Sachsen-Anhalts Landtag debattiert zu ticketlosem Nahverkehr
Am Donnerstag hat sich der Landtag von Sachsen-Anhalt im Rahmen einer Aktuellen Debatte mit dem ticketfreien Nahverkehr befasst. Dabei wurde beschlossen, dass sich die Landesregierung für mehr Geld beim Bund für die Beschaffung von Fahrzeugen, den Ausbau und die Ertüchtigung der Eisenbahn- und Straßenbahninfrastruktur einsetzt. Des Weiteren wird die Landesregierung aufgefordert, die Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs durch einen vereinfachten Zugang zum System ÖPNV insgesamt zu steigern. Falls der Bund tatsächlich an Modellversuchen zum fahrscheinfreien ÖPNV festhalten will, soll sich die Landesregierung dafür einsetzen, dass auch Städte und regionale Verkehrsunternehmen aus Sachsen-Anhalt berücksichtigt werden.
Dazu äußert sich der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt, Frank Scheurell: „Für eine derartige Veränderung der Mobilitätsangebote, wie dem ticketfreien Nahverkehr, muss man vorbereitet sein. Das muss einhergehen mit dem Ausbau des Angebots, kürzeren Fahrtzeiten und komfortablen Fahrzeugen. Des Weiteren darf es hier keine Ungleichbehandlung zwischen den Städten und den ländlichen Regionen geben. Der ticketfreie Nahverkehr ist eine hübsche Vision, die allerdings noch viele Fragen offen lässt.“
„Es gibt verschiedene Blickwinkel, unter denen man das Thema ticketfreier Nahverkehr betrachten kann. In der heutigen Debatte stehen die ökologischen Aspekte im Vordergrund. Auslöser der Aktuellen Debatte war die Ankündigung der Bundesregierung, dem drohenden Fahrverbot bei Dieselfahrzeugen mit Modellprojekten zu begegnen. Das war ein Schnellschuss, weil bis heute kein Mensch weiß, wie sich Berlin das vorstellt. Es bleiben viele Fragen wie die Finanzierung und die Qualitätssicherung bei gleichzeitig steigenden Fahrgastzahlen offen“, erklärt der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Falko Grube. „Auf alle Fälle aber lohnt es sich, in den ÖPNV zu investieren! In die Qualität und in die Quantität. Je besser und je bequemer der ÖPNV zu nutzen ist, desto attraktiver wird er. Das ist eine Aufgabe, die das Land, der Bund und die Kommunen gemeinsam erfüllen müssen. Wenn man tatsächlich einen ticketlosen ÖPNV will, dann kann man das realistischerweise nur über eine Nahverkehrsabgabe finanzieren und müsste dann für den ökologischen Effekt das Parken in der Innenstadt wesentlich teurer machen. Dafür sehe ich derzeit keine Mehrheit in der Bevölkerung.“
„Wir benötigen eine soziale und ökologische Verkehrswende, die das Recht auf Mobilität gewährleistet! Und genau darauf zielen wir mit unserem Antrag für einen fahrscheinlosen ÖPNV ab“, sagt Guido Henke (Die Linke). Seine Partei hatte den Antrag auf die Debatte gestellt. „Die zusätzlichen Kosten für einen Nulltarif im ÖPNV werden wieder eingespart im Bereich Gesundheit, Lärmschutz, Zeitverlust im Stau, Unfallkosten, Parkplatzkosten. Die volkswirtschaftlichen Einsparungspotentiale sind größer als die Kosten.“
Der ticketfreie Nahverkehr sei Inbegriff für den grünen Strukturwandel, sagte Cornelia Lüddemann (Grüne). „Er hat neben ökologischen Aspekten auch eine klare sozialpolitische Stoßrichtung.“ Der ÖPNV müsse so nachfrageorientiert und nutzerfreundlich sein, dass er eine wirkliche Alternative zum Auto darstelle. „Wir brauchen eine enge und verlässliche Taktung, sichere und flexible Haltestellen, einfache Bezahlsysteme, mehr Verkehrsverbünde.“
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