für Straßen bereits ausgeschöpft, bleiben manchmal Mittel für Rad- oder Gehwege ungenutzt – selbst wenn plötzlich neue Straßenschäden auftreten. Diese könnten dann nicht mehr beseitigt werden, und es drohten Sperrungen bis zum nächsten Haushaltsjahr. Das Beispiel zeigt, wie komplex die Verteilung der Mittel ist. Der Zustand vieler Straßen zwingt die Stadtverwaltung, flexibel auf Schäden zu reagieren – starre Vorgaben erschweren das.
“Niemand wird bevorzugt”
Im Ausschuss betonte Wolfgang Piller, Leiter der Abteilung Straßen- und Brückenbau der Stadt Halle, dass „niemand bevorzugt“ werde. Die Instandhaltung erfolge nach klaren technischen Prioritäten – nicht nach Verkehrsmitteln. Unterstützung erhielt er von Wolfgang Schültke, dem Fachbereichsleiter Mobilität. In Halle seien derzeit vier Inspektoren damit beschäftigt, alle Schäden auf Straßen und Wegen systematisch zu erfassen. Rund die Hälfte des 615 Kilometer langen Straßennetzes und des 120 Kilometer langen Radwegenetzes sei bereits kontrolliert worden. Der Stadtrat hatte eine vollständige Auflistung aller Schäden gefordert. Im kommenden Jahr will die Verwaltung darstellen, welche Summen nötig wären, um die im Kataster erfassten Beschädigungen zu beheben. Ziel sei es, ein realistisches Bild über den tatsächlichen Sanierungsbedarf zu bekommen – und eine solide Grundlage für künftige Entscheidungen zu schaffen.
Ein Dilemma mit Ansage
Das Problem bleibt: Der Instandhaltungsstau wächst seit Jahren, und die finanziellen Spielräume sind begrenzt. Jede Straße, die heute nur notdürftig geflickt wird, verursacht morgen höhere Kosten. Gleichzeitig steigen die Erwartungen – mehr Geld für Radwege, bessere Gehwege, sichere Schulwege. In der Praxis muss die Stadtverwaltung aber jeden Euro mehrfach umdrehen. Bei vielen Straßen, so heißt es, seien bereits so viele Schlaglöcher ausgebessert worden, dass neue Risse kaum noch sauber geflickt werden könnten. An manchen Stellen hilft nur noch eine grundhafte Erneuerung – und die ist teuer. Die Debatte um Quoten, Budgets und Prioritäten zeigt damit auch, wie eng das Korsett kommunaler Haushalte geworden ist. Halle steht vor der Herausforderung, mit begrenzten Mitteln eine alternde Infrastruktur funktionsfähig zu halten – und zugleich den Wandel zu einer nachhaltigeren Mobilität zu gestalten.











Die Lösung ist einfach: weniger Autoverkehr in der Stadt erlauben. Nur wegen diesem entstehen massive Sanierungskosten und unsichere Schulwege. Statt einer Instandhaltungsquote brauchen wir eine Autoquote. Aber man will ja keine Lösungen, sondern weiterhin nur Symptome behandeln und jammert dann, dass alles immer teurer und umständlicher wird. 🙄
Nach Ihrer Logik dann auch weniger „Radverkehr und Gehwegscherkehr“ um dortige Schäden zu vermeiden?
Viele Schäden sind einfach Frostschäden. Die Quote ist einfach keine Lösung.. Würde man die Quadratmeter der jeweiligen Wege ins Verhältnis setzen dann ist die Quote für Radwege völlig überdimensioniert. Wesentliche Schäden werden durch Schwerlastverkehr erzeugt außerdem. Ein LKW bzw Bus mit seiner Achslast erzeugt ein Vielfaches an Belastung und Schaden gegenüber PKW.
So ist es.
Klar, Ihrer Meinung nach sollen künftig keine Versorgungsfahrzeuge, Rettungsfahrzeuge, Polizei, Postdienstleister, Müllfahrzeuge usw. durch hallesche Straßen fahren können – super dystopische Idee. Vielleicht kann dann alles per Rad, Rollator und Pferden erledigt werden.
Nein, das habe ich nicht gesagt und auch nicht impliziert. Es gibt nicht immer „ganz oder gar nicht“. 🙄 Würden nur Rettungsfahrzeuge, Polizei, Postdienstleister, Müllfahrzeuge usw. durch hallesche Straßen fahren, gäbe es die ganzen Probleme auch nicht. Es ist der Rest, der die Probleme verursacht.
Nulli, wir wissen ja, das Du Autohasser bist. Was Du schreibst ist falsch. Schäden entstehen überwiegend durch LKW. Einer belastet wie 40000 PKW. Und selbst bei halbierten PKW braucht es ordentliche Straßen. Für den Geschäftsverkehr ist das wichtiger als für die PKW, und v.a. Motorradfahren, denen ein Schlagloch mehr schadet als dem PKW.
Einige Straßen in Halle haben Drittqeltniveau. Für Blödsinn wie Linke Radiostationen oder Hobbyfinanzierungen für TOOH oder HFC ist Geld da, aber die Kernaufgaben werden vernachlässigt: Infrastruktur, Bildung, Verwaltung und Wirtschaftsförderung.
du ooo; du Autohasser
Was bist du für ein Utopist. Deine Wünsche sind Realitätsfremd. Feuerwehr, Polizei, RRW und Lieferanten auch für Lebensmittel brauchen Straßen. Die gehen auch kaputt durch Wasser, Frost und Alterung. Du willst deine verschobene Meinung allen anderen überstülpen. Träum weiter.
