Händel-Festspiele: Zoff um Zahlen, Fakten und Deutungen
Nach Besucherzahlen sind die diesjährigen Händel-Festspiele die bestverkauften und zweitbest besuchten der letzten Jahre. Dennoch ist ein Streit über die Auslastung der Festspiele entbrannt. Begonnen hat er mit einem Artikel in der Mitteldeutschen Zeitung (MZ), in dem man eklatante Besucherrückgänge ausgemacht haben will. Clemens Birnbaum, Direktor der Händelfestspiele, zeigte sich via Facebook erstaunt über diese Deutung und präsentierte seinerseits die statistische Auswertung der Besucherzahlen. Denn während noch im letzten Jahr verschiedene Anrechtsvorstellungen in der Oper mit in die Statistik einflossen, wurden sie in diesem Jahr nicht mehr berücksichtigt. Eine Konzertabsage wegen Krankheit, Fußball-EM und Regenwetter beim Abschlusskonzert hatten ebenso negative Auswirkungen auf das Zahlenwerk. Dennoch konnte die Festspielleitung einen leichten Anstieg im Kartenverkauf registrieren.
Vor wenigen Tagen gab es einen weiteren Artikel in der halleschen Tageszeitung, in dem Rolf Stiska (Geschäftsführer der Theater, Oper und Orchester GmbH), Stefan Voß (Leiter Stadtmarketing) und Bertram Thieme (Chef des Dorint-Hotels) zu Wort kamen.
Während Hotelchef Thieme die geringe Auslastung seines Hotels bemängelte und die Ursachen dafür bei der Festpielleitung mutmaßte, sprach Stiska die geringe Auslastung der Oper während der Händelfestpiele an. Ebenso wurde deutlich, dass das Tischtuch zwischen Oper und Händelhaus zerrissen ist. Denn die Absage der Festspiele 2013 im Zuge des Hochwassers, die wird dem Festspieldirektor bis heute noch nicht verziehen. Dass dies Auswirkungen auf die Zusammenarbeit beider Häuser hat, das konnte man dem Artikel ebenfalls entnehmen.
Gleich am nächsten Tag legte die MZ nach und zitierte dort Ulf Herden (Konzertveranstalter u.a. Women in Jazz) und Tom Wolter (Stadtrat und Regisseur). Beide fühlten sich im falschen Kontext und unzureichend zitiert und machten dies jeweils in einer Stellungnahme auf Facebook deutlich.
Während Clemens Birnbaum zu den offenen und zwischen den Zeilen stehenden Vorwürfen bis dahin schwieg, so brach er am Samstag schließlich sein Schweigen und veröffentlichte ebenfalls auf Facebook ein ausführliches Statement. An die Adresse von Stiska entgegnet Birnbaum: „Wenn der Geschäftsführer der TOOH beklagt, dass die Auslastungen so schlecht sind, sei nur folgendes erwähnt: Die Opernaufführungen in Bad Lauchstädt waren alle sehr gut verkauft (mit Ausnahme der Montagsvorstellung). Unsere Auslastung wurde um mehrere Prozente heruntergedrückt, weil die Vorstellungen in der Oper Halle weit weniger nachgefragt waren als die übrigen Angebote. Darüber sollte man nachdenken.“
In einem weiteren Beispiel zielt der Festspieldirektor auf das Marketing der Oper. So habe für das Messiah-Ballett um Aufnahme ins Festspielprogramm gebeten. Doch das wurde verwehrt. Schnell war das Kartenkontingent erschöpft, bereits im Februar waren die 70 Eintrittskarten verkauft. Doch eine Erhöhung des Kontingents wurde von der TOOH verweigert. Wenn dann am Ende nur 100 Zuschauer kamen, dürfe man sich über eine niedrige Auslastung nicht wundern.
Aber auch die MZ als Medienpartner der Festspiele muss sich von Birnbaum Kritik gefallen lassen. So habe man den Verlag gebeten sich mit dem MZ-Laden auf dem Marktplatz am Schaufensterwettbewerb zu beteiligen. Weiter bat man um das Aufhängen eines Festspiel-Banners vor dem Verlagsgebäude. Beiden Bitten sei man nicht nachgekommen, obwohl noch im letzten Jahr in der Zeitung beklagt wurde, dass die Händel-Festspiele im Straßenbild der Stadt zu wenig wahrgenommen werde.
Auf Grund der Berichterstattung stellt Birnbaum auch die Medienpartnerschaft insgesamt in Frage. „Für die Festspiele und die Besucher, die – im Gegensatz zu den oben genannten Herren tatsächlich dabei waren – waren es großartige und erfolgreiche Tage. Wir lassen uns das nicht schlecht reden“, so der Festspieldirektor am Ende seiner Stellungnahme.
Die ausführlichen Stellungnahmen lesen Sie hier:
Clemens Birnbaum auf Facebook
Die kritisierten Artikel in der MZ:
Dicke Luft rund um Händel: Kritik an den Machern der Festspiele
Kritik und Ideen: Händelfestspiele Halle brauchen frischen Wind
Oder – viel Köche verderben den Brei.
viele Köche soll es natürlich heißen