Fragen an die Direktkandidierenden zur #ltwlsa21: die Antworten von Dr. Katja Pähle, SPD
- Stellen Sie sich bitte in drei Sätzen kurz vor.
Aufgewachsen bin ich im Mansfelder Land und zum Studium nach Halle gezogen, wo ich mit meinem Mann lebe und meine beiden Töchter großziehe. Nach dem Studium habe ich erst an der Martin-Luther-Universität gearbeitet, später im Sozialministerium in Magdeburg. Seit 2011 bin ich Landtagsabgeordnete für Halle, seit 2016 Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag.
- Nennen Sie bitte jeweils drei Ihrer Stärken und Schwächen.
Eigentlich bin ich der Überzeugung, dass nur andere wirklich die Stärken und Schwächen einer Person bewerten können. Ich lade deshalb jede und jeden dazu ein, meine Arbeit zu bewerten und mit mir in den Austausch zu treten. Wenn doch Punkte zu benennen sind, dann empfinde ich meine klare Wertorientierung als Stärke. Ebenso gehe ich an Probleme mit Hartnäckigkeit und Ausdauer heran, um sie zu lösen. Und ich habe gelernt, dass gute Führung nur arbeitsteilig im gegenseitigen Vertrauen funktioniert. Zu meinen Schwächen zählt, dass ich gerne und zu viel Kaffee trinke, den einen oder anderen Abend zu Hause auf der Couch verbringe, statt ins Sportstudio zu gehen und dass ich am Wochenende gerne ausschlafe.
- Warum soll man Sie wählen?
Mein Wahlkreis liegt mir besonders am Herzen. Hier versuche ich so viel wie möglich vor Ort unterwegs zu sein. Konkret heißt das vor allem: ich besuche Unternehmen, Vereine, Initiativen, soziale Einrichtungen und vieles andere mehr. Dort ist es mir wichtig, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, zuzuhören und zu erfahren, wo der Schuh drückt. Denn letztendlich sehe ich es als meine Aufgabe an, für diese Menschen Politik zu machen und Dinge zu verbessern. Dazu gehört für mich ein offenes Ohr für die kleinen wie für die großen Probleme und um die ich mich gern kümmere.
Als Fraktionsvorsitzend der SPD im Landtag konnte ich dazu beitragen, dass wir in vielen Bereichen wichtige Verbesserungen durchsetzen konnten, die sich auch in Halle positiv auswirken. Wir haben ein Azubi-Ticket eingeführt, die Hochschulen besser finanziert, mehr als 6.000 neue Arbeitsplätze in Zukunftstechnologien geschaffen und mit 200 Millionen Euro die Kinderbetreuung verbessert und viele Eltern bei den Kitabeiträgen entlastet. In anderen Bereichen ging es durch Blockaden der CDU nur wenig voran. Deswegen haben wir viel vor: Ein nie dagewesenes Investitionsprogramm für unsere Krankenhäuser, die vollständige Abschaffung der Kita-Beiträge, die Schulen endlich für die Digitalisierung fit machen und viele neue Lehrerinnen und Lehrer einstellen. Das sind nur einige Punkte. Für alles Weitere schlage ich vor, dass Sie einen Blick in unser Wahlprogramm werfen oder mich einfach kontaktieren.
- Verkehr
a. Wie muss sich der ÖPNV in Halle und dem Umland entwickeln? (Weiterer Ausbau, Taktverdichtung, ÖPNV kostenlos / 365€-Ticket, bessere Anbindung ländlicher Gebiete)
Wir brauchen attraktive und günstige Angebote im öffentlichen Verkehr. Dazu gehören für uns Modellprojekte für ein 365-Euro Ticket ebenso wie ein generell kostenloses Ticket für Schülerinnen und Schüler, dass in ganz Sachsen-Anhalt gilt. Nur wenn Menschen unabhängig von ihrem Einkommen und ihrem Wohnort in großer Zahl auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen können, kann die Wende zum klimafreundlichen Verkehr gelingen. Wichtig ist dafür aber auch eine flächendeckende ÖPNV-Anbindung überall im Land. Keine Region in unserem ländlich geprägten Bundesland darf abgehängt werden. Bahnstrecken dürfen nicht mehr stillgelegt werden, sondern wir müssen die Wiederbelebung alter Bahnstrecken prüfen.
b. Wie stehen Sie zum Konzept einer autoarmen Altstadt?
