Kommt die Erhöhung der Kita-Gebühren nach der Kommunalwahl? Debatte um Verwaltungspläne im Finanzausschuss

Um satte 27 Prozent sollen die Kita-Gebühren in Halle (Saale) steigen. So sieht es zumindest in einem Entwurf der Stadtverwaltung aus. Nach dem Jugendhilfeausschuss hat am Dienstag auch der Finanzausschuss die Vorlage aber abgelehnt. Zunächst sah es nach einer Ablehnung ohne jegliche Debatte aus. Doch nachdem sich Sozialdezernentin Katharina Brederlow geäußert hat, gab es doch noch eine Debatte. 3,8 Millionen Euro weniger will die Stadt ausgeben. Denn seit der letzten Erhöhung 2014 habe sich viel verändert. So verdienen die Mitarbeiter mehr Geld und die Betriebskosten sind gestiegen so Brederlow. Doch trotz dieser Rahmenbedingungen seien die von den Eltern zu zahlenden Anteile gleich geblieben. Nach 10 Jahren müsse man über eine angemessene Beteiligung der Eltern reden, sagte Bürgermeister Egbert Geier. Er betonte auch, dass bei einer erneuten Ablehnung die 3,8 Millionen Euro durch Einsparungen in anderen Bereichen aufgebracht werden müssen. Und möglicherweise müsse man in der Zukunft auch bestimmte Qualitätsstandards für die Kitas herabsetzen, um dort Geld einzusparen, sagte Dezernentin Brederlow.
Tom Wolter (MitBürger) enthielt sich bei der Abstimmung. Er fragte, warum denn die Stadt nicht in “Tippeltappelschritten” über die Jahre hinweg die Beiträge kontinuierlich erhöht hat und stattdessen jetzt mit einem riesigen Sprung kommt. Denn die Stadt habe dadurch auch auf Gelder des Landes verzichtet. Das liegt unter anderem an der Geschwisterkindregelung. Das Land übernimmt die Kosten bei Geschwistern, nur für ein Kind muss bezahlt werden. In dem Falle würden also nicht nur die Gebühren für die Eltern steigen, sondern eben auch für das Land. Einen kleinen Seitenhieb von Wolter gab es auch in Richtung der SPD. “Das ist ja ihre Partei, die dort unten demonstriert”, sagte er angesichts einer Demonstration vor dem Stadthaus gegen die Gebührenerhöhung. Zahlreiche SPD-Lokalpolitiker und -Mitglieder waren dabei – Bürgermeister und Sozialdezernentin gehören aber auch zur SPD. Angesichts der bereits erfolgten Ablehnungen durch den Jugendhilfeausschuss sagte Wolter, er würde eigentlich erwarten, dass die Stadt ihre Vorlage zurückzieht.
Unglücklich und ungeschickt findet Mario Lochmann (Grüne) das Agieren der Stadtverwaltung. Denn es wird ja immer auf der Haushaltskonsolidierungskonzept verwiesen. Es gehe aber nicht darum, 3,8 Millionen Euro zu streichen, sondern die Kostensteigerungen im Kita-Bereich zu kompensieren. Deswegen sollte über die Kita-Gebühren unabhängig vom Konsolidierungskonzept geredet werden. Zudem ging Lochmann auf die ursprüngliche Debatte ein. Da wollte die Stadt nämlich für die Kita-Gebühren ein ähnliches Modell wie in Magdeburg einführen. Die 3,8 Millionen Euro sollten durch das Land aufgebracht werden. Von Gebührenerhöhungen für die Eltern war da keine Rede.
Kritik am Landesverwaltungsamt übte SPD-Stadtrat Eric Eigendorf. Denn von dort kommen ja die Einsparforderungen für den städtischen Haushalt. Allerdings gestand er auch durchaus ein, dass man schon im Rahmen des Beschlusses zum Haushaltskonsolidierungskonzept hätte sagen müssen, dass diese nicht funktioniert. Aus diesem Grund hätte seine Fraktion bereits damals den Antrag gestellt, die 3,8 Millionen Euro für den Kita-Bereich aus dem Haushaltskonsolidierungskonzept zu streichen, habe dafür aber keine Mehrheit bekommen.
Andreas Scholtyssek (CDU) war als einziger Stadtrat in der Sitzung für die Erhöhung. Und den anderen Stadträten warf er “unehrliche Politik” vor. Denn der Stadtrat habe das Haushaltskonsolidierungskonzept beschlossen, dass die 3,8 Millionen Euro enthält, und nun wollen eben diese Stadträte die Gebühren ablehnen. Ziel müsse es sei, den Zuschussbedarf für den Eigenbetrieb Kita auf das Niveau von 2014 abzusenken. Um einen so großen Sprung auf einmal zu vermeiden, schlug Scholtyssek vor, in diesem Jahr nur einen Teil der Erhöhung umzusetzen und den Rest im kommenden Jahr, damit der Sprung für die Eltern nicht so drastisch ist. “An dem Fakt führt kein Weg vorbei, wir müssen die Gebühren erhöhen”, sagt Scholtyssek und kritisierte noch einmal die Verwaltung, dass diese nicht schon viel früher behutsamere Erhöhungen in den Stadtrat eingebracht hat. Der Stadtverwaltung hatte zuvor erklärt, dass die vom Fachbereich vorgeschlagene Erhöhung im Jahr 2019 nicht den Weg in den Stadtrat gefunden hat. Zwar wurde der Name nicht genannt, doch allen war klar: wegen der damals anstehenden Oberbürgermeisterwahl hat Bernd Wiegand den Vorschlag seines Fachbereichs beerdigt. Für Scholtyssek aber kein Argument, schließlich ist Wiegand seit drei Jahren suspendiert, da hätte die Verwaltung schon längst kommen können.