Na immerhin hat die Verwaltung – oh Wunder – endlich erkannt, dass viel zu wenig für Straßensanierung in Halle ausgegeben wird. Der Betrag ist lächerlich. Für „Kultur“ gibt es mehr als das zehnfache, für die HAVAG sieht das ähnlich aus.
Mittlerweile ist leider durch jahrzehntelange Vernachlässigung der Zustand vieler Straßen so schlecht, dass nur noch eine sehr teure grundlegende Sanierung in Frage kommt. Hätte man wissen können.
„Ich rechne mir die Welt,
Widdewidde wie sie mir gefällt“. – Stadt Halle
Jedwede Straßensanierung mit einem Anteil von 20% der Kosten auf das Budget für den Radverkehr anzurechnen, geht meilenweit an der Realität vorbei.
Erstens werden die Schäden an der Straßeninfrastruktur zum weit überwiegenden Teil von PKW und LKW verursacht.
Und zweitens nutzt der Radverkehr im Mischverkehr weitaus weniger als 20% der Verkehrsfläche.
Schlussendlich wird ein großer Teil der Kosten auf die Haushaltsmittel für den Radverkehr umgelegt, die weder von diesem verursacht werden, noch zugutekommen.
Lächerlicher Betrag für den Unterhalt aller Straßen in Halle. Das Ergebnis ist für jeden sichtbar und macht nun eine viel teurere Grundsanierung erforderlich. Danke für soviel planerische Weitsicht.
Also dass der Radverkehr automatisch profitiert, wenn Straßen gemacht werden, ist schlichtweg falsch. So werden bei Neu-/Umbauten oft Radfahrer oft komplett benachteiligt. Siehe Steintor, Dieselstraßenbrücke u.s.w. Außerdem wird oft die Straße renoviert, aber der Radweg und Fußweg nicht. Diese sind meist sogar durch Bauarbeiten beschädigt. Und selbst wenn mal eine Straße renoviert wird und Radfahrer dort fahren dürfen hat man oft das Problem, dass Autofahrer „ihre“ neue Straße für sich haben wollen und man zum Freiwild mutiert. Die Behauptung der Stadt geht also komplett an der Realität vorbei.
Geplant sind 40 Prozent in Rad- und Fußwege zu investieren. Stattdessen fließt fast 80 Prozent in den Autoverkehr. Und dann lügt die Stadt, es würde keiner bevorzugt. Wenn man es ernst mit der Verkehrswende meint, dann dürfen ab sofort nur noch rechtlich zwingende Arbeiten an den Straßen vorgenommen werden und der Rest muss in den Fußgänger- und Radverkehr fließen. Und selbst dann kann von Bevorzugung angesichts der Unterlassungen bei den Radfahrern und Fußgängern keine Rede sein.
Wenn die Radfahrer mal Steuern zahlen würden und eine Haftpflicht Pflicht wäre… Der ganze Kram wird von Autofahrern und Zuweisungen von Bund und Gemeinde bezahlt. Die Radfahrer sind immer fein raus, aber beschweren sich und wollen Radautobahnen durch die Stadt haben.
Die Debatte in Halle zeigt exemplarisch, wie sehr wir noch im alten Denken verhaftet sind. Millionenbeträge fließen weiterhin überwiegend in den Autoverkehr, während Rad- und Fußwege mit Alibiquoten abgespeist werden. Die Verwaltung rechnet sich Mischverkehr schön, indem sie fiktive Anteile dem Radverkehr zuschreibt – doch das ändert nichts an der Realität: Radfahrende und Fußgänger bleiben strukturell benachteiligt.
Die Wahrheit ist: Solange wir den Autoverkehr als Maßstab nehmen, wird sich nichts ändern. Schlaglöcher, Sanierungsstau und steigende Kosten sind direkte Folgen einer Infrastruktur, die fast ausschließlich für Autos gebaut und erhalten wird. Wer ernsthaft eine nachhaltige Mobilität will, muss den Mut haben, Prioritäten radikal zu verschieben: weniger Geld für Straßen, mehr für Rad- und Fußwege.
Halle steht hier nicht allein – viele Städte in Deutschland kämpfen mit denselben Problemen. Doch statt Quoten zu verwässern, braucht es klare politische Entscheidungen: Weg vom Auto, hin zu einer Stadt der kurzen Wege. Nur so lassen sich Kosten senken, Lebensqualität steigern und die Verkehrswende wirklich einleiten.
Ich lass das mal hier so stehen.
https://tilda-geo.de/regionen/radinfra?map=11.8/51.464/11.942&config=1v92rco.7h48.4pt3i8&v=2
Das hatte die Bundesregierung damals schon, unter Führung der CDU verkackt.
Diese wollten doch auf Biegen und Brechen ihre schwarzen Zahlen nicht gefährden und hatten nicht genug in die Verkehrsinfrastruktur investiert!
Und nun fällt uns das auf die Füße.
Du, ich nehme mir einfach über 3/4 vom Kuchen, aber „niemand wird bevorzugt“. LOL. Beim Zustand der Verkehrsflächen ist das Zitat vermutlich sogar korrekt, wobei man als Autofahrer schon eine bessere Beschilderung bekommt, als als Radfahrender.
In den Niederlanden werden Radfahrende schon baulich besser geschützt und – oh Wunder – dort fahren mehr Leute mit dem Rad und leben gesünder. Ob Dieseldieter der Stadtverwaltung das Problem sind oder das gesetzliche Rahmenwerk und die schlechte finanzielle Lage der Stadt, kann ich schlecht beurteilen. Sicher eine Mischung aus allem.
„Du“