GEW zum Zustand der Grundschule Südstadt: Unsanierte Schulen sind keine Seltenheit, die Grundschule Südstadt setzt sich nochmal nach unten ab
Seit Wochen kommt die Grundschule Südstadt in Halle (Saale) nicht aus den Schlagzeilen. Vor allem das Kollegium schlug Alarm, sieht sich über ihre Möglichkeiten belastet und vermisst Unterstützung. Ein marodes Gebäude, die fehlende Schulleitung, ein nicht besetztes Sekretariat und zuletzt Legionellen. Wir haben Malte Gerken, Stellvertretender LG Landesvorsitzender der GEW Sachsen-Anhalt und Vorsitzender des GEW Stadtverbandes Halle um eine Stellungnahme zu verschiedenen Aspekten gebeten. Hier seine ungekürzten Antworten:
dubisthalle: Wie schätzt die GEW die Personalsituation an der GS Südstadt zurzeit ein und wie kann diese (zeitnah) verbessert werden, sollte Verbesserungsbedarf bestehen?
M. Gerken: Es ist bekannt, dass die Personalsituation an den Schulen in Deutschland nahezu flächendeckend katastrophal ist. In der GS-Südstadt ist die Situation jedoch nochmals verschärfter, da zu der dünnen Personaldecke sowohl die Schulleitung als auch die Stellvertretung langzeiterkrankt sind. Dadurch kann nicht nur der Unterricht nicht abgedeckt werden, es herrscht auch verwaltungstechnische Handlungsunfähigkeit, z.B. bezüglich der konkreten Stunden- und Vertretungsplanung oder der Zugriff aufs Schulbudget, mit dem notwendige laufende Ausgaben bestritten werden.
Da statistisch auch länger erkrankte Kolleg*innen voll zur Unterrichtsversorgung zählen, fordern wir als GEW schon seit langem einen ausreichenden Vertretungspool und eine vereinfachte Möglichkeit zur Einstellung von Vertretungslehrkräften. Zudem werden auch ukrainische Lehrkräfte für geflüchtete ukrainische Kinder voll zur Unterrichtsversorgung gezählt. So wird die Unterrichtsversorgung schön gerechnet. Das darf nicht sein.
dubisthalle: Warum kann eine absehbar langzeiterkrankte Stelle nicht schneller besetzt werden? Warum wird über Monate Flickschusterei mit kommissarischem Ersatz betrieben?
M. Gerken: Eine schwere längere Erkrankung kann jeden treffen und darf nicht zu schnell zusätzlich zum Verlust des Arbeitsplatzes führen. Von daher ist es richtig, dass diese Stellen erst nach einer längeren Frist wieder dauerhaft neu besetzt werden dürfen. Was für diese Fälle von Seiten der Schulverwaltung fehlt, ist ein gut durchdachter Notfallplan. Eine Schulleitung einfach kommissarisch einzusetzen ist zwar richtig, reicht aber nicht aus, solange die Besetzung nur auf dem Papier steht. Die Leitung einer so großen Grundschule in einem sozialen Brennpunkt erfordert u.a. eine erhebliche Befreiung von der Unterrichtsverpflichtung. Das geht aber nur, wenn das dadurch ausgefallene Stundenvermögen auch ersetzt wird. Mit dem Wort „Flickschusterei“ tut man sicherlich beiden Seiten unrecht.
dubisthalle: Wie beurteilt die GEW das Abwälzen der administrativen Aufgaben der Schulleitung auf in Vollzeit unterrichtende Lehrkräfte, ohne diese hierfür zu qualifizieren und deren Unterrichtsstunden signifikant zu verringern?
