Novemberrevolution in Halle in 280 Zeichen
Die Studierenden der Geschichte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und ihr Professor Patrick Wagner starten in der kommenden Woche ein ganz besonders Projekt. Zusammen mit dem Stadtarchiv und dem Stadtmuseum wollen sie per Twitter ab dem 7. November Nachrichten aus dem revolutionären Halle vor 100 Jahren verbreiten. Halle war eines der Zentren der Novemberrevolution. Es gab Todesopfer, die von den jeweiligen politischen Strömungen für ihre Zwecke missbraucht wurden. So wurde im März 1919 Reichswehr-Oberstleutnant Robert von Klüber an der Moritzburg misshandelt und in den Mühlgraben geworfen, anschließend erschossen. Wenige Tage später folgte die Rache. Der Führer der Matrosenkompanie Karl Meseberg wurde ebenfalls ermordet und von der Hafenbahnbrücke in die Saale geworfen.
Die Aktion läuft bis zum 26. März 2019, bis zu dem Datum, an dem vor 100 Jahren das letzte Opfer der revolutionären Kämpfe in Halle beerdigt wurde. Am Dienstag, 27. November, findet im Literaturhaus Halle zudem eine Lesung statt, für die Wagner zusammen mit einer weiteren Seminargruppe das Skript lieferte.
Der Alltag der Menschen war damals von Leid geprägt: In Europa grassierte die Spanische Grippe, an der Millionen Menschen starben. Die Bevölkerung in Deutschland litt in Folge des Ersten Weltkriegs, der erst im Juni 1919 mit dem Versailler Frieden offiziell endete, an einer Hungersnot. „Gleichzeitig entwickelte sich mit dem Ende der Kampfhandlungen im November 1918 das Bedürfnis, das Leben zu genießen. Deshalb gab es eine Inflation an Tanz- und Vergnügungsveranstaltungen“, so Wagner.
In Halle dominierte damals der linke Flügel der Arbeiterbewegung: Die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) erreichte bei der Wahl zur Nationalversammlung über 40 Prozent. „Die Vertreter dieser Bewegung wollten nach dem Ende des Weltkriegs mehr Revolution, zum Beispiel eine Sozialisierung der Industrie und eine Demokratisierung des Militärs“, erklärt Wagner. Für diese Ziele rief die hallesche USPD im Februar 1919 zum Generalstreik auf. „Der Streik dauerte zwei Wochen und wurde letztlich durch das Militär beendet, wobei 26 Menschen starben. Infolgedessen wurde der linke Teil der Arbeiterbewegung entmachtet“, fasst Wagner zusammen.
Neben der Twitter-Aktion hat Patrick Wagner gemeinsam mit einer Gruppe von Studierenden auch die Grundlage für eine szenische Lesung über die Novemberrevolution in Halle geliefert. Diese findet am Dienstag, 27. November, um 19 Uhr im Literaturhaus Halle in der Bernburger Straße 8 statt. Unter dem Titel „Geplatzte Träume? – Szenen aus dem revolutionären Halle 1918“ präsentieren fünf Schauspielerinnen und Schauspieler des neuen theaters aus Halle das Stück, für das die Studierenden die historische Grundlage lieferten. Es erzählt parallel, wie verschiedene Personen – ein hallescher Notar, ein 13-jähriges Mädchen und Revolutionsführer Otto Kilian – die Zeit erlebt haben.
„Halle hat für die Novemberrevolution eine große Bedeutung – bisher verkaufen wir dieses äußerst interessante und dramatische Kapitel der Stadtgeschichte unter Wert“, sagt Wagner, der das Twitterprojekt gemeinsam mit dem Zentrum für Multimediales Lehren und Lernen (LLZ) der MLU durchführt. Mit den beiden modernen Formaten der Wissenschaftskommunikation möchte der Forscher ein breites Interesse für die damalige Zeit wecken.
Hier senden wir ab dem 7.11.2018 jeweils 100 Jahre "zu spät" Nachrichten aus dem revolutionären Halle der Jahre 1918/19. Wir = Studierende der Geschichte und Professor Patrick Wagner, unterstützt von Stadtarchiv und Stadtmuseum Halle (Saale). #Halle, #Halle1918, #Revolution1918
— Halle1918/19 (@Halle191819) 4. September 2018
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