Fahrplan liegt vor: Straßenbahn-Angebot im Saalekreis zusammengestrichen
Ab 2. Mai wird das Fahrplan-Angebot der Straßenbahn im Saalekreis erheblich ausgedünnt. Die Hallesche Verkehrs AG (HAVAG) und der Saalekreis sowie die anliegenden Kommunen Leuna, Merseburg, Bad Dürrenberg und Schkopau einigten sich auf einen Kompromiss.
Demnach wird das Angebot nicht ganz so stark ausgedünnt wie in ersten Entwürfen. Insbesondere in den Abendstunden gab es Nachbesserungen. So rollt werktags ab 22 Uhr noch einmal ab Bad Dürrenberg eine Straßenbahn in Richtung Halle. In ersten Planungen sollte schon zwei Stunden eher Schluss sein. Allerdings ist damit trotzdem schon früher Betriebsschluss als gegenwärtig. Allerdings wird gegen 22.30 Uhr auch noch einmal ein sogenanntes „Anrufsammeltaxi“ ab Bad Dürrenberg angeboten, das bis Ammendorf fährt. Potentielle Fahrgäste müssen sich die Fahrt zuvor über eine Hotline buchen. Genutzt werden kann der Rufbus mit einer normalen MDV-Fahrkarte. Die Differenz erstattet der Kreis den Taxiunternehmern. Gekürzt wird auch am Wochenende. Der Betriebsbeginn an Samstagen ab Bad Dürrenberg ist gegen 6.30 Uhr und damit zwei Stunden später als bisher, Sonntags rollt die erste Bahn erst 7.30 Uhr los. Zudem wird die werktags verkehrende Straßenbahnlinie 15 von Merseburg Zentrum nach Merseburg Süd komplett eingestellt. Der Streckenabschnitt zwischen Leunaweg und Merseburg Süd wird dann auch werktags von der Linie 5 bedient werden, die damit einen elfminütigen Umweg zwischen Merseburg und Leuna nimmt. Zudem fällt durch die Einstellung der bisher in Merseburg angebotene 15-Minuten-Takt der Straßenbahn weg.
Nach zähen Verhandlungen waren Kreis und Verkehrsunternehmen doch noch zueinander gekommen. Die HAVAG begrüßt Ergebnisse der Verhandlungen und die Entscheidung des Saalekreis mit den Anrainerstädten, so das Unternehmen. Vinzenz Schwarz, Vorstand der Halleschen Verkehrs-AG sagt: „Schön, dass es zu einer Einigung gekommen ist. Um Rechtssicherheit zu bekommen, müssen wir nun jedoch noch den Bescheid der Genehmigungsbehörde – der Stadt Halle (Saale) – abwarten.“ Saalekreis-Landrat Frank Bannert erklärte, es gehe darum, einen Kompromiss zu finden, der für beide Seiten annehmbar sei. Nach leidenschaftlich geführten Diskussionen wurde – mit dem Hinweis, dass bei entsprechender Nachfrageentwicklung Möglichkeiten einer Anpassung bestehen – beschlossen, dem Angebot zuzustimmen. Zugleich betonte Bannert nachhaltig: „Wir werden gemeinsam mit den Bürgermeistern und der HAVAG all unser politisches Gewicht bei der Landesregierung für die Landesbedeutsamkeit der Linie 5 einsetzen.“ Diese Variante hatte das Land bisher abgelehnt. Für die Aufnahme von Straßenbahnlinien in das ÖPNV-Landesnetz bestehe keine rechtliche Grundlage, erklärte die Landesregierung auf Nachfrage der Grünen. Dies wäre nur bei einem Betrieb mit historischen Fahrzeugen möglich.
Hintergrund der Einschränkungen sind Fragen über die Finanzierung des Straßenbahnverkehrs im Saalekreis zwischen HAVAG und Landkreis. Derzeit steuert der Saalekreis 1,3 Millionen Euro zu, die HAVAG benötigt aber für eine Kostendeckung 2,2 Millionen Euro. Durch die Reduzierung kann die HAVAG Personal einsparen.
Erst in den vergangenen drei Jahren hatte die HAVAG in Merseburg mehrere Millionen Euro in ein neues Gleisnetz investiert. Bereits in den vergangenen Jahren stand die Zukunft der Überlandbahn immer wieder auf der Kippe.