Ich finde es gut, dass mit dem Beschluss zur autoarmen Innenstadt ein langfristiger Prozess angestoßen wurde, um unsere Altstadt attraktiver zu machen. Mit mehr Fußgängerzonen zum Flanieren und verbessertem Radverkehr machen auch schon andere Großstädte seit vielen Jahren positive Erfahrungen. Ich setze darauf, dass wie versprochen alle Geschäfte weiter ohne Probleme beliefert werden und Handwerker zu ihren Kunden fahren können. Für die konkrete Umsetzung in den nächsten Jahren wünsche ich mir, dass insbesondere die Anliegerinnen und Anlieger eingebunden werden.
- Wirtschaft
a. Wie stehen Sie zu einer stärkeren Nutzung des Flughafens Leipzig/Halle und der damit einhergehenden Zunahme von Flugbewegungen?
Der Flughafen ist als internationales Logistikdrehkreuz wichtig, das hat gerade das letzte Jahr gezeigt. Aber es ist ganz einfach: Die Anwohner rund um den Flughafen waren zuerst da. Bei allen Plänen zu einer Erweiterung des Flughafens muss gelten: Der Schutz der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger hat Vorrang. Ohne Maßnahmen zum Lärmschutz und Lärmobergrenzen sollte es keine Erweiterung geben. Mit Lärmobergrenzen hat man auch in Frankfurt am Main gute Erfahrungen gemacht, diese Erfahrungen sollten wir auch bei uns in der Region nutzen.
b. Die Erweiterung des Star-Park ist beschlossen. Wie soll sich Halle, in Bezug auf weitere Gewerbeansiedlungen, entwickeln?
Sachsen-Anhalt hat sich in den vergangenen Jahren zu einem attraktiven Standort für Investitionen in Fabriken und Unternehmen entwickelt. Auch in Halle braucht es Ansiedlungen von großen Industrieunternehmen, die Arbeitsplätze schaffen. Halle hat allerdings nicht mehr viel Platz für solche Ansiedlungen. Mögliche Gebiete wie das ehemalige RAW-Gelände sind dafür zu nutzen. Bei Neuansiedlungen von Unternehmen ist es mir wichtig, dass wir wegkommen von unserem Image als Billiglohnland und diese Arbeitsplätze nach Tarif bezahlt werden.
- Bildung
a. Die Klassenstärken und Raumkapazitäten kommen vielerorts an die Grenze. Was muss sich hier verbessern und wie kann dies finanziert werden?
Nur so verhindern wir, dass unsere fertig ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrer von anderen Bundesländern abgeworben werden. Dafür brauchen wir ein sofortiges und professionelles Einstellungsmanagement und mehr Personal beim Landesschulamt. Allen Lehrkräften, die sich im Referendariat befinden, muss ein Einstellungsangebot gemacht werden. Dafür muss das Landesschulamt besser aufgestellt werden. Darüber hinaus werden wir auch die Studienkapazitäten für das Lehramt an den Universitäten erhöhen. Beide Universitäten brauchen dafür mehr finanzielle Unterstützung durch das Land. Allen Absolventen der Lehramtsstudiengänge wollen wir einen Referendariatsplatz in Sachsen-Anhalt garantieren.
b. Die Corona-Pandemie hat es schonungslos gezeigt: Für die allermeisten Schulen und den Großteil der Lehrenden ist das Internet noch Neuland. Was muss sich hier ändern und wie kann hier eine Verbesserung schnell herbeigeführt werden?
Wir müssen den Schalter endlich umlegen bei der Digitalisierung an den Schulen. Viele neue junge Lehrerinnen und Lehrer, für die digitales Lernen selbstverständlich ist, sind eine Voraussetzung. Außerdem braucht es Laptops, Tablets & Co für die Schulen und Schülerinnen und Schüler, die kostenlos bereitgestellt werden. Aber damit die Technik in den Schulen auch gut eingesetzt werden kann, wollen wir Digitalmentorinnen und -mentoren für unsere Schulen ausbilden und einstellen. Denn derzeit hängt die technische Betreuung für die Geräte oft am Engagement einzelner Lehrkräfte, die das in ihrer Freizeit erledigen. Das darf nicht sein.
c. Wie stehen Sie zur Gemeinschaftsschule als Schulform: Soll diese gestärkt werden und weitere dieser Schulen errichtet werden?
Ja, denn Gemeinschaftsschulen sind ein Erfolgsmodell. Kinder und Jugendliche sollen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft die bestmöglichen Bildungschancen ermöglicht werden. Dafür eignen sich Gemeinschaftsschulen ganz besonders, sie haben sich als sozial gerechte und leistungsstarke Schulform bewiesen. Um erfolgreich längeres gemeinsames Lernen zu ermöglichen, brauchen wir mehr Gemeinschaftsschulen, die insbesondere im ländlichen Raum alle Schulabschlüsse bis zum Abitur möglich machen.
d. Immer mehr Kita-Plätze werden benötigt. Wie kann der Ausbau hier vorangetrieben werden und wie stehen sie zur Idee von kostenlosen Kita-Plätzen?
