Trothaer Wäldchen: Abolzung für Wiederaufforstung – Bahn erklärt sich

Viele Bäume sind „geringelt“, damit sie langsam absterben. Andere sind rot markiert, hier kommt die Kettensäge: Anwohner sind von den Aktivitäten im Trothaer Wäldchen zwischen Verlängerter Mötzlicher Straße, Karl-Ernst-Weg und S-Bahn-Trasse überrascht worden und dementsprechend verärgert. Zwischen bunten Werbeanzeigen erfolgte am 23. Januar im Amtsblatt die offizielle Ankündigung – da waren die Maßnahmen schon in vollem Gange.
Der Auftritt von Bürgern im Stadtrat zu diesem Thema zeigt, dass sie die Entwicklung im „Wäldchen“ verfolgen. Die Bahn führt deshalb am Montag, 4. Februar, ab 10 Uhr einen Info-Spaziergang durch. Treffpunkt ist der Karl-Ernst-Weg.
Man sei sich bewusst, dass die Arbeiten der Bahn „wohl rechtskonform sind“, erklärt die Fraktion MitBürger im Stadtrat, man halte aber den entsprechenden Maßnahmeplan für dringend überarbeitungswürdig. Die Maßnahme sollte deshalb zunächst ausgesetzt und die Planung noch einmal überprüft werden. „Unter dem Eindruck des außergewöhnlich heißen und trockenen Sommers 2018 sollten extreme Wetterbedingungen, wie im vergangenen Sommer, in der Planung berücksichtigt werden“, heißt es in einer Erklärung der Fraktion. „Ein Maßnahmestopp sowie eine Reevaluation im Herbst 2019 wären aus unserer Sicht sinnvoll, um die Kompensationsmaßnahmen an die veränderten Klimabedingungen anzupassen.“ Das „Wäldchen“ sei nicht nur um ein Erholungsgebiet für die Menschen in Trotha, sondern es handele sich auch um einen Freiraum für Jugendliche und junge Erwachsene aus ganz Halle. Damit meinen die MitBürger die vorhandene Mountainbike-Downhill-Strecke. Die Deutsche Bahn solle diese Strecke auch langfristig erhalten und in ihre Planungen einbeziehen und müsse gegebenenfalls die Planungen entsprechend anpassen.
Auch der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder (AHA) hat sich bereits zu Wort gemeldet. Der bezieht sich in seiner Erklärung unter anderem auf die Mountainbiker. Deren Aktivitäten hätten „zu starken Einschränkungen in der Sukzession und zu einer massiven Ausprägung von Pfaden geführt“, erklärt der AHA. „Im Waldgebiet gelagerte Planen und Sofas einhergehend mit einer gewissen Vermüllung beeinflussen diesen Teil des Waldgebietes negativ und tragen zur Einschränkung der Naturverjüngung bei.“ Besorgniserregend sei, dass es sich bei dem Gebiet um ein Schutzareal für den Rotmilan handelt. Das einstige Bergbaugebiet, wovon Trichter im Boden zeugen, habe begonnen sich standortgerecht zu entwickeln. Davon würde die Ansiedlung von Feldahorn, Weißdorn und Flatterulme zeugen. Kohl- und Blaumeisen, Kleiber und Buntspechte seien zu vernehmen. Dies verdeutliche die Funktion des Gebiets als sehr wichtiges Rückzugsgebiet für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Der AHA fordert die Erstellung einer wissenschaftlich fundierten Schutz- und Entwicklungskonzeption und die sofortige Einstellung aller Ringelungs- und Abholzungsarbeiten. Künftig seien forstwirtschaftliche Eingriffe auszuschließen. Zudem sollen nach Auffassung des AHA die Reste der Kleingartenanlagen und die Vermüllungen entfernt werden. Eine sehr begrenzte Nutzung durch Mountainbiker sei zu prüfen. Zudem solle eine sukzessive Ausweitung der Waldfläche nach Nordwesten, Norden, Westen und Südwesten auf angrenzende intensiv genutzte Ackerflächen geprüft werden.
Im Stadtrat erläuterte René Rebenstorf, Beigeordneter für Stadtentwicklung und Umwelt, das Vorhaben. Man sehe die Notwendigkeit eines Waldumbaus. Die nichtstandorttypischen Gehölze sollen entfernt werden. Es sei eine abgestimmte Maßnahme, die vor mittlerweile neun Jahren genehmigt wurde. Es handelt sich um Ausgleichsmaßnahmen für die Zugbildungsanlage. Doch für Kritiker ist das alles ein Nullsummenspiel. Denn zwar werden wieder Bäume gepflanzt – doch genausoviel wurden vorher gefällt beziehungsweise sollen gezielt absterben. Zusätzliche Bäume gibt es also nicht.
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