Franckesche Stiftungen zeigen alte Bibel in 100 Sprachen

Die Franckeschen Stiftungen in Halle (Saale) zeigen in der Historischen Kulissenbibliothek eine neue Ausstellung. Vom 22. April bis 16. Oktober 2016 ist die Schau „Alte Bibel in 100 Sprachen“ zu sehen. Eröffnet wird dies am 21. April 2016 um 18 Uhr mit einer Einführung von Dr. Britta Klosterberg, Leiterin des Studienzentrums August Hermann Francke.
Die Bibel in der Gesamtheit ihrer Texte ist das am häufigsten übersetzte Buch der Welt. In der Bibliothek der Franckeschen Stiftungen sind allein Bibeln in etwa 100 Sprachen überliefert. Eine ausgesuchte Auswahl stellt die Kabinettausstellung „Alte Bibeln in 100 Sprachen“ im Themenjahr der Reformationsdekade „Reformation und die Eine Welt“ vor.
Deutsche, englische, finnische, lettische, griechische, hebräische, estnische, kirchenslawische, polnische, tschechische, tamilische, portugiesische, jiddische, sorbische, dänische, isländische, grönländische, tatarische, osmanisch-türkische, arabische, chinesische, oder japanische Bibeln zählen zu den Übersetzungen, die in der Bibliothek der Franckeschen Stiftungen aufbewahrt werden. Die wichtigste ist sicher das Septembertestament Martin Luthers, welches er im Dezember 1521 auf der Wartburg aus dem Griechischen in die deutsche Sprache übertrug. Am 21. September 1522 war der Druck der 3000 heute „Septembertestament“ genannten Exemplare abgeschlossen. Der erste deutschsprachige Bibeldruck in Nordamerika aus dem Jahr 1743 stützte sich bereits auf die am Halleschen Waisenhaus herausgegebene Bibel der Cansteinschen Bibelanstalt. In der Vorrede heißt es: “Man hat die Hallische Biebel und zwar die 34ste Edition [von 1738] vor sich genommen, erstlich weil sie sehr reich von Parallelen (Anweisungen) ist. Zweytens, weil man geglaubt, daß sie die wenigste Druckfehler in sich halte, weil der Satz stehen bleibt.”
Der Pietismus war schon im Ursprung eine Bibelbewegung. In kleinen privaten Kreisen, den sogenannten Koventikeln, trafen sich die Anhänger, um gemeinsam die Bibel zu lesen. 1710 wurde am Halleschen Waisenhaus die erste Bibelanstalt der Welt, die Cansteinsche Bibelanstalt gegründet. August Hermann Francke folgte damit der grundlegenden reformatorischen Forderung, jedem eine Bibel an die Hand zu geben. Dank ihres weit gespannten Kommunikationsnetzwerks und ihrer internationalen Kontakte trugen die Halleschen Pietisten mittel- und unmittelbar zu Bibelübersetzungen in zahlreichen Sprachen bei. Prominentestes Beispiel ist die im dänischen Kolonialgebiet Tranquebar in Südostindien gedruckte Bibel in tamilischer Sprache, die auf der Übersetzertätigkeit der von Halle dorthin ausgesandten Missionare Bartholomäus Ziegenbalg (1682-1719), Johann Ernst Gründler (1677-1720) und Benjamin Schultze (1689-1760) beruht.
Die meisten Bibelübersetzungen entstanden durch die vom Pietismus geprägte, missionarisch sehr aktive Herrnhuter Brüdergemeine. Viele ihrer Übersetzungen wurden durch die 1804 gegründete, ökumenische „Britische und Ausländische Bibelgesellschaft“ (British and Foreign Bible Society) veröffentlicht und weltweit verbreitet. Sie war auch der Vorläufer weiterer, unter dem Einfluss der Erweckungsbewegung Anfang des 19. Jahrhunderts in Deutschland entstandener Bibelgesellschaften. In der Folge erhielt die Cansteinsche Bibelanstalt im Tausch Bibeln in zahlreichen Sprachen, die bis heute in der Bibliothek der Franckeschen Stiftungen aufbewahrt werden.
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