Sachsen-Anhalt ist bundesweit an der Spitze bei der Kita-Betreuungsquote und das soll auch so bleiben. Mit dem neuen Kinderförderungsgesetz haben wir schon viele Eltern entlastet und mehr Fachkräfte in die Kitas gebracht. Im nächsten Schritt wollen wir die Kita komplett beitragsfrei machen. Bildung im frühen Kindesalter muss genauso kostenlos zugänglich sein, wie die Schulbildung. Andere Bundesländer haben damit schon gute Erfahrungen gemacht. Viele Eltern werden dadurch mehr Geld im Portemonnaie haben und Kommunen sowie Träger von Kitas sparen viel Verwaltungsaufwand.
- Klimaschutz
a. Das Land Sachsen-Anhalt erhält in nicht unerheblichem Maße Fördergelder durch dem Kohleausstieg, auch Halle will hiervon profitieren. In welcher Form kann dies geschehen?
Die Stadt Halle setzt mit der Entwicklung des ehemaligen RAW-Geländes zum innovativen Stadtquartiert, der Schaffung eines neuen, klimaneutralen Gewerbegebiets „Star Park II“ und der Expansion des Weinberg Campus inkl. Bau eines Gründungszentrums auf drei sinnvolle Projekte, die bestehende Stärken nutzen und ausbauen. Im anstehenden Strukturwandel brauchen wir Synergien zwischen dem Kernrevier des Braunkohleabbaus und unserer Region um den Standort Sachsen-Anhalt insgesamt zukunftsfähig aufzustellen.
b. Welche Optionen sehen Sie für unser Bundesland, beim Thema Klimaschutz seinen Beitrag zu leisten? Was konkret muss in den nächsten 10 Jahren geschehen?
Sachsen-Anhalt liegt bundesweit bei der Spitze bei der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien: 2019 lag dessen Anteil schon bei knapp 60%. Diesen Weg wollen wir weitergehen, indem wir weiterhin neue Flächen für Windräder ausweisen – außer in Wäldern oder in touristischen Gebieten. Öffentliche Gebäude des Landes sollen in Zukunft ausschließlich mit grünem Strom versorgt werden. Außerdem wollen wir den öffentlichen Verkehr massiv ausbauen und für alle bezahlbar machen, damit Bürgerinnen und Bürger guten Gewissens ihr Auto stehen lassen können. Das Ziel muss sein: Mit Bus und Bahn in jedes Dorf. Um die Industrieunternehmen in Sachsen-Anhalt weiterhin sicher mit Energie zu versorgen, brauchen wir nachhaltige Alternativen zur klimaschädlichen Braunkohle. Deshalb fördern wir aktiv die anwendungsorientierte Forschung zum Thema Wasserstoff.
- Finanzen
a. Mehr als 30 Jahre nach der Deutschen Einheit gibt es in vielen Bereichen immer noch, teils gravierende, Unterschiede. Wie kann zum Beispiel das Lohngefälle endlich ausgeräumt werden?
Sachsen-Anhalt hatte seinen Ruf als Billiglohnland lange genug. Das hat sich deutlich gebessert aber es ist noch jede Mende Luft nach oben. Zwar kann die Politik keine Löhne und Gehälter diktieren, aber sie kann mit gutem Beispiel vorangehen. Deswegen ist eines unserer großen Vorhaben ein Tariftreuegesetz. Öffentliche Aufträge des Landes gehen damit nur noch an Unternehmen, die ihre Mitarbeiter nach Tarif bezahlen. Wo es keine Tarifverträge gibt, an denen der Lohn orientiert werden kann, soll ein Mindestlohn von 13 Euro greifen. Gleichzeitig braucht es eine Stärkung der Tarifbindung, um endlich die Angleichung der Löhne und Gehälter an das West-Niveau durchsetzen zu können. Deshalb wollen wir eine Landeskampagne zur Gründung von Betriebsräten.
b. Auch in Ballungsgebieten in unserem Land steigen die Mieten kontinuierlich. Was kann hiergegen unternommen werden?
Gerade in größeren Städten brauchen wir wieder sozialen Wohnungsbau, auch gefördert durch das Land. Bei Neubauprojekten sollte eine feste Quote für sozialen Wohnraum festgeschrieben werden. Wichtige Partner gegen überteuerte Mieten sind und bleiben die kommunalen Wohnungsunternehmen und Genossenschaften. Keine Kommune sollte ihre Wohnungsunternehmen verkaufen müssen, um ihren Haushalt zu sanieren: das wollen wir verbieten.
