Schweinepestübung in Sachsen-Anhalt mit Menschenkette, Kadaversuchhunden und GPS-Tracking

Nach dem ersten Auftreten der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Deutschland im September 2020 im brandenburgischen Spree-NeißeKreis ist die anzeigepflichtige Tierseuche bis heute auch in Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Baden-Württemberg und zuletzt auch Niedersachsen aufgetreten. Dass die Wahrscheinlichkeit eines Ausbruchs in Sachsen-Anhalt immer höher wird, zeigte spätestens der ASP-Fall im Landkreis Ludwigslust-Parchim, nur wenige Kilometer von der Landesgrenze entfernt. Um die Landkreise (LK) und kreisfreien Städte (kfS) auf einen möglichen bevorstehenden Ausbruch vorzubereiten, wurde in Sachsen-Anhalt im Auftrag des Ministeriums für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten (MWL) im Frühjahr 2022 eine landesweite Übung durchgeführt. Das Landesamt für Verbraucherschutz unterstützte mit seiner Task Force Tierseuchenbekämpfung das MWL bei der Planung, Durchführung und Auswertung der Übung.
Im Fokus stand die Suche und das Auffinden von Wildschweinkadavern. Die LK und kfS konnten bei der Suche alle ihnen in ihrem Zuständigkeitsbereich zur Verfügung stehenden Mittel (Menschenketten, Kadaversuchhunde und Drohnen) einsetzen. Um ein möglichst realitätsnahes Übungsszenario zu gestalten, wurden im Vorfeld die einzelnen, zuvor negativ auf ASP getesteten Wildschweinkadaver mit Hilfe des Landesforstbetriebes über mehrere Wochen verteilt auf dem Übungsgelände ausgelegt. Der Landesforstbetrieb hatte hierfür im Göritzer Forst bei Coswig eine Fläche von circa einem Quadratkilometer zur Verfügung gestellt. So konnten sich die insgesamt knapp 200 Übungsteilnehmerinnen und Übungsteilnehmer aus den 14 Veterinärämtern aller LK und kfS des Landes, aufgeteilt auf zwei aufeinanderfolgende inhaltsgleiche Tage, durch das aktive Suchen und Auffinden von 12 Wildschweinkadavern auf den Ernstfall vorbereiten. Die Übung wurde am 3. Mai 2022 gemeinsam durch den Staatssekretär im MWL, Herrn Gert Zender, und den Landrat des Landkreises Wittenberg, Herrn Christian Tylsch, eröffnet und über weite Teile begleitet.
Kadaversuche mittels Menschenkette
Für die Kadaversuche mittels Menschenketten wurden insgesamt vier Flächen ausgewiesen. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden jeweils auf vier Gruppen an beiden Übungstagen aufgeteilt, auch LK- und kfS-übergreifend. Nach kurzer Einweisung wurde in jeder Gruppe ein Suchkettenführer festgelegt, der die Menschenkette durch das im Vorfeld abgesteckte Gebiet lotste. Die Übung beinhaltete neben der Suche anhand einer auf einer Karte vermerkten Route, das Einhalten der Abstände zwischen den einzelnen Personen, die Festlegung der Kommunikationsweise sowie Verhaltensregeln für den Fall eines Fundes und ggf Korrekturen der Suche im Verlauf. Während der Übung wurde sich mit dem vorgehaltenen und mitgeführten Equipment (Funkgeräte, GPS-Tracker, Absperrband, Warnwesten) vertraut gemacht. Im Nachgang konnten an einer weiteren Station die gefundenen Kadaver unter Berücksichtigung entsprechender Biosicherheitsmaßnahmen beprobt werden.
Die aus der Übung gewonnenen Erkenntnisse waren vielfältig: Zum einen stellt die Suche von Wildschweinkadavern mittels Menschenkette hohe Anforderungen an alle Beteiligten hinsichtlich körperlicher Fitness und Konzentration. Zum anderen wurde ersichtlich, wie wichtig eine gute Vorbereitung hinsichtlich der persönlichen Ausrüstung, aber auch in Bezug auf die notwendige Routine im Umgang mit dem eingesetzten Equipment ist. Am Ende der ca. 1,5 stündigen Suche konnten in 75 % der im entsprechenden Gebiet ausgelegten Wildschweinkadaver aufgefunden werden.
Einsatz von Kadaversuchhunden
Im Anschluss an die Suche per Menschenketten kam ein Kadaversuchhund zum Einsatz. Aus zwei Landkreisen war jeweils ein Hund beteiligt. Zusätzlich war Frau Große, Revierförsterin des Landesforstbetrieb Sachsen-Anhalt, mit dem landeseigen ausgebildeten Kadaversuchhund Lili in die Übung involviert. Sie demonstrierten das Anzeigeverhalten des Hundes beim Fund eines Wildschweinkadavers und suchten das für die Drohnensuche ausgewiesene Gebiet nach Kadavern ab. Die Hunde waren mit einem GPS-Gerät ausgestattet, um im Nachgang sicherzustellen, dass auch das gesamte Areal von den Hunden abgesucht wurde. Neben den Kadaversuchhunden wurden zudem nicht ausgebildete Hunde in den Menschenketten mitgeführt. Auch diese Hunde wurden von den stark riechenden Wildschweinkadavern angezogen und halfen damit beim Auffinden des ausgelegten Schwarzwilds.
Einsatz von Drohnen
Auf einem Feuchtgebiet und einem Areal zur Wiederaufforstung übten 11 Teams die Suche mittels Drohnen. Jedes Team hatte dafür zwischen 45 und 60 Minuten Zeit. Auf Grund der direkten Sonneneinstrahlung kamen für die Suche vorrangig Digitalkamera und Zoomfunktion zum Einsatz, da die Flächen durch direkte Sonneneinstrahlung bereits so erwärmt waren, dass die Wärmebildkameras an ihre Grenzen stießen.
GPS-Tracking, persönliche Ausrüstung, Anschaffungen des MWL
Neben der Kadaversuche konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Übung an weiteren Stationen unter anderem den Umgang mit GPS-Geräten erproben, da im Falle eines ASP-Einsatzes die aufgefundenen Wildschweinkadaver markiert und die GPS-Daten an das Bergeteam übersendet werden müssen. Seitens der TF des Landes Sachsen-Anhalt wurde den teilnehmenden Personen ein Überblick über die persönliche Schutzausrüstung und das Bergeequipment vermittelt. Teile der im Land eingelagerten Zäune (Festzaun, Elektrozaun und Duftzaun) wurden zur Demonstration aufgebaut. Außerdem konnte die Netzfalle zur Entnahme von Wildschweinen begutachtet werden. Resümee
Das Feedback der Teilnehmerinnen und Teilnehmer war durchweg positiv und verdeutlichte die Notwendigkeit der Durchführung solcher Übungen. Die gewonnenen Erfahrungen fließen nun in die individuellen Vorbereitungen und Schutzmaßnahmen der LK und kfS ein.
Scheinegrippe holen sich die Zugschweine bei ihrem winterlichen Flug nach Afrika, wo das Virus vom Affen auf das Schwein überspringt. Gegen diese Seuche hilft laut Lauterbach nur dreimaliges Piksen und eine Piksquote von über 85%.
Schweinepestübung; das Wort gefällt mir.