Wie wär’s denn, wenn man die HAVAG aufspaltet und die MÜBAG wieder einführt (nördliche Endstation in Ammendorf)? Dann kann der Saalkreis selber für seinen ÖPNV aufkommen.
P. S.: Das war eine rhetorische Frage.
Die Kosten pro Personenkilometer steigen bei einer nur dürftig besetzten Straßenbahn nun einmal dramatisch an.
Karlsruhe hat in den 90er Jahren durch Anbindung des Umlandes für eine bessere Akzeptanz und damit Auslastung gesorgt. Halle möchte mit wenigen Minuten Fahrzeiteinsparung in der Stadt die Akzeptanz erhöhen und hängt das Umland immer mehr ab.
Welches ist hier wohl die bessere Strategie?
Karlsruhe ist nur schlecht mit Halle vergleichbar. Hinsichtlich des Straßenbahnverkehrs erst recht nicht.
Aber versuchen wir es mal: Welche Straßenbahnlinie bedient denn dort das Umland (=außerhalb des Stadtgebiets)?
Liniennetz Stadtbahn Karlsruhe – Heilbronn:
https://www.kvv.de/fileadmin/user_upload/kvv/dokumente/netz/liniennetz/2016/2015-12_LREGIO_WEB.pdf
Strassenbahnen, die teilweise auf Eisenbahntrassen unterwegs sind.
Gut, lassen wir außer Betracht, dass die Spurweite der HAVAG-Bahnen gerade nicht mit der der DB kompatibel ist.
Und lassen wir weiterhin außer Betracht, dass es solche Verbindungen bereits gibt. Die heißen ganz ähnlich (nämlich S-Bahn) und verbinden z.B. sehr gut ausgelastet, um nicht zu sagen überlastet, Halle und Leipzig und noch etliche andere Orte im „Umland“.
Eine Voraussetzung für Stadtbahn Karlsruhe-Heilbronn hat aber die Stadt Heilbronn selbst geschaffen: Dort wurde die ehemals existierende Straßenbahn reaktiviert bzw. als „Stadtbahn Heilbronn“ neu in Betrieb genommen.
Wenn also das „Umland“ von Halle ähnliche Ambitionen zeigt, spräche nichts dagegen, eine, dem Karlsruher Modell ähnliche Anbindung umzusetzen.
Da das nicht in Sicht und auch wegen allerlei anderer (technischer) Schwierigkeiten nur schelcht umzusetzen ist, taugt der Vergleich also nicht.
Na das klingt doch nach einem Vergleich zu Halle und Merseburg. Straßenbahn Merseburg = MÜBAG, Straßenbahn Halle = HAVAG – und schon kann’s losgehen. 😉
Schön wär’s ja. Aber eher wird es eine Verbindung nach Naumburg geben…
Ich meine Stadtbahn und nicht S-Bahn. Letztere gibt es in der Region auch. Für den Kunden ist es wichtig, ohne Umsteigen von Bruchsal in die Innenstadt Karlsruhe zu fahren. Die Region hat sich zusammengfunden und ein System mit guter Anbindung des Umlandes geschaffen. Damals waren auch einige Spiegel-Leser skeptisch.
In Halle und Umland gibt es eher folgende Nachrichten:
– Lieskau von Linie 21 abgehängt
– OBS sollte doch in Neustadt halten und die Gäste umsteigen
– Ausdünnung Lnie 5
Da sind schon Unterschiede in der Strategie erkennbar. Meine Rede im ersten Beitrag. Ein guter Vergleich.
Zusammnfassung der Diskssion:
Halle saniert mit dem Stadtbahnprogramm seine Strassen und andere Regionen entwickeln intelligente Nahverkehrskonzepte.
Das Problem ist ja, dass das Land nicht bei der Finanzierung mithelfen will. Ich denke, das ist in Karlsruhe und Heilbronn ganz anders gelaufen. Man kann also nicht der Stadt Halle oder der HAVAG die komplette Schuld geben.
Oder anders formuliert: In Halle herrschen völlig andere Voraussetzungen als in anderen Regionen.
Oder auch: In anderen Regionen investiert nicht nur eine Kommune in Infrastruktur und Fuhrpark und bedient damit das Umland, sondern alle Beteiligten.