- Asyl / Migration
a. Durch die räumlich konzentrierte Unterbringung von Schutzsuchenden und Migranten entstehen über Jahrzehnte oft Parallelgesellschaften. Wie kann dies in Halle (Saale) / Sachsen-Anhalt verhindert werden?
Erfolgreiche Integration braucht vielfältige Formen der Begegnung und des Kennenlernens und endet nicht mit dem Abschluss eines Sprachkurses. Deswegen wollen wir es vermeiden, Zuwanderungsgruppen in bestimmten Stadtteilen zu konzentrieren. Stattdessen braucht es ein verstärktes Quartiersmanagement, eine Verteilung auf möglichst viele Stadtviertel und natürlich auch sozialen Wohnraum in allen Stadtteilen
b. Wo setzen Sie die Priorität: Integration von Schutzsuchenden in die Gesellschaft oder die Rückführung in die Heimatländer wo diese möglich und zumutbar ist?
Sachsen-Anhalts Bevölkerung schrumpft seit Jahren, die Unternehmen suchen händeringend Fachkräfte und Auszubildende. Das Land braucht deshalb mehr Zuwanderung, egal ob aus anderen Bundesländern, der EU oder der Welt, um wirtschaftlich leistungsfähig und kulturell attraktiv zu bleiben. Mit einer Strategie für Zuwanderung und internationale Zusammenarbeit wollen wir dazu beitragen, den Bevölkerungsrückgang abzuschwächen und lebenswerte Dörfer und Städte zu erhalten. Wir stehen zum Recht auf Asyl und zur humanitären Aufnahme in Deutschland. Menschen, die in unserem Land Schutz suchen, wollen wir offen begegnen und ihnen frühestmöglich Angebote zur Integration in das gesellschaftliche Leben, aber auch in Bildung, Ausbildung und Arbeit geben. Für Straftäter muss Abschiebehaft weiterhin möglich sein.
- Corona-Pandemie
a. Wie beurteilen Sie den bisherigen Umgang der Landesregierung mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie?
Besonders die beiden SPD-geführten Ministerien, das Sozial- und das Wirtschaftsministerium arbeiten seit über einem Jahr mit großen Anstrengungen daran, die Pandemie zu besiegen und ihre Folgen abzufedern. Als Land sind wir so vergleichsweise gut durch die Krise gekommen, die Bruttolöhne sind 2020 sogar gestiegen.
b. Was hätten Sie anders gemacht?
Deutliche Schwächen haben sich aber z.B. im Bildungsbereich gezeigt. Bei der digitalen Ausstattung unserer Schulen müssen wir auch ohne Pandemie besser werden und die Schülerinnen und Schüler stärker dabei unterstützen, Lernerfolge zu sichern und trotz Krise zu guten Schulabschlüssen zu kommen.
Wichtig wäre auch ein Unternehmerlohn gerade für Soloselbstständige gewesen, damit diese nicht allein auf die Grundsicherung angewiesen sind. Dieser ließ sich aber weder mit der CDU auf Landes- noch auf Bundesebene umsetzen.
- Ihr persönliches Statement: Was ist Ihnen besonders wichtig, welches Thema möchten Sie noch ansprechen?
Als Sozialdemokratin liegen mir Solidarität und Zusammenhalt besonders am Herzen. Füreinander einzustehen und sich gegenseitig zu helfen macht für mich eine Gesellschaft aus. Als Politikerin arbeite ich, um meinen Teil dazu beizutragen, dass die die Hilfe brauchen, sie auch bekommen, dass ein Bildungsweg nicht vom Elternhaus abhängt, dass Menschen von ihrer Arbeit gut leben können und sich in ihrem Umfeld sicher fühlen. Ein wichtiger Faktor, der das Leben in Halle so lebenswert macht, sind aber die vielen Menschen, die sich freiwillig engagieren, um anderen zu helfen, sei es in der Nachbarschaft, in Selbsthilfegruppen, im Kleingarten- oder Sportverein, bei der Feuerwehr oder in der Kirche, um nur einige Beispiele zu nennen. Die Stärkung des freiwilligen Engagements, des Ehrenamts und der Vereine, Initiativen und Verbände der Stadtgesellschaft ist mir daher besonders wichtig. In der nächsten Wahlperiode wird die von meiner Fraktion und mir initiierte Engagementstrategie des Landes die Förderung des Ehrenamtes im Land verbessern, aber es gibt im Großen wie im Kleinen noch jede Menge zu tun. Wie immer gilt auch hier: sprechen Sie mich mit Ihren Anliegen an und ich kümmere mich.
Klare Position zum ÖPNV und Autofreien Altstadt, aber selbst mit dem Auto auf dem Fußweg rasen und Fußgänger in Gefahr bringen.
Genau mein Humor.