“Wir kommen meines Erachtens nicht um eine Erhöhung herum”, sagte Melanie Ranft (Grüne), “aber nicht in dieser Höhe.” Der Vorschlag der Verwaltung sei zu hoch. Zudem sehe sie aktuell angesichts des Zeitpunkts keine Chance für eine Mehrheit im Stadtrat. Denn vor der Kommunalwahl wird wohl niemand einer Erhöhung zustimmen (Scholtyssek tritt nicht erneut an).
Und nach der Kommunalwahl? Wird wohl das neue Kommunalparlament mehr oder weniger zu Maßnahmen gezwungen sein. Grund sind die Haushaltsauflagen durch das Landesverwaltungsamt. Entweder werden 3,8 Millionen Euro Mehreinnahmen durch die Kita-Gebühren generiert. Oder es müssen an anderer Stelle 3,8 Millionen Euro gestrichen werden. Durch bestehende Verträge gibt es hier nicht viele Möglichkeiten, und so werden Projekte im Freiwilligen Bereich auf der Kippe stehen.
Wie ehrlich ist die Politik im Stadtrat? Die 3,8 Mio€ fehlen sonst an anderer Stelle.
Aber Eltern die Kitagebühren zu erhöhen, die eine Kinderbetreuung benötigen, damit sie ihrer Arbeit nachgehen können, geht gar nicht! Das wäre dann unehrliche Familienpolitik.
Schon witzig welches Schmierentheater der linke Block hier aufführt. Wie stolz war man damals das Haushaltskonsolidierungskonzept so zu schreiben, dass jeder Kleinkünstler, wie Wolter, und jede eigene Lobbygruppe weiter üppig versorgt ist. Da opferte man gerne die Kitakinder. Nun vor der Kommunalwahl, wo die Verwaltung die Deckung einfordert haben sie das alles wieder vergessen. Wer sowas in Konsolidierungskonzepte reinschreibt versündigt sich an künftigen Generationen.
Jeder Wähler kann sich ja mal schlau machen wer das Konsolidierungskonzept damals durchgedrückt hat und wer sich dem verweigerte. Kleiner Tipp: Der linke Block, der nun vor den Wahlen rumheult, gehörte nicht zu den Verweigerern.
Beim Thema „Einsparungen bei der Kultur“ geht Wolter nicht mit, dann verliert sein eigener Betrieb ja Fördermittel…. Niemals wird an er TOOH gespart, da hängen viel zu viele von den Stadträten und deren „Freunde“ mit drin. @Emmi, Du wirst sicherlich mich gleich wieder als Banause bezeichnen, weil ich die Kürzung der TOOH-Förderung anspreche….Wäre einfach bei der TOOH das Geld einzusparen und die dazu verpflichten, Programme auf die Bühne zu bringen, die die Menschen auch sehen wollen.
Weniger geflutete Flaniermeile, weniger Zukunftszentrum, weniger Radwege an Stellen wo sie nicht gebraucht werden …
Dann ist nicht nur das Geld für Kinder da, sondern auch Geld die Infrastruktur zu reparieren.
Nö. Bei den genannten Projekten handelt es sich überwiegend um vollständig aus Fördermitteln finanzierte Maßnahmen. Hier geht es um den eigenen Haushalt, also muss an den freiwilligen Leistungen gespart werden. Oder eben von Land und Bund eine bessere Deckung der Kosten für übertragene Aufgaben eingefordert werden.
„Oder eben von Land und Bund eine bessere Deckung der Kosten für übertragene Aufgaben eingefordert werden.“
Da müsste man sich ja mit der Obrigkeit anlegen – sowas gefährdet den eigenen Schreibtisch, fällt also aus.
…weniger Milliarden für die Fortführung des Ukraine-Kriegs bis zum letzten Ukrainer, dann wäre plötzlich Geld für so manches da, was jetzt angeblich „fehlt“.
Die Gebührenerhöhung kommt – solange man in der Stadt Halle der Meinung ist, Geld für sinnlose Sachen (z.B. Smartbench auf dem Markt, 100 Meter Radweg in der Weststraße, Klimaoase Moritzburgring, Flaniermeile am Flutgraben u.s.w.) ausgeben zu müssen, wird man grundsätzlich bei den Schwächsten sparen.
Das alles teurer geworden ist, merkt jeder zuhause. Man muß lernen, Prioritäten bei der Geldausgabe zu setzen.
Zur Bank auf dem Markt: Die Stadt hat dann zur Finanzierung die Saalesparkasse ins Boot geholt.
Flaniermeile am Flutgraben: Bezahlt aus Flutgeldern, nicht von der Stadt.
Klimaoase Moritzburgring: Die Stadt hofft auf Mittel aus dem Förderprogramm “Aktive Stadt- und Ortsteilzentren”
100 Meter Radweg in der Weststraße: Rund 300.000 Euro sollen die Maßnahmen kosten. Halle hofft auf Fördermittel aus dem Sonderprogramm Stadt und Land.
Alles was du ansprichst wird mehr oder weniger aus Fördergeldern gezahlt. Da hat die Stadt nichts mit zu tun und kann daher auch nicht sparen.
Informiere dich doch besser bevor du hier deine Unwahrheiten verbreitest.
„Da hat die Stadt nichts mit zu tun und kann daher auch nicht sparen.“
Natürlich hat die Stadt was damit zu tun, sie ist es chließlich, die Fördergelder beantragt und vorher die entsprechende Projekte beschließt. Das müsste sie nicht, also unsinnige Projekte beschließen. Scheint aber irgendwie zwanghaft zu sein.
Sollte die FDP wieder in den neuen Stadtrat einziehen, wird der Kinderhass der Bundes-FDP auch auf die Kita-Gebühren in Halle durchschlagen.