M. Gerken: Zur Bewältigung administrativer Aufgaben auf der Ebene zwischen Schulleitung und Kollegium bekommt jede Schule in Anhängigkeit der Größe einen Stundenpool, d.h. die damit betreuten Lehrkräfte sollten theoretisch weniger unterrichten. Wir als GEW bemängeln seit langem, dass dieser Pool zu gering ist und für die zunehmenden außerschulischen Aufgaben nicht ausreicht. Wir haben deshalb schön länger den Vorschlag gemacht, für rein administrative Tätigkeiten Stellen für Schulverwaltungsassistent*innen zu schaffen. Die Idee wurde vom Bildungsministerium zwar aufgegriffen, im Zuge der Vorgriffsstunde wurde aber gleichzeitig beschlossen, dass Schulen mit einer solchen Stelle der bestehende Anrechnungspool um ein Drittel gekürzt wird. Die Idee wird zum Minusgeschäft für Schulen. So leisten dringend gebrauchte Lehrkräfte weiterhin Verwaltungsarbeit.
dubisthalle: Wann und in welcher Form wurde die GEW von ihren Mitgliedern im Kollegium der GS Südstadt über Mängel informiert? Wie ist die GEW damit umgegangen, an welchen Stellen wurde interveniert, mit welchem Ergebnis?
M. Gerken: Als weitaus größte Bildungsgewerkschaft sind wir über kurze Wege auch vor Ort vertreten und sind regelmäßig mit allen Kolleg*innen über ihre Probleme im Austausch. Da GEW-Vertreter*innen sowohl im Lehrebezirkspersonalrat Halle als auch im Lehrerhauptpersonalrat im Bildungsministerium in Magdeburg der Fachgruppe Grundschulen vorstehen, haben wir auf beiden Wegen bei den zuständigen Bereichen sofortige Abhilfe bezüglich des Leitungsproblems gefordert. Bezüglich des Gebäudes sind wir mit Frau Brederlow von der Stadt Halle im Gespräch.
dubisthalle: Vor welchen besonderen Herausforderungen steht das Kollegium und die weiteren Mitarbeitenden an der GS Südstadt aus Sicht der GEW? Gibt es für die Herausforderungen identifizierte Gründe und wie kann diesen entgegengewirkt werden?
M. Gerken: Oftmals höre ich aus Teilen der Bevölkerung und der Politik, dass wir uns lediglich mit Luxusproblemen befassen und immer nur fordern. Wer dieser Meinung ist, ist herzlich eingeladen einen Tag mit den Kolleg*innen der GS-Südstadt zu verbringen. Sie leisten seit einiger Zeit übermenschliches, aber ihr Schritt in die Öffentlichkeit zeigt, dass es so nicht mehr lange geht.
Den Lehrkräften dort fehlt im sozialen Brennpunkt schon im „Normalbetrieb“ die übliche Unterstützung und Lobbyarbeit durch die Eltern, sie haben mehr als üblich Probleme mit aggressiven und leistungsschwachen Kindern und übermäßig viele Kinder mit Sprachproblemen. Da Grundschüler*innen ihre Schule zu Wahrung kurzer Schulwege über den Wohnort zugewiesen bekommen, wird sich diese Situation kurzfristig nicht ändern. Aus unserer Sicht müssen deshalb die politischen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit die Lehrkräfte ihre Aufgabe auch unter diesen schwierigen Bedingungen wahrnehmen können. Dazu gehört insbesondere:
-Langfristig finanziell abgesicherte Sozialarbeit mit einem besseren Betreuungsschlüssel
-Kleinere Klassen bei besonders schwierigen Schüler*innen (Leistungsschwach, Verhaltensauffällig, Sprachprobleme)
-Investitionen in Schulgebäude
-Zusätzliche Mittel und Personal für Ganztagsangebote
dubisthalle: Seit Jahren ist der Zustand der GS Südstadt so schlecht, dass diese auf einer Liste geführt wird, auf welcher der Sanierungsbedarf aller Schulen im Stadtgebiet aufgelistet ist. Die Stadt plant eine Sanierung jedoch erst ab 2027, also in vier Jahren. Notreparaturen sollen jetzt angestoßen werden. Wie steht die GEW zu diesem Zeitplan?
M. Gerken: Ich habe selber als Lehrer an einer Berufsschule sehr lange unter unzumutbaren baulichen Bedingungen arbeiten müssen, und weiß, welche negativen Auswirkungen dass auf die Motivation der Lehrkräfte und Schüler*innen hat. Von den Zuständen an der GS-Südstadt habe ich mich kürzlich vor Ort persönlich überzeugt. Selbst angesichts der Tatsache, dass unsanierte Schulen leider keine Seltenheit sind, setzt sich die GS-Südstadt nochmal nach unten ab, der Sportunterricht in der Turnhalle ist einfach nur gefährlich. Dazu kommt noch die prekäre Lage in einem sozialen Brennpunkt. Die GS-Südstadt muss dringend früher von Grund auf saniert werden als geplant.
dubisthalle: Welche Gründe sieht die GEW für den desolaten Zustand der Schule? Wie konnte es überhaupt so weit kommen?
M. Gerken: Der sogenannte Sanierungsstau an den Gebäuden der öffentlichen Schulen ist ein jahrzehntelanges Versäumnis der politisch Verantwortlichen, auf dass wir als GEW genauso lange schon hinweisen. Genau wie bei der Personalplanung der Lehrkräfte wurde bezüglich der Investitionen in Schulgebäude zu lange weggeschaut. Auf dem Tiefpunkt der Schülerzahlen wurden Schulen und Kitas kurzsichtig geschlossen, die jetzt dringend benötigt werden und neu gebaut werden müssen, dazu kommen die sanierungsbedürftigen Schulen. Das jetzt alles auf einmal zu stemmen, überfordert die Stadt Halle als Träger der Gebäude finanziell.
Ein zweites Problem ist die eng gestrickte aber weit verzweigte Zuständigkeitsstruktur. Bildung ist laut Grundgesetz in erster Linie Ländersache, deshalb ist es schon schwierig, Bundesmittel in die Bildung zu investieren. Innerhalb eines Bundeslandes sind dann die Schulgebäude wiederum Sache der Kommunen. So können Verantwortungen abgeschoben und eventuell vorhandene Mittel nur schwer in die nächste Ebene übertragen werden. Das sogenannte „Kooperationsverbot“ muss deshalb komplett fallen. So sinnvoll ein föderalistischer Staat in vielen Belangen auch ist, in der Bildung ist er schon länger eher hinderlich und reformbedürftig.
Eine Möglichkeit Bundesmittel zu nutzen sehe ich z.B. im Programm Startchancen, wo insbesondere Grundschulen in Brennpunkten in Bezug auf Gebäude und Schulsozialarbeit aus Bundesmitteln finanziell gefördert werden. Wir als GEW werden uns mit den zuständigen Landes- und Bundespolitiker*innen für eine Aufnahme hallescher Schulen in dieses Programm einsetzten. Bei der GS-Südstadt ist der Bedarf ja nicht zu übersehen.
Wenn an einer Brennpunktschule in kurzer Zeit nacheinander 2 Direktorinnen langzeiterkrankt sind und die Schulsekretärin dazu noch kündigt, dann hat das wohl eher weniger mit Krankheit zu tun, sondern mit den Arbeitsverhältnissen an dieser „Schule“. Ich kann jedem Hallenser nur empfehlen, seine Kinder auf eine Schule in freier Trägerschaft zu schicken, die Schulgeld erhebt. Dort gibt es diese Probleme nicht.
😆
🙂 Versuch es nicht. Der merkt nicht, wie lächerlich er sich täglich macht.
Wie kommst denn darauf? Auch bei privaten Schulen gibt es Probleme, vielleicht nicht so schlimm wie die GS Südstadt. So viele Schüler Plätze gibt es dort auch nicht und Aufnahme läuft über Losverfahren.
Eigentlich müssten die Schüler alle streiken bei den Schulbedingungen und Eltern und Lehrer gleich mit um entsprechende Aufmerksamkeit bis zur Bundesregierung zu bekommen
Der Stadtrat hat sich schon beschwert, als sie nicht in ihren heiligen Hallen Tagen könnten. Jammern auf luxuriösen Niveau. Die sollen Mal tauschen!!!!
Geile Schule
Was für ein Stadtrat?
Eigentlich ist die ganze Stadt in einem erbärmlichen Zustand. Aber wenn irgendwelche netten Menschen immer alles kaputt machen auch kein Wunder das nicht investiert wird. Warum Sanieren wenn es mutwillig wieder zerstört wird. Dann kann es auch so bleiben, und das Geld an sinnvoller Stelle genutzt werden. An dem Zustand sind die Kinder selbst schuld. Zuhause scheißen die bestimmt nicht neben das Klo oder zerkratzten oder bemalen das Inventar.